Ludwigshafen Ludwigshafen-Maudach: Zwei Edel-Fans der Alemannia im Portrait

Echte Fußballfans: Gertrud Lender (85) und Helga Merdens (81, rechts) haben ihren Ehrenplatz in der Nähe der Eckfahne. Sie lasse
Echte Fußballfans: Gertrud Lender (85) und Helga Merdens (81, rechts) haben ihren Ehrenplatz in der Nähe der Eckfahne. Sie lassen sich seit Jahrzehnten kein Heimspiel der SC Alemannia Maudach entgehen.

Gertrud Lender (85) und Helga Merdens (81) verpassen kein Heimspiel der A-Klasse-Fußballer von Alemannia Maudach. Die beiden rüstigen Seniorinnen kommen seit rund 60 Jahren regelmäßig auf das Sportgelände und haben dort ihren Ehrenplatz am Spielfeldrand.

„Da vorne kommen unsere beiden größten Fans“, sagt Mustafa Yildirim, der Trainer der zweiten Mannschaft, und deutet auf zwei ältere Damen, die gerade das Eingangstor passiert haben. Es dauert lange, bis Gertrud Lender und Helga Merdens ihren Stammplatz, eine Bank in der Nähe der Eckfahne, eingenommen haben. Ein Schwätzchen hier, eine Umarmung da – keine Frage, die beiden Frauen sind nicht nur bekannt, sondern auch ungeheuer beliebt. „Ich komme seit 1958 zur Alemannia“, sagt die 85-jährige Gertrud Lender. Sie berichtet, dass ihre Brüder einst beim Lokalrivalen SV gespielt haben, dem die Familie aber den Rücken kehrte, nachdem der Vater beleidigt worden sei. „Mein Mann Horst war ein echter Alemanne“, fährt die Seniorin fort und erzählt, dass bei seiner Beerdigung 2010 auf Wunsch des Verstorbenen das Alemannia-Lied gespielt wurde. Außerdem wurde beim nächsten Spiel zu seinen Ehren eine Gedenkminute abgehalten. Auch Helga Merdens, deren Mann Hans für die Alemannia spielte, ist seit 1960 treue Anhängerin der Gelb-Schwarzen aus Maudach.

Merdens hat das Vereinslokal geführt 

Wenn die beiden Damen von der Vergangenheit erzählen, dann sind sie kaum zu bremsen. Die Worte sprudeln geradezu aus ihnen heraus, eine Geschichte jagt die andere und es wird viel gelacht. Als Gertrud Lender erzählt, dass ein früherer Torwart ihr Schwager war, fällt Helga Merdens eine Anekdote ein. Sie stand hinter dem Tor, als sich der Schlussmann zu ihr umdrehte. „Er hat mich gerufen und mir ein Zeichen gegeben“, sagt sie und spreizt Daumen und Zeigefinger. Es war das verabredete Signal für einen Kräuterschnaps. „Den habe ich ihm gebracht und er hat ihn getrunken“, erinnert sich die 81-Jährige. Die beiden verwitweten Frauen lachen herzlich über das Doping aus den 1960er-Jahren, das heutzutage undenkbar wäre. In der damaligen Zeit hatte Helga Merdens mal das Vereinslokal geführt und Gertrud Lender, deren Mann Bäcker und Konditor war, hat selbst gebackenen Kuchen mitgebracht. „Nach den Spielen waren wir in einer großen Gruppe oft lange zusammengesessen und haben bei Musik und Tanz gefeiert. Das war eine schöne Zeit“, erinnern sich die beiden Seniorinnen wehmütig. Einmal habe es eine Polonaise über den Sportplatz gegeben, und an einem Kerwesamstag habe sich die Gesellschaft erst morgens gegen 6 Uhr aufgelöst.

Der Draht zu den Spielern ist gut 

Das alles ist lange her, aber die Leidenschaft der beiden Ur-Maudacherinnen für die Alemannia ist geblieben. So hatte Gertrud Lender 1983 bei einem Krankenhausaufenthalt darauf gedrängt, am Sonntagmittag das Spiel des SCA besuchen zu dürfen. Der Ausflug wurde genehmigt, und am Abend war sie wieder zurück. Und als Helga Merdens mal schlecht zu Fuß war, ließ sie sich abholen, um das Spiel nicht zu versäumen. Treffen mit Kindern und Enkeln werden nach Möglichkeit so terminiert, dass sie nicht mit Partien des Lieblingsvereins kollidieren. Die eng befreundeten Seniorinnen kommen wegen der Gesellschaft, aber in erster Linie wegen des Fußballs. Sie kennen sich auch damit bestens aus. Die Frage, ob sie wissen, was Abseits ist, löst Empörung aus und wird natürlich richtig beantwortet. Der Draht zu Verantwortlichen, Trainern und Spielern der heutigen Generation ist gut. „Wir haben keine Berührungsängste und gehen auf die Leute zu“, sagt das fußballverrückte Duo, das teils sogar zu Auswärtsspielen fährt. „Einmal wurden wir zum Polterabend und zur Hochzeit eines Spielers eingeladen“, erzählen die Frauen, die bis auf ein paar altersbedingte Wehwehchen noch fit sind.

Spielgemeinschaft mit SV Maudach stört die beiden nicht

Seit vielen Jahren nehmen sie bei den Heimspielen der Alemannia auf „ihrer“ Bank Platz, weil sie dort windgeschützt sitzen. „Kürzlich war die Bank besetzt, da haben wir den jungen Männern klar gemacht, dass wir da schon seit Jahrzehnten sitzen“, erzählen die beiden. Auch mieses Wetter kann sie vom Besuch nicht abhalten, denn sie haben einen Alemannia-Schirm und für den Winter einen Schal in den Vereinsfarben. Die Seniorinnen könnten die Partien zum Nulltarif schauen, doch sie zahlen freiwillig Eintritt und stecken den Verantwortlichen auch sonst mal den einen oder anderen Schein zu. Dass die Alemannia in der kommenden Saison mit dem Nachbarn SV Maudach erstmals eine Spielgemeinschaft bildet, stört die beiden Edelfans nicht. „Wir kommen auf jeden Fall“, sagen sie. Und auch dann werden Gertrud Lender und Helga Merdens ihren Platz auf der Bank an der Eckfahne einnehmen.

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