Rhein-Pfalz Kreis Kein trockener Stoffvermittler

Hinter Trommeln und Becken fühlt sich Roland Meinhardt wohl. Das Schlagzeug ist außer der Natur seit seiner Jugend seine große L
Hinter Trommeln und Becken fühlt sich Roland Meinhardt wohl. Das Schlagzeug ist außer der Natur seit seiner Jugend seine große Leidenschaft.

«Schifferstadt.» Stichtag ist der 1. August. Ab diesem Tag ist Roland Meinhardt, Konrektor der Schifferstadter Realschule plus, offiziell in Pension. Verabschiedet wurde er schon. Nun bereitet er sich auf die schulfreie Zeit vor. Mehr Schlagzeug spielen, im Schach besser werden, reisen und die Natur erkunden will der 63-Jährige. Die Pläne stehen – auch, wenn er sich ein Leben ohne seine Schifferstadter Schule noch nicht so recht vorstellen kann.

Tschak, bumm, bumm, tschak. Es wird kurz laut im Musikraum. Roland Meinhardt trommelt spontan fürs Foto auf das Schulschlagzeug ein. Tschak, bumm, bumm, tschak. „Als ich etwa 14 war, habe ich meinen Vater so lange genervt, bis er mir eine große und eine kleine Trommel gekauft hat“, erzählt der Schifferstadter. Was er an den Trommeln drauf hat, hat er sich selbst beigebracht. „Ich habe bei Konzerten neben dem Schlagzeuger gesessen und ihm alles abgeschaut“, erinnert er sich. Die Leidenschaft fürs Instrument hat ihn nicht losgelassen. Seit 2005 spielt Meinhardt in der Band Six Favour Five, die auch bei seiner Verabschiedung aufgetreten ist – und versuchte auch immer mal wieder bei seinen Schülern den Funken fürs Schlagwerk überspringen zu lassen. „Wenn ich Vertretungsstunden machen musste, habe ich die oft unter das Thema Schlagzeug gestellt, Phil Collins’ ,Another day in paradise‘ aufgelegt und die Schüler den Rhythmus nachspielen lassen.“ Zuhören, sich auf seine Sinne verlassen, erzählt der 63-Jährige, sei etwas, das ihm sehr wichtig sei und eine Fähigkeit, die sein Leben sehr bereichert. Vor allem in seiner Liebe zur Natur. Jeden Frühling lausche er, wann er den ersten Ruf der Nachtigall, des Kuckucks oder des Pirols hört und notiert es. „Der Pirol kommt als letzter. Dann kann man getrost ,Alle Vögel sind schon da’ singen.“ Meinhardt liebt es, mit seiner Frau Margit Spaziergänge zu machen, zu lauschen, wer so in den Wiesen wohnt, mit dem Fernglas die Lebewesen wie brütende Blaukehlchen zu entdecken ohne sie zu erschrecken. Biologe ist er eben durch und durch. Und zudem Englischlehrer. 1975 hat er mit dem Lehramtsstudium in Landau begonnen, 1978 seinen Abschluss gemacht. Dass es ihn in die Pfalz verschlagen hat, erzählt der gebürtige Bruchsaler, sei seiner Ehefrau zu verdanken. Die kannte er schon vor dem Studium. Dass er sich für den Lehrerberuf entschieden hat, sei „aus heutiger Sicht aus einer gewissen Naivität heraus“ passiert, sagt Meinhardt rückblickend. Er habe immer Spaß an der Schule gehabt – „und ich dachte, dass muss anderen auch so gehen“. Nach seinem Referendariat an der Hauptschule Nord ging es nach Zwischenstationen in Waldsee und Speyer an die Hauptschule Süd in Schifferstadt. Die ersten Jahre nur auf einer halben Stelle, später wurde diese aufgestockt. 1986 zog er mit seiner Familie nach Schifferstadt. Die Pendelei bei Wind und Wetter von Landau aus sei dauerhaft nichts für ihn gewesen. Als Lehrer sei er gutmütig und ein Entertainer gewesen, habe auch mal was Lustiges in den Unterricht einfließen lassen. „Ich bin kein trockener Stoffvermittler. Ich habe verrückte Ideen, was man machen könnte.“ Ja, einige hätten ihn als streng bezeichnet. „Ich habe Leistung verlangt. Aber ich war immer fair.“ Werte, die er vermittelte, habe er auch versucht vorzuleben. „Der Vorbildcharakter ist mir wichtig.“ Bei Schüler und Kollegen sei er beliebt gewesen, da ist er sich sicher. Im Job konnte er sein Interesse für die Natur schon damals einbringen. 1987 hat er das Schulgelände mit zwei Kollegen und 60 Schülern in einer Projektwoche naturnah umgestaltet. Er pflanzte Obstbäume, legte eine Wiese an, baute Teich, Trockenmauer und sorgte für eine Fassadenbegrünung. Dinge, die zum Teil heute noch vorhanden sind. „Das war die Bewegung damals. Der Umweltbegriff war noch recht neu, es gab die Erkenntnis, dass Ressourcen begrenzt sind.“ Und, sagt er und lacht, er war mittendrin. „Mit langem Haar und Vollbart.“ Damals habe er begonnen, sich für Feldbiologie zu interessieren, für das, was auf heimischen Wiesen kreucht und fleucht. Heute sind die Haare kurz, der Bart noch da, aber gestutzt. Ruhiger sei er geworden, meint Meinhardt. Wenn auch nicht weniger leidenschaftlich. „Die Entdeckungsfreude habe ich mir bewahrt.“ Privat und beruflich greifen bei ihm im Bereich Natur eng ineinander über. Von 1995 bis 2013 war Meinhardt, der auch Mitglied bei der Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie Rheinland-Pfalz ist, gemeinsam mit Bernd Frank Umweltbeauftragter der Stadt Schifferstadt. Es sei ein bereicherndes Ehrenamt gewesen, findet er. Gerne erinnert er sich an Vogelstimmenwanderungen und andere Exkursionen in die Natur. 1995 war es auch, als er Konrektor der Hauptschule wurde. Mit seinem Chef Matthias Roth habe er immer gut zusammengearbeitet. 2009 kam der große Einschnitt: Haupt- und Realschule gingen ineinander über und wurden zur Realschule plus. „Von einer Schule mit 200 Schülern war ich plötzlich an einer Schule mit 850 Schülern. Und mit 75 statt 20 Kollegen. Das war eine Herausforderung.“ Aber: Er sei an seinen Aufgaben gewachsen. Jetzt, wo er die Schule verlässt, sei er auf dem „Höhepunkt seines Schaffens“. Und: „Wenn es am schönsten ist, soll man aufhören.“ Oder andere Dinge einfach etwas mehr vertiefen. Mehr Zeit mit seiner Familie – Ehefrau Margit und den Söhnen Felix (35) und Maximilian (31) – haben. Mehr Sport machen. Mehr Reisen. Mehr Schachspielen. Meinhardt ist Vorsitzender des Schachclubs Schifferstadt und seit Mai Geschäftsführer der Kultur-und Sportvereinigung Schifferstadt. „Aber ich will mich nicht zu sehr vereinnahmen lassen“, sagt er. „Ich will ja langfristig was haben von meinem Pensionsdasein.“ Zeit für seine beiden Enkel zum Beispiel. Und für gute Literatur, die Natur und auch das Schlagzeug. Denn auch da will er etwas besser werden. Tschak, bumm. Zur Sache Roland Meinhardts Nachfolge tritt Michael Dickerhof an. Gemeinsam mit Meinhardt sind seine Kollegen Karl Teutsch und Barbara Schwarz in den Ruhestand verabschiedet worden.

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