Ludwigshafen Maulwurf, Frosch und Eisbär

„Seid ihr alle da?“ ruft René Marik ganz in der Tradition des Kasperletheaters. Die Figuren des diplomierten Puppenspielers sind jedoch nicht der vertraute Kasper, das Gretchen und das Krokodil, sondern ein Maulwurf, ein Frosch und ein Eisbär. Das Programm „Ze Hage! Best of plus X“, das er nun im Mannheimer Capitol aufführte, ist Puppentheater für jung gebliebene Erwachsene.

Der seltsame Titel bedarf der Erläuterung. „Ze Hage“ bedeutet in der eigenwilligen Sprache des Maulwurfs, des Stars unter Mariks Puppen, „zu Hause“. Er ist blind wie Maulwürfe eben sind, begriffsstutzig, etwas cholerisch, permanent unglücklich verliebt und mit einem, wenn nicht gleich mehreren heftigen Sprachfehlern gestraft. „Jemand ze Hage?“ fragte er vor etwa zehn Jahren in seiner bekanntesten Spielszene als Liebender am Fuß von Rapunzels unzugänglichem Märchenturm. Marik spielt diesen, schon nahezu klassischen Sketch diesmal nicht, obwohl der zu einem „Best of“ zweifellos dazugehörte. Im Capitol erklärt der 48-jährige Hildesheimer, Absolvent der renommierten Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch: „Ich spiele meine absoluten Lieblingsnummern, aber auch neue Nummern.“ Mit dem Best of-Programm ist er nun bereits seit drei Jahren unterwegs, verändert es jedoch ständig. „Solange mir neue Ideen ins Gehirn fallen, wird es weiter wachsen.“ Zum Maulwurf stoßen so der dünkelhafte Frosch Günther Falkenhorst, ein begabter Vortragskünstler und Schauspieler, der dem „Sesamstraßen“-Kermit ähnelt, und Kalle, ein kleiner, eigentlich putziger Berliner Eisbär, der aber derbe Sprüche raushaut wie der für seine Kodderschnauze bekannte Berliner Comedian Kurt Krömer. „Ich bin zwar klein, aber ich bin immer noch das gefährlichste an Land lebende Säugetier!“ klärt er gleich bei seinem ersten Auftritt die Verhältnisse. Falkenhorst, nach eigenen Angaben Träger des Iffland-Rings, gibt Shakespeares Richard III., Darth Vader oder Yoda aus den „Star Wars“-Filmen. Dem Maulwurf möchte er Sprechunterricht erteilen, sieht aber bald ein, dass dies Vorhaben zum Scheitern verurteilt ist. Der Maulwurf versucht sich an „Hamlet“ und Goethes „Faust“, als Apachenhäuptling Winnetou, als Werwolf und als Afghanistan-Kämpfer im „Rambo“-Stil. Es war faszinierend zu beobachten, wie René Marik mit einfachsten Mitteln, viel Liebe zum Detail und großer Sprech- und Schauspielkunst nicht nur komische, sondern auch sehr berührende Geschichten zu erzählen vermag. Sein Programm zog sich allerdings ein wenig in die Länge, weil der Puppenspieler, der nebenbei Mitglied der Berliner Band „Sugar Horses“ ist, im Capitol beweisen wollte, dass er als Sänger und Gitarrist auch solistisch zu bestehen vermag. Seine Zuschauer mochten freilich vor allem den Puppenspieler sehen. Wegen der Musik war niemand gekommen.

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