Ludwigshafen Ludwigshafen: Stadtrat entscheidet über Rathaus-Center

Das Rathaus-Center durchs Lichttor betrachtet.
Das Rathaus-Center durchs Lichttor betrachtet.

Am Montag entscheidet der Stadtrat über die Zukunft des Rathaus-Centers. Die Stadt will das fast 40 Jahre alte Einkaufszentrum für 43 Millionen Euro erwerben und es Ende 2021 schließen. Damit will sie den Weg frei machen für den Hochstraßenabriss, Planungs- und Rechtssicherheit schaffen. Center-Kunden sehen das mit gemischten Gefühlen.

Annegret Epple

aus Süd wohnt seit acht Jahren in Ludwigshafen und hat das Rathaus-Center mit seinem 70er-Jahre-Charme mittlerweile ins Herz geschlossen. „Es ist meine erste Anlaufstelle, wenn ich in der Innenstadt bin. Ich mag die fast schon familiäre Atmosphäre und die Tatsache, dass man alle Geschäfte des täglichen Bedarfs unter einem Dach hat. Dass die Stadt das Gebäude kauft, um Planungssicherheit bezüglich des Hochstraßen-Umbaus zu haben, kann ich gut nachvollziehen, vor allem nach der ,Metropol’-Misere am Berliner Platz. Es ist wahrscheinlich die pragmatischste Lösung“, sagt sie. Einen Komplettabriss des Centers inklusive Rathausturm fände sie nicht weiter schlimm, im Gegenteil: „Ich sehe es als Chance für eine Neugestaltung der Stadt.“ Es gebe genügend leer stehende Immobilien, die Walzmühle eingeschlossen, die mit Einzelhandel und Büros neu besetzt werden und die City wiederbeleben könnten. „Schade fände ich es, wenn der Einzelhandel aus dem Center in die seelenlose und austauschbare Rhein-Galerie auswandern würde. Das wäre wohl der Untergang für Lu-City“, bilanziert die 37-Jährige.

 Günstige Stellflächen in Innenstadt

„Das Center sollte stehen bleiben.“ Ernst V. hat eine klare Meinung zum Thema. Der 72-jährige Ludwigshafener ist gerade mit einer Bäckertüte in der Hand unterwegs ins Rathaus-Center, will zunächst nichts sagen, seinen Nachnamen schon gar nicht, dann sprudelt es aber doch aus ihm heraus. „Die hätten die Stadtstraße so verlegen sollen, dass der Nordflügel des Centers ihr nicht im Weg ist.“ Dass die Parkdecks auch weg müssen, ärgert ihn am meisten, weil damit günstige Stellflächen in der Innenstadt verschwänden. „Für Laien ist das Ganze sowieso nicht nachvollziehbar“, schimpft der Rentner und vermutet, dass finanzielle Interessen des Center-Eigentümers – ein Immobilienfonds – eine große Rolle spielen. „Da geht’s nur ums Geld. Da will sich ein Immobilienhai gesundstoßen.“ Dafür zahle jetzt der Steuerzahler die Zeche. Ilse Frank ist in der Fußgängerzone unterwegs. Früher, erzählt die 80-Jährige, sei sie öfter im Rathaus-Center gewesen, inzwischen sei sie „nur noch bei Bedarf“ dort. Das habe mit dem Zustand der Innenstadt zu tun. Die Friesenheimerin erinnert sich an Zeiten, als sich ein Bummel durch die Ludwigshafener City noch gelohnt habe. „Aber heute muss man ja schon wegen ein paar Socken nach Mannheim fahren“, meint die Rentnerin und verdreht die Augen. Dennoch sei es „ein blödes Gefühl“, wenn das Center schließe. Es gehöre irgendwie zu Ludwigshafen. Auf jeden Fall sorge das Thema für Gesprächsstoff, berichtet Frank.

Abriss am Berliner Platz

Hannelore Henne

aus Süd spaziert gut gelaunt aus dem Center. Als regelmäßige Kundin schaut sich die 67-Jährige drinnen am liebsten nach „Kruschdelsachen“ um, wie sie erzählt – und will mal ganz grundsätzlich loswerden, dass die „Tortenschachtel“ am Berliner Platz „viel zu früh abgerissen“ worden sei. Statt auf das versprochene „Metropol“-Hochhaus blicke man nun in eine hässliche Baugrube. Für sie ist das Rathaus-Center vor allem „die Verbindung von der Innenstadt in den Hemshof“, die bei einer Schließung gekappt werden würde. Andrerseits sorge die Stadt mit dem Kauf für klare Verhältnisse vor Ort. „Insofern verstehe ich das.“ Verständnis dafür zeigt auch Kurt Horn aus Fußgönheim, der im Schnitt einmal pro Monat das Rathaus-Center besucht und gerade aus der „Nordsee“ kommt, wo er mit seiner Frau zu Mittag gegessen hat. Ansonsten ist das Paar häufiger in der Rhein-Galerie zu Gast. Dort sei das Angebot einfach attraktiver. Horn regt sich weniger über das mögliche Center-Aus auf, sondern über das Hochstraßenprojekt. Den Abriss findet er zwar gut. „Aber man hätte die Hochstraße wieder als Brücke aufbauen und nicht als Stadtstraße tieferlegen sollen“, sagt der 64-Jährige.

 Zusätzliche Fahrten nach Mannheim

„Wenn ihn die Stadt stemmen kann, dann ist das in Ordnung.“ So kommentiert Herbert Kirsch aus Süd den geplanten Centerkauf. Die damit verbundene Schließung des Einkaufszentrums in drei Jahren lehnt der 81-Jährige allerdings ab. „Dann gibt’s in der Innenstadt nur noch die Rhein-Galerie“, kritisiert er und fügt hinzu: „Für alles, was man dort nicht bekommt, muss man dann nach Mannheim fahren.“ Im Rathaus-Center steuert Kirsch am häufigsten den DM-Drogeriemarkt und den Elektronikmarkt Saturn an – und bedauert immer noch, dass die Thalia-Bücherei ihren Standort dort längst aufgegeben hat. Einen aus seiner Sicht großen Vorteil des Rathaus-Centers formuliert Kirsch so: „Hier kann man viel besser parken als im Parkhaus der Rhein-Galerie. Das ist mir zu sehr verwinkelt.“ Heike Edrich zieht es zwar öfter in die Rhein-Galerie. Aber weil die 46-Jährige aus Oggersheim bei der Stadtverwaltung arbeitet, ist sie natürlich fast täglich im Rathaus-Center unterwegs und nutzt vor allem den Rewe-Supermarkt für Einkäufe. „Richtig schön finde ich es nicht“, sagt sie zur Vorstellung, dass die Shoppingmall Ende 2021 geschlossen werden könnte. Denn für sie gehört der Komplex zum Stadtbild. Andererseits sei es auch sinnvoll, dass ihn die Stadt erwerben möchte, um Planungssicherheit zu haben.

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