Rheinpfalz Mannheim: Jawort bei 80 Prozent Luftfeuchtigkeit

Ringetausch auf glattem Boden: der Wasserturm.
Ringetausch auf glattem Boden: der Wasserturm.

Auf die angestaubte Prozedur im Standesamt haben immer weniger Paare Lust. Die Stadt Mannheim hat auf diese Entwicklung reagiert, denn Heiraten an sich liegt im Trend. Als Orte für die Zeremonie bietet sie Paaren zum Beispiel Schloss, Luisenpark und Wasserturm an. Sonderwünsche Heiratswilliger werden aber immer wieder abgeschmettert.

In Rathäusern kann das Blut eines Besuchers durchaus einmal in Wallung geraten. Ein idealer Ort für die Liebe sind sie aber nicht. Und weil das so ist, können sich Mannheimer Paare an ganz besonderen Orten das Jawort geben, um die sterile Amtsstube zu umgehen. Erstmals ist das in diesem Jahr sogar im Wasserturm möglich. Am 19. September – also am 19.9.19 – können sich neun Paare in Mannheims bekanntestem Industriedenkmal trauen lassen. Heute beginnt die Anmeldefrist. Dabei klingt der Rahmen zunächst einmal ziemlich unromantisch: „Begrenzte Teilnehmerzahl, Luftfeuchtigkeit 80 Prozent, glatter Fußboden und ein erhöhter Geräuschpegel durch die laufende Betriebsanlage.“ Das und noch vieles andere mehr steht in den Nutzungsvereinbarungen, die jedes Paar unterschreiben muss, bevor es im Wasserturm selbst die Signatur unter das Ehedokument setzen darf. „Damit müssen wir uns absichern. Es ist außerdem eine Überwachungsperson dabei“, erklärt Mannheims oberste Standesbeamtin Maren Brysch-Enghofer.

Der Trend geht zu außergewöhnlichen Orten

Dass der Wasserturm als Ort der Trauung angenommen wird, steht wohl außer Frage. „Wir hatten im vergangenen Jahr rund 1300 Trauungen“, sagt Brysch-Enghofer. Und die meisten Verliebten wählen für das bürokratische Ehegelübde mittlerweile besondere Orte: das Alte Rathaus am Marktplatz, den Rittersaal im Schloss, den Florian-Waldeck-Saal in den Reiss-Engelhorn-Museen oder die Klangoase im Luisenpark. Gerade die Klangoase sei dabei ein Sonderfall, sagt Brysch-Enghofer: „Laut Gesetz ist für die Trauung ein gewidmeter Raum vorgeschrieben.“ Eine kleine Überdachung macht hier nicht nur das Brautpaar wetterunabhängig, sondern tut auch dem im Gesetzestext geforderten „Raum“ genüge. Schwieriger sei häufiger eine zweite Vorgabe zu erfüllen: „Vor einem fremden Publikum dürften wir keine Ehe schließen“, erklärt die Standesbeamtin. Probleme, die es im chinesischen Teehaus, „zweiter besonderer Ort“ im Luisenpark, nicht gibt. Eine Eheschließung im Rahmen eines Eishockeyspiels in der SAP-Arena verbiete sich hingegen. Wer bringt es zur Trauung schon auf rund 13.000 Freunde und Familienmitglieder? Dafür steht seit Anfang des Jahres das obere Foyer des Nationaltheaters zur Verfügung. „Aber selbstverständlich nicht während einer Vorstellung.“ Zwar habe sich die Verwaltung ein Stück weit geöffnet, allen Wünschen der Hochzeitspaare könne und wolle man aber nicht entsprechen. Gastronomische Betriebe verbieten sich etwa von selbst. „Einige wollen im eigenen Garten heiraten, wir hatten aber auch schon eine Anfrage nach einer Trauung auf dem Neckar.“ All diese Anfragen wurden abgeschmettert. Die Verwaltung reagiere jedoch schon von sich aus, habe immer neue, außergewöhnliche Orte im Angebot. Ein ungebrochener Trend, der möglicherweise auch durch einen Rückgang kirchlicher Trauungen zu erklären ist, wie die Standesbeamtin meint.

Wasserturm steht nur zu besonderen Anlässen zur Verfügung

„Wir tragen mit den besonderen Orten auch der Tendenz Rechnung, dass die Hochzeitsgesellschaften bei der standesamtlichen Trauung immer größer werden“, erklärt Brysch-Enghofer. „Außerdem wollen wir mit diesen besonderen Orten auch die unterschiedlichen Facetten der Stadt Mannheims zeigen.“ Die gewählten Räume sollten in städtischem Besitz oder zumindest im Besitz städtischer Gesellschaften sein. Ein Grund, warum Räume im Maritim-Hotel und dem ehemaligen „Mannheimer Hof“ (heute Leonardo Royal) mittlerweile nicht mehr infrage kommen „Die Eheschließung ist einer der wenigen Verwaltungsakte, für die wir ganz offensiv nach außen gehen“, sagt Brysch-Enghofer. Nun will sie abwarten, wie sich der Wasserturm bewährt. Klar sei aber schon jetzt: „Ein Regelfall wird es sicher nicht werden, sondern nur für besondere Tage freigehalten. In diesem Jahr eben der 19. September.

Ohne Überdachung keine Heirat: die Luisenpark-Klangoase.
Ohne Überdachung keine Heirat: die Luisenpark-Klangoase.
Eheschließung im Kulturtempel: das Nationaltheater.
Eheschließung im Kulturtempel: das Nationaltheater.
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