Rheinpfalz Mannheim: Polizei zieht „Saisonbilanz“ zur Poser-Szene

Prüfender Blick: Der Mannheimer Polizist Michael Schenk kontrolliert die Felge eines Autos auf Gesetzmäßigkeit. Das Bild stammt
Prüfender Blick: Der Mannheimer Polizist Michael Schenk kontrolliert die Felge eines Autos auf Gesetzmäßigkeit. Das Bild stammt von einer Aktion im vergangenen Jahr. Archivfoto: dpa

Der Sommer ist vorbei. Damit sitzen inzwischen auch kaum noch junge Männer am Steuer von Luxuskarossen, die absichtlich lärmend durch die Mannheimer Quadrate fahren. Zum „Saisonende“ zieht die Polizei eine Bilanz zu 40 sogenannten Kontrolltagen mit 429 überprüften Fahrzeugen und 597 Personen. 159 Verwarnungen gab es noch an Ort und Stelle.

Mannheim. „So lange junge Männer aus Macho-Kulturen ihren Geltungsdrang über laute Fahrzeuge definieren, so lange werden wir uns mit dem Poser-Phänomen beschäftigen müssen.“ Das ist die Einschätzung von Dieter Schäfer, dem Verkehrsexperten der Mannheimer Polizei, der auf die vierte „Poser-Saison“ zurückblickt. Unter der Art des Posens verstehen Fachleute das lärmende Zurschaustellen PS-starker Autos.

Zum Hintergrund: An manchen Tagen dachten Bewohner der Mannheimer Fressgasse, sie wohnten direkt am Hockenheimring – und das während eines Formel-1-Rennens. Als es immer mehr Beschwerden gab, gründete die Polizei 2016 eine Ermittlungsgruppe, die sich den sogenannten Auto-Posern widmete. Die Beamten wissen mittlerweile viel über diese Szene.

Junge Männer leihen sich hochmotorisierte Autos

Sorgen bereiten Schäfer vor allem junge Männer, die sich tageweise ihren Traum vom hochmotorisierten AMG-Mercedes, BMW oder Audi erfüllen. Anlaufstelle für sie sind spezialisierte Verleihfirmen im Rhein-Neckar-Raum. Im schlimmsten Fall liefern sich die Männer ein Rennen, das leicht tödlich enden kann. Oft sind diese nach Experten-Einschätzung mit den Autos, die nicht selten mehrere Hundert PS haben, überfordert und verlieren die Kontrolle.

„Wir hatten seit 2017 vier schwere Raserunfälle mit jungen türkischen oder türkischstämmigen Männern. Einer endete tödlich, bei den anderen drei war Glück im Spiel“, berichtet der Polizist. Die Vorgehensweise der Beamten: Es gibt ein sogenanntes Gefährderanschreiben an den Fahrer, in dem seine Eignung, ein Auto zu führen, angezweifelt wird. Eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung ist dann oft der nächste Schritt.

82 Anzeigen mit Bußgeld ausgesprochen

Die Ermittler der Verkehrspolizeidirektion haben Ende September die Saison beendet und das intensive Vorgehen gegen Auto-Poser eingestellt. An 40 Kontrolltagen seien 429 Fahrzeuge und 597 Personen kontrolliert worden. 159 von ihnen seien direkt vor Ort wegen unterschiedlicher Ordnungswidrigkeiten verwarnt worden, unter ihnen 30, weil sie unnötigen Lärm verursacht haben, heißt es. 82 Autofahrer erhielten den weiteren Angaben zufolge eine Anzeige und ein Bußgeld, 62 von ihnen wegen technischer Veränderungen an ihrem Fahrzeug. 22 „Poserfahrzeuge“ wurden sichergestellt. Gegen zwei der 429 Autofahrer wurden Strafverfahren wegen Trunkenheit im Straßenverkehr eingeleitet.

Die Einschätzung der Experten: Die Poserszene ist weiterhin aktiv und präsent. Gezielte Ansprachen der Polizei in der Innenstadt und an einschlägigen Treffpunkten im Hafen hätten allerdings dazu beigetragen, dass das Vorgehen der Behörden mehr und mehr akzeptiert werde. „Da Posen ein Schönwetterphänomen ist, wird es im Winterhalbjahr erfahrungsgemäß ruhiger“, sagt Schäfer. Anwohner können jedoch weiterhin Beschwerden an eine eigens eingerichtete E-Mail-Adresse richten.

Schäfer hofft, dass bald ein neuer Bußgeldtatbestand eingeführt wird. Hier sollen mindestens 100 Euro fällig werden. Den Vorschlag hat das Land Baden-Württemberg bei der Verkehrsministerkonferenz im April vorgebracht. „Posen ist kein Kavaliersdelikt. Verkehrslärm macht nachgewiesen krank. Und leichtfertige Beschleunigungsfahrten in belebten Innenstädten stellen eine tödliche Gefahr dar“, warnt Schäfer.

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