Ludwigshafen Isländisch inspiriert

Ein bisschen Bammel hatten sie vor ihrem Auftritt in Ludwigshafen, gestehen die beiden Sängerinnen des Hamburger Duos Poems for Jamiro. „Wir hatten schon Angst, dass niemand heute kommt – aber ihr seid ja zum Glück alle da“, freut sich Laila Nysten. Während des Konzerts plaudern sie immer wieder zwischen ihren poetischen und elektronischen Pop-Indie-Songs. Aber sie können auch ganz ohne Technik.

Die Anfahrt nach Ludwigshafen war ein Wettlauf – und zwar mit dem Riss in der Windschutzscheibe. Sie versuchten den Riss von innen mit Stickern zu kleben und schauten gespannt, wer am Ende wohl schneller ankommt: sie in Ludwigshafen oder der Riss durchs ganze Glas. Solche Anekdoten aus dem Tournee-Alltag erzählen die Sängerinnen und Multi-Instrumentalisten Nina Müller und Laila Nysten zwischen den Liedern, aber auch die Entstehungsgeschichten ihrer Songs. Seit vier Jahren macht das Duo gemeinsam Musik und hat sich bei den selbstgeschriebenen Stücken von isländischer Popmusik inspirieren lassen. Ihr zweites Studioalbum „Human“ , mit dem sie im Kulturzentrum Das Haus das Publikum begeisterten, bezeichnen sie als „musikalische Weiterentwicklung“. Zunächst als Singer/Songwriter-Duo unterwegs, sind sie mittlerweile mit einer vierköpfigen Band auf Tour. Obwohl nur zu viert auf der Bühne, klingen sie wie ein ganzes Orchester. Die 32-jährige Nina Müller spielt Keyboard und Gitarre, ihre 24-jährige Bandpartnerin Laila Nysten elektronisches Xylophon und Geige – unterstützt von den Band-Kollegen mit Schlagzeug und Bass. Ihre beiden Stimmen harmonieren im Gesang so gut miteinander, dass sie zu einer Einheit verschmelzen, obwohl sie eigentlich so unterschiedlich kraftvoll sind. Ihre gefühlvollen und teils sehr poetischen Texte, die sie auf Englisch singen, drehen sich nicht nur um Gefühle, sondern auch um die eigene Wahrnehmung, die Selbstbestimmung und politische Themen. „Bei unserem Song ,Look at the Stars’ geht es darum, dass jeder Mensch ein Recht auf ein Zuhause hat“, erzählt Nina Müller während des Auftritts. Jeder Tisch im Dôme-Saal des Kulturzentrums ist besetzt. Die Zuhörer lauschen den eingängigen Melodien und klatschen später mit, als die Sängerinnen auf Disco-Stimmung der 90er-Jahre umschalten: Erst blinken die LED-Leuchten an den Turnschuhen der studierten Musikerinnen auf, dann die Lichter im ganzen Saal. „Wir sind in den 90er-Jahren groß geworden und wollen euch jetzt auch mal unseren Lieblingssong aus dieser Zeit vorspielen“, sagen sie und spielen ihre eigene Interpretation des Backstreet-Boys-Hit „Larger than Life“ von 1999. Sie können aber auch anders: Spätestens bei der Zugabe mit einer A-capella-Version eines ihrer ersten gemeinsamen Lieder wird allen klar, dass die beiden Frauen auch völlig ohne technische Hilfsmittel auskommen, wenn es darum geht, gute Musik zu machen.

x