Ludwigshafen „Ich bin froh, dass ich nicht Jazz studiert habe“

„Anfang der 80er Jahre begann ich, mich für elektronische Musik zu interessieren“: Bugge Wesseltoft.
»Anfang der 80er Jahre begann ich, mich für elektronische Musik zu interessieren«: Bugge Wesseltoft.

Mit dem Pianisten Bugge Wesseltoft und dem Münchener Schlagzeuger Christian Prommer kommen zwei Pioniere des Nu Jazz zum Festival „Jazz and Joy“ nach Worms. Von ihrem Auftritt darf man sich experimentelles Sounddesign mit großer Improvisationslust versprechen. Vor dem Auftritt hat Bugge Wesseltoft Rede und Antwort über seine Art von Musik gestanden.

Herr Wesseltoft, wie haben Sie den Schlagzeuger Christian Prommer kennengelernt?

Es waren unsere Agenten, die uns für ein Konzert in Genua zusammengebracht haben. Das hat gleich sehr gut geklappt. Christian kannte ich schon. Er ist ein sehr guter Drummer und arbeitet viel mit Electronics. Mir gefällt, wie er Schlagzeug und elektronische Sounds, Samples und Rhythmen zusammenbringt. Mit ihm zu spielen, macht großen Spaß. Da braucht es doch viel Programmierung und Vorbereitung. Wie machen Sie das? Nein, tatsächlich gehen wir einfach raus und spielen. Die Samples und Rhythmen lassen sich heute so leicht handhaben, dass wir damit auch improvisieren können. Normalerweise fangen wir mit Drums und Keyboards an und spielen zusammen, dann bringen wir die Electronics ins Spiel. Das geht sehr spontan. Sie sind einer der Ersten, die Jazz und Electronics zusammengebracht haben. Wie hat das angefangen? Das hat sich aus meinen persönlichen Interessen entwickelt. Ich komme vom Jazz, damit bin ich aufgewachsen. Mein Vater ist Jazz-Gitarrist. Anfang der 80er Jahre begann ich, mich für elektronische Musik zu interessieren. 1984 habe ich einen Atari-Computer gekauft, weil ich von den elektronischen Sounds fasziniert war. Im Jazz hat man akustische Sounds: Piano, Saxophon, Bass, Schlagzeug, und die wollte ich dann mischen mit Synthesizern und Computern. Gerade diese Mischung finde ich bis heute interessant. Nun sind Drum-Computer und Sequenzer ja gnadenlos präzise, während Menschen durchaus Schwankungen im Timing haben. Ist es schwierig, mit Maschinen zusammenzuspielen? Nein, aber es ist richtig, dass es da zu Spannungen kommt. Aber die finde ich gerade interessant. Da ist auf der einen Seite der statische Rhythmus und auf der anderen das organische Live-Spielen. Es gibt im Zusammenspiel mehrere Faktoren. Die rhythmische Seite ist durch den Computer sehr streng organisiert, aber wir können da drumherum spielen. Dann gibt es andererseits auch die Sounds, die beim Computer sehr konkret sind. Die bilden einen Kontrast zu unseren akustischen Instrumenten. Nun gibt es im Jazz auch Puristen, die Annäherungen an Pop und elektronische Tanzmusik kritisch sehen. Wie stehen Sie dazu? Wie überall gibt es auch in der Popmusik gute und schlechte Musik. Ich versuche, offen zu sein. Jazz war ja selbst mal Popmusik. Und Jazz hat schon immer andere Genres aufgegriffen, wie etwa Latin Music oder Rock. Und solche Einflüsse werden in improvisierter Musik verarbeitet. Was für mich Jazz ausmacht, ist improvisierte Musik, das Kreativsein vor Publikum. Bei Popmusik werden halt die Songs immer gleich gespielt. Aber man kann als Jazzmusiker davon Sounds und Rhythmen aufgreifen. Und wir spielen um die Computer kreativ drumherum. Wie sind Sie dahin gekommen, frei zu improvisieren und Harmonie und Melodie aus dem Moment zu schaffen? Eine formale Ausbildung habe ich nicht – ich habe einfach immer gespielt. Mein Vater sagt, ich habe mit zwei Jahren damit angefangen. Vermissen Sie manchmal eine formale Ausbildung? Ja, ich hätte sehr gerne eine klassische Ausbildung. Die vermisse ich wirklich. Ich liebe klassische Musik, von Mozart und Beethoven bis zu zeitgenössischer Klassik. Da hätte ich gerne einen leichteren Zugang. Andererseits wäre ich vielleicht ein ganz anderer Musiker, wenn ich den klassischen Weg eingeschlagen hätte. Vielleicht hätte ich einiges von meiner Offenheit verloren und könnte nicht so improvisieren. Froh bin ich aber, dass ich nicht Jazz studiert habe. Warum? Ich habe manchmal das Gefühl, als Jazz-Akademiker ist man etwas eingesperrt, und die Musik wird formalisiert. Jazz lernt man durch Spielen, am besten mit Musikern, die besser sind als man selber. Termin Am Samstag, 18. August, um 20.15 Uhr auf dem Platz der Partnerschaft in Worms. Karten unter www.jazzandjoy.de

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