Ludwigshafen Mächtig was auf die Ohren

Ausgelassen: Bradford Cox, Frontmann der US-Band Deerhunter.
Ausgelassen: Bradford Cox, Frontmann der US-Band Deerhunter.

Zum achten Mal hat das Maifeld Derby die Reitsportanlage am Mannheimer Maimarkt in ein weitläufiges Festivalgelände verwandelt. Musikalisch spannte das Programm wieder einen Bogen von akustischen Klängen und Indie Rock bis hin zu härteren Klänge und experimenteller Elektronik. An den ersten beiden Tagen erlebten die Besucher nicht nur internationale Headliner wie Deerhunter und Editors, sondern auch Neuentdeckungen aus der Region. Ein buntes Rahmenprogramm rundete den Spaß ab.

Es gibt wenige Veranstaltungen, die den Ruf Mannheims als Musikstadt so unübersehbar einlösen wie das Maifeld Derby. Schon morgens kommen die ersten Festivalgäste am Hauptbahnhof der Quadratestadt an und stärken sich am nächsten Brezelhäuschen. Man erkennt sie an ihren Rucksäcken, Bandshirts und an ihren ungläubigen Blicken über den Vorplatz. Das ist also dieses Mannheim, über das sie in letzter Zeit so viel gehört haben und das sich seit einigen Jahren mit einem nicht nur in Fachkreisen hochgelobten Festival schmücken darf. Aber dennoch ist das Maifeld Derby ein Festival für Mannheim und die Region. Der lokalpatriotische Aspekt schlägt sich nicht nur musikalisch nieder, sondern auch auf dem Festivalgelände. Riesige Banner von Großkonzernen sucht man vergeblich, dafür dürfen die Veranstaltungshäuser der Region ihre Programme präsentieren. Statt eines einheitlichen Industriebiers gibt es verschiedene Produkte von regionalen Brauereien und an einigen Ständen präsentieren Mannheimer Klamottenlabels ihre Kollektionen. Und so hat das Festival inzwischen auch die Herzen zahlreicher Kurpfälzer aller Altersgruppen erobert, denen die Feinheiten des Programms nicht unbedingt geläufig sind. Zum Maifeld Derby kann man gehen, da gibt es gute Musik und man trifft nette Leute. Es ist auch ein gewisser Stolz, der da mitfeiert. Denn welche Stadt dieser Größe hat schon ein solches Festival zu bieten? Die gute Laune steckt nach kurzer Zeit auch die Gäste aus der Ferne an: Spätestens mit Einbruch der Dunkelheit spielt es überhaupt keine Rolle mehr, ob jemand aus Neuostheim oder Neumünster angereist ist. Obwohl sich das Festivalgelände kurz nach Öffnung der Tore schon einigermaßen gefüllt hat, geht es aber erst richtig los, als Great News auf die Fackelbühne treten. Der Besuch beim Maifeld ist, wie die drei Norweger mehrfach betonen, ihr erster Auftritt in Deutschland. Von Nervosität oder Startschwierigkeiten ist allerdings rein gar nichts zu spüren: Ihr stadiontauglicher Indie-Rock mit einer ordentlichen Portion Achtziger-Synthies zündet sofort und versammelt die Festivalgemeinde nach und nach vor der Bühne. Gleich im Anschluss stürmt alles ins große Festivalzelt, um die französisch-kubanischen Zwillingsschwestern Ibeyi hautnah zu erleben. Mit beeindruckenden Stimmen und monströsen Rhythmen animieren die Schwestern die zunehmend euphorische Masse nicht nur zum Tanzen, sondern auch zu stimmgewaltigen Gesangseinlagen. Spätestens nach dieser schweißtreibenden Performance sind die letzten Hemmungen gefallen und Bands wie die holländischen Post-Rocker Klangstof oder Rhye aus den USA mit ihrem luftigen Indie Pop profitierten spürbar von der gelösten Stimmung. Leisere Töne gibt es wie jedes Jahr auf dem Parcours d’amour vor der Sitzplatztribüne. Hier kann man sich zu den melancholischen Songs der stimmlich an Nico erinnernden Sängerin Fenne Lilly aus London ein wenig erholen, bevor mit Deerhunter der erste wirklich große Name des Tages wieder in Richtung der Hauptbühnen lockt. Die Indie-Rocker aus den USA um den charismatischen Frontmann Bradford Cox feiern mit dem Mannheimer Publikum ausgelassen ihren Tour-Abschluss, bevor Tastenkünstler Nils Frahm und Elektroniker Jon Hopkins den Abend experimentell und doch tanzbar ausklingen lassen. Tags darauf eröffnen die Mannheimer Post-Punker von Fibel den Reigen. Gut erholt von der Release-Party zu ihrem gerade erschienenen Debüt „Kommissar“ bringen sie eine beachtliche Menge ins Schwitzen. Mit ihrer Performance und eingängigen Songs geben sie eine unüberhörbare Bewerbung ab, bei zukünftigen Festivals einen prominenteren Slot zu späterer Stunde zu belegen. Weiter geht es im Zelt mit den sympathischen Hinds aus Madrid. Die Spanierinnen treffen nicht jeden Ton, was ihrem gut gelaunten Garagen-Rock aber keinen Abbruch tut. Gegen Abend folgen nur noch absolute Headliner: All Them Witches aus Nashville hämmern knallharten Blues-Rock über das Festivalgelände, V.O. aus Brüssel schmeicheln einigen hundert Ohrenpaaren mit Kammerpop und The Wombats bringen das bewegungslustige Publikum noch mal richtig in Schwung. Getanzt wird auch zu den ruhigen Klängen von This Is The Kit: Ein Pärchen nutzt die freie Fläche zwischen Bühne und Sitzreihen für eine Runde Foxtrott und erntet damit ebenso frenetischen Applaus wie der delikate Folk-Rock der Engländer. Mit dem standesgemäßen Headliner-Konzert der Editors im großen Zelt neigt sich der Abend schließlich einem wohlverdienten Ende zu. Mit ihrem neuen, unverschämt erfolgreichen Album „Violence“ und zahlreichen alten Hits im Gepäck begeistern die Briten die versammelte Festivalgemeinde. Und wer danach immer noch nicht genug hat, der kann beim Live-Set des Techno-DJs George Fitzgerald einen rundum gelungenen Festivaltag angemessen ausgelassen beschließen.

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