Ludwigshafen Keine Angst vor Niedrigwasser

Am Steuer: Segelclub-Vorsitzender Wolfgang Reibel.
Am Steuer: Segelclub-Vorsitzender Wolfgang Reibel.

Wolfgang Reibel ist etwas in Eile. „Wenn der Rheinpegel Speyer die Marke von 6,10 Metern überschreitet, steht bei uns Wasser auf dem Gelände. Bei Pegelstand 6,90 Meter steht es dann im Clubhaus im Keller“, sagt der Limburgerhofer. Und aktuell steht der Pegel bei 6,24 Meter. Ob damit das Ende der Fahnenstange erreicht ist, ist unklar, was Reibels Anflug von Unruhe erklärt. Denn dann muss der 66-Jährige schleunigst raus zur Clubanlage am Westufer der Otterstädters Altrheins, die Wohnwagen in Sicherheit bringen, den Rasenmäher aus dem Clubheimkeller bergen und die Boote gut vertäuen. „Sonst schwimmen sie weg“, sagt Reibel und lacht. Er ist solche Rettungseinsätze gewohnt, den Wasserstand bekommt er beständig per App gemeldet. Wenn man dieses Bild aus der Schifffahrt gebrauchen will, so steuert Reibel, 66 Jahre und promovierter Chemiker im Unruhestand, seit 20 Jahren als Vorstand gewissermaßen das Vereinsschiff der inzwischen rund 175 Ludwigshafener Segler. Er hat so manche stürmische See erlebt und auch so manche Flaute, er hat den Altrhein zufrieren sehen und – weit öfter – über die Ufer treten. Er hat erlebt, wie Anfang der 1970er-Jahre die erste Steganlage und das Clubhaus errichtet wurden – „wir waren die ersten Jahre viel eher Bauarbeiter als Segler“ – und wie Jahre später Vandalen dort alles verwüsteten. Langweilig, so sagt Reibel, war es nie. Am 20. Mai 1969, im Jahr der Mondlandung, machten sich 19 Mitglieder des Ludwigshafener Kanuclubs sozusagen selbstständig und hoben den Segelclub aus der Taufe – mit einem Zuschuss der Stadt, zumal Alt-OB Werner Ludwig selbst begeistert die Nase in den Wind hielt. „Er war mein Segelschüler“, sagt Reibel. Anker warf der Verein der besseren Segelbedingungen wegen nicht am Stromufer in Ludwigshafen, sondern im nahen Otterstadt, anfangs nicht durchweg glücklich mit der Wahl des Standorts, denn der Beregnungsverband Vorderpfalz legte just durch das neue Seglerdomizil seine Rohrleitung zum Altrhein, um von dort Wasser auf die Felder zu pumpen. Das Gelände war erstmal eine Fremdbaustelle. Was sich jedoch bald als Glücksfall erwies und sich heute noch segensreich auswirkt, denn auf dem Betonsockel des Einlassbauwerks konnten die Segler einen Kran errichten, der bis zu 3,5 Tonnen schwere Boote zu Wasser lassen und auch wieder an Land hieven kann. Das können sonst nur noch die Clubs in Waldsee und Otterstadt, so dass die Ludwigshafener Segler auch für zahlreiche andere Wassersportvereine und Privatleute als Dienstleister einspringen. Im Gegenzug nutzt der Beregnungsverband den Kran, um den Schmutzfang vor dem Wassereinzug zu säubern. Und noch ein dickes Plus bringt diese Symbiose: Damit stets genug Wasser auf die Äcker gelangt, wurde der Uferbereich tief ausgebaggert. Damit sind die Ludwigshafener Segler selbst in Trockenperioden wie im vergangenen Sommer stets flüssig. „In Waldsee und Otterstadt konnten sie nicht mehr kranen, vielleicht müssen die dortigen Clubs demnächst ausbaggern“, sagt Reibel: „Selbst wenn der Pegel Speyer bei 1,70 Metern steht, haben wir immer noch acht Meter Wasser unter Steg und Kiel.“ Das ist mehr als genug für die Segelboote des Clubs, die bis zu neun Metern lang sind und maximal 2,10 Meter Tiefgang haben. Motorboote gibt es keine, die sind auf dem Otterstädter Altrhein nicht erlaubt. Der Seitenarm des Stroms ist ein reines Segelrevier – und wohl kein schlechtes. So mancher Gegner auf Regatten hat gespottet über die „überfluteten Waldwege“, auf denen die Ludwigshafener trainieren. In der Tat herrschen am Meer ganz andere Windstärken als auf dem Altrhein. Doch der Platz zum Segeln ist eng, es gibt Inselchen mit schmalen Durchfahrten dazwischen, dazu kommen Böen und ein oft drehender Wind, was beständiges Manövrieren erfordert. „Wer hier segeln kann, der kann das auch woanders“, sagt Binnenseebär Reibel. Kentern kommt natürlich auch vor. „Dann ist die Grundregel: beim Boot bleiben. Einer kommt bestimmt angesegelt, um zu helfen“, betont der erfahrene Skipper und Fahrtensegler. Im Alter von 13 Jahren selbst mit dem Segelvirus infiziert, ist ihm die Ausbildung gerade der Vereinsjugend ein wichtiges Anliegen. Und auch, mit einem Vorurteil aufzuräumen: „Wir betreiben keinen Sport für Snobs, bei uns finden sie ganz normale Leute. Schließlich heißen wir Segelclub und nicht Jachtclub.“ Termin Festakt, Samstag, 1. Juni, 11 Uhr, Remigiushaus Otterstadt

Die Ludwigshafener Segler an ihrem Steg auf dem Otterstädter Altrhein in den 70er-Jahren.
Die Ludwigshafener Segler an ihrem Steg auf dem Otterstädter Altrhein in den 70er-Jahren.
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