Ludwigshafen Hinter tausend Stäben keine Welt

Ein Ausflug in den Jardin des Plantes inspirierte Rilke zum „Panther“-Gedicht. Mit seiner Naturlyrik gastiert das Rilke-Projekt
Ein Ausflug in den Jardin des Plantes inspirierte Rilke zum »Panther«-Gedicht. Mit seiner Naturlyrik gastiert das Rilke-Projekt in Mannheim.

Wenn man umzieht, sind die Räume im neuen Domizil normalerweise leer. Denkste! Als meine Kollegin Nicole Sperk und ich im September die Kultur-Regional-Stelle in der Lokalredaktion Ludwigshafen antraten, öffneten wir die weiße Wand und dahinter stapelten sich Kunst-Bildbände, Jazz-CDs, Romane, Jahresprogramme, Foto-Kataloge. Eine wahre Schatzkammer. So ein Erbe übernehmen wir gerne, auch wenn kaum Zeit bleibt, darin zu stöbern. Ich will noch einen Notenständer mitbringen, um den ein oder anderen Band dort aufgeklappt zu präsentieren – Fast-Food-Kunst im Vorbeigehen. Wer ebenfalls eine Schwäche für Kunstdrucke hegt, kann sich seit Neuestem in der Mannheimer Kunsthalle einen Museumskatalog selbst zusammenstellen und als hochwertiges Buch drucken lassen: eine Erinnerung an Beeindruckendes, ein Planer für Lehrer oder als Geburtstagsgeschenk – so hofft Heiko Daniels, zuständig für die Digitale Strategie. Der Clou: An einem Tisch kann man das Buch flott gestalten, aber auch eigene Postkarten, Fotos oder Buchcover einscannen und handschriftlich kommentieren. Der Fantasie sind fast keine Grenzen gesetzt. Hopsende Yeti-Gestalten und kurdische Kugeltänze Bleiben wir noch in der Kunsthalle, denn dort mischt die Arbeitsgemeinschaft Volume V die Hochkultur mit ungewöhnlichen Aktionen auf. Sie laden zu „Arbeiter*innen-Tänzen“ von Dienstag, 19. Februar bis 24. Februar. Erst hinterfragt Marion Cziba in einer Performance täglich die Sinnhaftigkeit von Maschinen und Automaten: Wo sind Maschinen nützlich? Wo „entfähigen“ sie uns? Falls sich jemand am Samstag, 23. Februar, 15 Uhr, am Paradeplatz über hopsende Yeti-Gestalten wundern sollten: Das ist eine Prozession mit Leuten, die Masken und Tiergestalten für das Kukeri-Spiel gebastelt haben. Nach einem bulgarischen Ritual legt man symbolisch Masken ab, die man nicht mehr tragen möchte. Kurdische Kugeltänze stehen am Sonntag, 14 bis 16 Uhr, auf dem Programm. Das Programm mit allen Uhrzeiten steht unter www.kuma.art/de. Köstliche Pralinen im Felina-Areal Wie eine Schachtel Pralinen sind die „Freier Tanz im Delta“-Abende im Theater Felina, bei denen die Tanzszene ihre Projekte vorstellt: Man weiß nie, was man erwischt. An diesem Samstag, 16. Februar, 19 Uhr, und am Freitag, 22. Februar, 19 Uhr, stehen jedoch Abende mit Wiederaufnahmen der besten Stücke aus dem vergangenen Jahr an, und dadurch wissen wir: Darunter sind köstliche Häppchen! Vom sehnsuchtsvollen Warten auf lila Wolken über wild tanzende Affen bis zu einer beglückend komischen „Reise nach Jerusalem“-Spiel. Von herb bis prickelnd gibt es alles im Pralinenkasten. Ein Mal jedes, nur ein Mal Die Reprise im Felina-Areal wurde mit Fördergeldern unterstützt, denn meist können Stücke der freien Tanzszene nur wenige Male gezeigt werden. Für sie gilt – wie für alles Vergängliche – das Gedicht von Rainer Maria Rilke: „Ein Mal jedes, nur ein Mal. Ein Mal und nicht mehr. Und wir auch ein Mal. Nie wieder. Aber dieses ein Mal gewesen zu sein, wenn auch nur ein Mal: irdisch gewesen zu sein, scheint nicht widerrufbar.“ Wer mehr Gedichte hören möchte, bekommt noch Karten für das Rilke-Projekt „Wunderweiße Nächte“ am 17. Februar, 19 Uhr, im Mannheimer Capitol. Nina Hoger, Ralf Bauer und Edo Zanki lesen aus der Naturlyrik, die vom Duo Schonherz & Fleer in atmosphärische Klanggebilde übertragen wird, darunter der berühmte „Panther“. Fliegende Bücher in der Stadtbibliothek Wer nicht nur im Fernsehen erleben will, wie der Literaturkritiker Dennis Scheck humorvoll Bücher empfiehlt oder verreißt und hinter sich schmeißt, bekommt am Donnerstag, 21. Februar, 19.30 Uhr, eine Chance: In der Heidelberger Bibliothek, Poststraße 15, stellt er Druckfrisches vor. Die Kolumne Lieber ins Konzert oder in die Ausstellung gehen? Ins Musical oder zur Lesung? Das Kultur-Angebot in der Region ist groß. Worauf wir uns freuen, erzählen wir freitags in der Kolumne „Ausgesucht“.

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