Rheinpfalz Mannheim: Der Traum von einer neuen Stadt

Die ehemalige Spinelli-Kaserne wird 2023 zum Hauptschauplatz der Bundesgartenschau.
Die ehemalige Spinelli-Kaserne wird 2023 zum Hauptschauplatz der Bundesgartenschau.

Mannheim versucht sich an dem Balanceakt, gigantische Summen zu investieren und dennoch zu sparen. So viel wie selten ist derzeit in der drittgrößten Kommune Baden-Württembergs in Bewegung. Stadtentwicklung ist ein bestimmendes Thema. Und die ist in den nächsten Jahren untrennbar mit den Mammutprojekten Konversion und Bundesgartenschau verbunden.

«Mannheim.» Die Stadt an Rhein und Neckar befindet in der vielleicht spannendsten Phase seit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg. Egal in welche Richtung man blickt – irgendwo taucht mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Kran am Horizont auf. Stadtentwicklung ist auch in der zweiten Amtszeit von Oberbürgermeister Peter Kurz (55, SPD) das große Thema. Ein weiteres Stichwort ist die Stadterneuerung. Dafür will die Stadt Mannheim bis 2021 rund eine halbe Milliarde Euro ausgeben. Hilfreich sind die konjunkturellen Rahmenbedingungen, von denen die Stadt insofern profitiert, dass sie mehr Geld einnimmt. Gewerbesteuer, Umlage aus der Einkommenssteuer, kommunaler Finanzausgleich – die Gelder aus den wichtigsten Einnahmequellen fließen derzeit durchaus erquicklich. Blöd werden könnte es, wenn die Wirtschaft nicht mehr so brummt wie zuletzt. Ein konjunktureller Einbruch wäre eine echte Gefahr für den ambitionierten Haushaltsplan.

Konversion und Bundesgartenschau

Unabhängig vom großen Ganzen gibt es zwei Themen, die die Stadt in den nächsten Jahren besonders beschäftigen und verändern werden. Die Rede ist zum einen von der Konversion, also der Umwidmung ehemals militärisch genutzter Gebiete in Wohn-, Gewerbe- oder Naherholungsgebiete. Und zum anderen von der 2023 geplanten Bundesgartenschau, die der Stadtentwicklung – Stichwort Grünzug – einen gewaltigen Schub geben kann. Als die US-Armee 2010 ankündigte, ihre Truppen aus Mannheim abzuziehen, war das zunächst ein Schock, weil die Amerikaner freilich ein wichtiger Wirtschaftsfaktor waren. Doch schnell erkannten Kurz und Co. die Chancen, die diese Entwicklung mit sich brachte. Mehr als 500 Hektar Fläche – auf sechs Gebiete kreuz und quer über die Stadt verteilt – gehen seitdem nach und nach in Mannheimer Besitz über. Allein das Benjamin-Franklin-Village mit seinen 140 Hektar im Norden Mannheims ist so groß wie die Innenstadt.

Gespräche mit Investoren

In der heißen Phase der Konversion war Konrad Hummel der wichtigste Mann des Oberbürgermeisters. Als Konversionsbeauftragter und Geschäftsführer der Projektentwicklungsgesellschaft MWSP verhandelte er mit dem Bund über die Kaufpreise für die jeweiligen Areale und führte unzählige Gespräche mit Investoren. Die Gründung der MWSP gilt nicht nur in den Augen von Hummel, der sich inzwischen in den Ruhestand verabschiedet hat, als Schlüssel für eine erfolgreiche Entwicklung der Flächen. Der Trick: Getragen von der Stadt und der städtischen Wohnbaugesellschaft, kann sich die Gesellschaft am Kapitalmarkt mit Geld versorgen – und das, ohne den kommunalen Haushalt zu strapazieren. So ein Grundstück ist nämlich gar nicht mal so billig. Einschließlich der Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur waren beispielsweise für den Kauf des Franklin-Areals rund 220 Millionen Euro aufzubringen. Der Löwenanteil dieser Kosten soll über den Verkauf der Grundstücke an Investoren refinanziert werden. 15 Jahre hat man sich dafür Zeit gegeben. Daneben sollen Mittel aus der Städtebauförderung des Landes fließen – von mehr als zehn Millionen Euro war die Rede. Mittlerweile leben im Übrigen bereits mehrere Hundert Menschen auf Franklin.

Riesiger Grünzug im Norden

Die Mannheimer Bewerbung für eine Bundesgartenschau (Buga) ist ebenfalls nur vor dem Hintergrund der Stadtentwicklung zu verstehen. Oberbürgermeister Kurz war schnell fasziniert von dem Gedanken, eine Buga zum Motor dieses Prozesses zu machen. Herzstück soll die ehemalige Spinelli-Kaserne werden, die in die Stadtteile Feudenheim und Käfertal hineinragt. Die Flächen sollen Teil eines riesigen Grünzugs im Nordosten Mannheims werden. Kurz hat in den vergangenen Jahren immer wieder auf „eine einmalige Chance“ für die Stadt hingewiesen. Die Buga ist für ihn Mittel zum Zweck und Teil seiner Vision einer neuen Stadt. Die massiven Widerstände gegen die Pläne hätte er wohl im Traum nicht erwartet. Die Kritik an dem Projekt gefährdete im Jahr 2015 sogar seine Wiederwahl als Oberbürgermeister. Er musste damals in eine Stichwahl mit seinem CDU-Herausforderer, der seinen Wahlkampf in erster Linie damit bestreiten konnte, gegen eine Buga zu sein. Am Ende reichte es für den amtierenden Oberbürgermeister. Und vor einem knappen Jahr hat dann auch der Mannheimer Gemeinderat endgültig grünes Licht für das so lange umstrittene Mega-Projekt gegeben.

545 Millionen Euro Schulden

Die Entwicklung des Grünzugs und die Bundesgartenschau sollen maximal 105,5 Millionen Euro kosten. „Ursprünglich haben wir zur Deckung dieser Kosten eine Fördersumme durch das Land von 40 Millionen Euro anvisiert“, heißt es aus dem Rathaus. 20,9 Millionen seien bisher bewilligt. „Wir sind guter Dinge, dass wir am Ende sogar eine Förderung von insgesamt knapp über 50 Millionen Euro erzielen“, teilt die Stadt weiter mit. Im aktuellen Haushaltsplanentwurf seien bereits hohe Raten veranschlagt, die Finanzierung sei also sichergestellt. Für die eigentliche Durchführung der Blumenschau sind 41 Millionen Euro kalkuliert. Diesen Kosten sollen Erlöse aus Eintrittsgeldern, Sponsoring und Pachten gegenüberstehen. Die Stadt geht davon aus, dass sie an dieser Stelle knapp sieben Millionen Euro beisteuern muss. Das anspruchsvolle Ziel im Rathaus ist es, die Stadt zu entwickeln und zu erneuern, ohne neue Schulden anzuhäufen. Im Idealfall soll das Minus kleiner werden. Mit 545 Millionen Euro bewegen sich die derzeitigen Schulden ungefähr auf dem Stand des Jahres 2004. Was die Schulden betrifft, sind die Musterknaben in Baden-Württemberg andere. Im Netz Multimediale Aufbereitung unter www.rheinpfalz.de Thema morgen Interview mit einer Finanzexpertin

Ein Bagger hätte das Zeug, zum neuen Mannheimer Stadtlogo zu werden. Hier schaufelt einer auf dem Franklin-Gelände im Stadtteil
Ein Bagger hätte das Zeug, zum neuen Mannheimer Stadtlogo zu werden. Hier schaufelt einer auf dem Franklin-Gelände im Stadtteil Käfertal.
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