Ludwigshafen Liebeslieder statt Oratorium

Der Beethovenchor mit seinem Dirigenten Tristan Meister und den beiden Klavierbegleitern Friederike Siebe und Wolf Reucher in de
Der Beethovenchor mit seinem Dirigenten Tristan Meister und den beiden Klavierbegleitern Friederike Siebe und Wolf Reucher in der Friedenskirche.

Recht ungewöhnlich war das Programm des Ludwigshafener Beethovenchores bei seinem Frühjahrskonzert in der Friedenskirche. Keines der üblichen Oratorien oder großen Chorwerke gab es zu hören, sondern zwei Liederzyklen mit teilweise sehr knapp gefassten Einzelnummern, die „Liebesliederwalzer“ op. 52 und die „Neuen Liebeslieder“ von Johannes Brahms. Statt Orchester musste außerdem ein vierhändig gespieltes Klavier reichen. Dirigent Tristan Meister wollte seinen Chor einmal ohne viel tönendes Beiwerk präsentieren. Bei den Zuhörern kam das bestens an.

Brahms schrieb seine „Liebesliederwalzer“ im Jahr 1868 und vertonte dabei 18 Texte aus einer Sammlung des Literaten Georg Friedrich Daumer, die aus Nachdichtungen von osteuropäischen Liedern bestand. Der Titel „Liebesliederwalzer“ ist zutreffend, denn es handelt sich ausschließlich im Liebeslieder, und sie sind alle im Dreivierteltakt komponiert, wenn auch der klassische Walzerton nicht immer durchscheint. Brahms komponierte die Lieder für ein Solistenquartett mit vierhändiger Klavierbegleitung, manche Lieder sind als Solostücke oder Duette geschrieben. Gegen chorische Aufführungen wehrte sich Brahms zunächst, später lobte er sie als „mustergültig“. Der Erfolg der „Liebesliederwalzer“ veranlasste ihn 1874, eine zweite Sammlung unter dem Titel „Neue Liebeslieder“ folgen zu lassen. War die erste Sammlung mit ihren oft heiter-ironischen gestimmten Liedern eher unspezifisch für den schwerblütigen Hanseaten, so sind die „Neuen Liebeslieder“ typisch Brahms, hat er sich hier doch den dunkleren Seite der Liebe zugewandt: Um Versagung, Verzicht, Enttäuschung geht es hier, und entsprechend von dunkler Leidenschaft getrieben ist auch der Tonfall. Tristan Meister hat 2017 die Leitung des Beethovenchores nach dem plötzliche Tod von Klaus Arp übernommen und diesen in der erreichten Qualität weitergeführt. Seine Entscheidung, die Brahms-Lieder aufzuführen, stellte den Beethovenchor vor große Herausforderungen. Nur mit Klavierbegleitung zu singen, ohne in den schützenden Klang eines Orchesters eingebettet zu sein, ist für einen Chor schon recht heikel. Dem musste auch der Beethovenchor Rechnung tragen. Am Anfang, bei den ersten Liedern, divergierte der Chorklang noch mit dem des Klaviers, die Intonation war noch nicht sauber, es kam alles etwas steif herüber. Aber nach kurzer Zeit, als der Chor sich einmal warm gesungen hatte, durfte man sich über einen vollen und warmen, in allen Stimmen ausgewogenen, homogenen Chorklang erfreuen. Auch die Intonation war jetzt ganz rein. Der Beethovenchor reagierte präzise auf die Anweisungen seines engagiert agierenden Dirigenten, wurde allen ständig wechselnden Stimmungen gerecht, sang mal energisch, mal im süffigen Walzerton, mal ätherisch und dann wieder sehr intensiv. Am Ende war es eine runde Leistung, die allen Aspekten von Brahms’ romantischen Chorzyklen gerecht wurde. In die beiden Brahms-Zyklen eingebettet waren einige Sololieder der Romantik. Mit klarer, feingeführter Stimme sang die Sopranistin Tirza Härer Schuberts „Ganymed“ ebenso wie die entsprechenden Sololieder aus den „Liebesliederwalzern“. Die Nagelprobe, das wohl romantischste aller Lieder, Robert Schumanns „Mondnacht“, bestand sie glänzend, brachte den Textgehalt nuancenreich und ausdrucksvoll herüber. Der Neustadter Tenor Thomas Jakobs wird in der Region als Mitglied von Ensembles wie Cantus Palatinus oder dank zahlreicher Oratorienaufführungen geschätzt. Mit kraftvoller, wohltimbrierter Stimme und viel lyrischem Schmelz sang er das Lied „Im wunderschönen Monat Mai“ aus Schumanns „Dichterliebe“, gestaltete es ebenso fein wie seine Sololieder bei Brahms. In einigen Duetten wie „Liebhabers Ständchen“ von Schumann oder „Geh Herz von Flandern“ aus Mozarts „Bastien und Bastienne“ fanden sich Tirza Härer und Thomas Jakobs bestens zusammen. Stets präsente und einfühlsame Begleiter fanden Chor und Solisten in den Pianisten Friederike Siebe (die den Primopart inne hatte) und Wolf Reucher.

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