Ludwigshafen Millionen hinter Gittern

Öffnen kann die Tür zum Tresorraum nur, wer die richtige Zahlenkombination kennt, die man auf der Vorderseite einstellen muss.
Öffnen kann die Tür zum Tresorraum nur, wer die richtige Zahlenkombination kennt, die man auf der Vorderseite einstellen muss.

Rund 40 Zentimeter ist die weiße Tür aus Stahl und Beton dick, die den Innenraum des Tresors vor neugierigen Blicken im Gebäude C 106 der BASF abschirmt. Öffnen können sie nur wenige Leute, denn an der Tür befindet sich ein Zahlenschloss. Und nur wer die richtige Kombination kennt, gelangt in den rechteckigen Raum dahinter. Das hat auch einen guten Grund: Bis Ende der 1960er-Jahre wurden in diesem Tresorraum Beträge in Millionenhöhe gelagert. Dabei handelte es sich um das Geld, das die Angestellten jeden Monat in ihrem Lohntüten ausgehändigt bekamen. „Der Lohn wurde sowohl in Scheinen als auch als Münzgeld ausgegeben“, erklärt ein Sprecher der BASF. Zu Anfang des 20. Jahrhunderts seien die Lohntüten noch aus Papier, zum Ende hin aus durchsichtigem Kunststoff mit Papiereinleger gewesen. In jeder dieser Tüten lag zudem ein sogenannter Lohnstreifen. Dieser diente den Angestellten als Übersicht. „Auf den Lohnstreifen konnten sie auf einen Blick Bruttolohn, Abzüge und Nettolohn einsehen und ihren Lohn direkt durch Nachzählen kontrollieren“, erläutert der BASF-Sprecher. Einfach in den Tresor hineinspazieren, um sich seinen Lohn abzuholen, konnte man allerdings nicht. „Zutritt hatten nur die Mitarbeiter der Kasse. Für die Angestellten gab es einen Ausgabeschalter und eine Wartebank“, weiß Eduard Geier, Teamleiter des Objektmanagements der BASF. Die Ausgabe der Lohntüten erfolgte im Auszahlungsraum in C 106, direkt in den Betrieben und auch in über das Werksgelände verteilten Ausgabestellen. Angestellte bekamen ihr Geld alle 14 Tage in der Mitte und am Ende des Monats. Gewerbliche Arbeiter wurden wöchentlich entlohnt. Die Mitarbeiter der Kasse, die im Tresor mit dem Geld hantierten, durften dabei nicht alleine sein. „Es waren immer mindestens drei Leute drin. Das Sechs-Augen-Prinzip diente der Kontrolle“, sagt Geier. Ende der 60er-Jahre war schließlich Schluss mit der Ausgabe der Lohntüten, die BASF stellte auf Überweisungen um. Noch bis 2005 wurden im Tresor aber Fremdwährungen für Dienst- und Auslandsreisen gelagert. „Dort konnte man zum Beispiel noch US-Dollar bekommen“, berichtet Geier. Danach blieb der Raum einige Jahre ungenutzt. Heute ist der Tresor wieder in Betrieb. Hinter den Gittern stehen Regale und alte Schränke, die mit Rolltoren verschlossen sind, auf dem braunen Kachelboden. Gelagert werden darin allerdings keine Schätze oder große Mengen an Bargeld, sondern Unterlagen. „Seit 2016 liegen dort die Darlehensurkunden der Pensions- und Sterbekasse“, erklärt Eduard Geier. Auch die haben allerdings einen mehrstelligen Millionenwert. Die Tresortür ist nicht nur sehr robust, sondern auch schwer. Schon um sie auf- oder zuzuziehen, braucht es Muskelkraft. „Die müssen das Gebäude drum herum gebaut haben, anders kann ich mir das nicht vorstellen“, sagt Geier. Denn der Weg zum Tresor führt durch einige enge Durchgänge, die mit der Tür im Gepäck sicher nicht leicht zu passieren gewesen wären. Die aktuelle Zahlenkombination will die BASF aber natürlich nicht verraten. „Die kennen nur wenige Leute“, sagt Geier. Und die kommen im Tresor auch nicht weit. Denn um die Gitter im Innenraum zu passieren, wird ein Schlüssel benötigt. Und der wiederum liege bei den Kollegen der Pensionskasse. Sicher ist sicher.

Hinter den Gittern werden heute noch Unterlagen aufbewahrt.
Hinter den Gittern werden heute noch Unterlagen aufbewahrt.
Diese Rekonstruktion zeigt, wie früher die Lohntüten der Aniliner ausgesehen haben.
Diese Rekonstruktion zeigt, wie früher die Lohntüten der Aniliner ausgesehen haben.
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