Ludwigshafen Ludwigshafen: Laubfroschwäldchen soll geopfert werden

Klaus Eisele (links) und Johannes Mazomeit begutachten eine Silberweide im Laubfroschwäldchen. Botaniker Mazomeit schätzt das Al
Klaus Eisele (links) und Johannes Mazomeit begutachten eine Silberweide im Laubfroschwäldchen. Botaniker Mazomeit schätzt das Alter des Baums auf etwa 50 bis 70 Jahre.

Die Stadt will die Bauschuttdeponie in Rheingönheim nach Norden hin erweitern. Das 1,7 Hektar große Laubfroschwäldchen soll dem Ausbau zum Opfer fallen. Die Naturschutzverbände in der Stadt wollen das nicht hinnehmen. Wie sie jetzt vorgehen möchten und was sie der Verwaltungsspitze vorwerfen.

Wenn es um das Laubfroschwäldchen im Norden der Bauschuttdeponie in Rheingönheim geht, finden Klaus Eisele und Johannes Mazomeit auch kurzfristig eine Lücke in ihrem Terminkalender. Denn das Wäldchen ist den Naturschützern wichtig. „Hier leben seltene und streng geschützte Arten wie Laubfrosch, Fledermaus, Bussard oder Steinkauz“, sagt Mazomeit. Der studierte Botaniker engagiert sich in verschiedenen Naturschutzverbänden der Stadt. Der 55-Jährige ist Gründungsmitglied der Kreisgruppe Ludwigshafen des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Außerdem ist er Vorsitzender der Ortsgruppe des Naturkundevereins Pollichia. Was Mazomeit auf die Palme bringt: Die etwa 70 Meter breite und 250 Meter lange Waldfläche soll der Erweiterung der Bauschuttdeponie weichen. Die Stadt will das Konzept demnächst offiziell zur Genehmigung einreichen. Nach dem Ende des Planfeststellungsverfahrens soll 2021 der Baubeginn erfolgen. Die Stadt will nach den Worten von Holger Kusche, stellvertretender Leiter des Wirtschaftsbetriebs (WBL), eine etwa dreimal große Ausgleichsfläche in der Nachbarschaft aufforsten. Während die Ersatzflächen in den nächsten Jahren östlich der Deponie geschaffen werden, soll die Rodung des Laubfroschwäldchens etwa in zwölf Jahren angegangen werden. Insofern sei der naturrechtliche Eingriff nicht so dramatisch, glauben die Verantwortlichen der Stadt.

"Bis wir Ersatz haben vergehen Jahrzehnte"

Die Naturschützer sind da ganz anderer Meinung. „Ausgleichflächen können für dieses Wäldchen kein Ersatz sein. Eine Aufforstungsfläche ist ökologisch gesehen ein ,Baumacker’. Ein Wald aber ist mehr als eine Anzahl von Bäumen“, sagt Mazomeit. Der 63-jährige Eisele pflichtet ihm bei: „Bei Ackerflächen ist der Boden oft totgespritzt. Bis wir so etwas wie einen Ersatz haben, vergehen Jahrzehnte“, ist sich der Imker und ehrenamtlicher Leiter des Arbeitskreises Vogelkunde der Volkshochschule sicher. Mazomeit und Eisele warten nun das Planfeststellungsverfahren ab. Wenn ihre Stellungnahme gefragt ist, wollen sie die Unterlagen der Stadt gründlich studieren. Beide gehen davon aus, dass das Gutachten, das die Stadt zum Laubfroschwäldchen fertigen ließ, nicht vollständig ist. „Ein Gutachten wird nach einer begrenzten Zeit erstellt. Wir hatten aber einen heißen Sommer hinter uns. Nicht alle Arten sind in Erscheinung getreten“, führt Mazomeit ins Feld. Dass in dem Wäldchen der Laubfrosch beheimatet ist, sei eine bewiesene Tatsache. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz ist er streng geschützt. Mazomeit und Eisele legen Wert darauf, dass sie nicht gegen den Ausbau der Deponie sind. „Wir sind keine Revoluzzer oder Verhinderungsfanatiker“, betont Eisele. „Was uns am Herzen liegt, ist der Erhalt dieses Wäldchens. Als mündige Bürger wollen wir bei der Gestaltung unserer Region gefragt werden und mitgestalten.“

Umweltschutz habe keine Lobby

Was die Sensibilität gegenüber der Natur angeht, sind die beiden mit der Haltung in der Ludwigshafener Stadtverwaltung absolut unzufrieden. Umweltschutz habe in der Stadtpolitik keine Lobby. Der Sachverstand der Naturschutzverbände sei nicht gefragt. Alle Frei- und Grünflächen in der Innenstadt würden derzeit bebaut. Dabei sei das Stadtgebiet mit einem Flächenanteil von 2,4 Prozent extrem waldarm. „Unser Eindruck ist, dass hier zuerst geplant wird, und dann erst die Natur kommt“, bilanziert Mazomeit. Bäume, wie die uralten Silberweiden im Norden des Wäldchens, dürften 50 bis 100 Jahre alt sein. „Diese Bäume lassen sich mittelfristig nicht ersetzen.“ Zudem würde es lange dauern, bis Greifvögel wieder in diesem Bereich brüten. Die Stadt geht davon aus, dass das bisherige Deponie-Gelände bis 2021 verfüllt ist. Seit drei Jahren wird deshalb die Erweiterung der Deponie in nördlicher Richtung geplant. Wie in der jüngsten Sitzung des Werksausschusses bekannt wurde, sollen auf einem 15 Hektar großen Areal, das maximal 28 Meter hoch werden soll, 2,1 Millionen Kubikmeter künftig Bauschutt abgelagert werden. Auch mit Blick auf den Hochstraßenabriss würden Ersatzflächen für die Deponie benötigt. 

Johannes Mazomeit
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Klaus Eisele
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