Rhein-Pfalz Kreis Hinreißend komisch

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Schifferstadt. „Isch kumm zu gar nix mää“ sagt Edith Brünnler und erzählt „uff pälzisch“, warum das so ist. Im Schifferstadter Schreiwer Hais’l wurde es eng in der Stube, so viele Fans hat sie schon bei früheren Auftritten hier gewonnen. Ihre Figuren sind typisch pfälzisch, manchmal aber auch noch mehr verschroben „als wie normal“.

Edith Brünnler lässt Menschen zu Wort kommen. Ganz treuherzig lässt sie Leute erzählen, deren Sorte jeder kennt. Da ist die Hausfrau, die für die ganze Straße „Keschde“ macht, den Nachbarn dabei die Paella-Pfanne ruiniert und von so einer aufdringlichen Gutherzigkeit ist, dass man es nicht aushält. Wenn die genervten Nachbarn ihr die Haustür nicht mehr aufmachen, stapft sie eben durch den Garten und kommt „hinnerum“. Leute, die „es doch bloß gut meinen“, sind ja bekanntlich die schlimmsten. Die gibt es zwar nicht nur in der Pfalz, aber hier macht es besonderen Spaß, die geschilderten Personen in der wohlvertrauten Umgebung von Kerwe, Keschde, Feschde zu erleben. Inmitten dieser Charakterstudien gibt es auch gefühlvolle und atmosphärische Schilderungen Pfälzer Landschaften und Stimmungen. Natürlich ist der Herbst in der Pfalz die schönste Jahreszeit. Da seufzt so mancher im Publikum und denkt an die Genüsse, die es hier zu erleben gibt. Was die Leute sagen oder denken könnten, wie man sich selber in das rechte Licht rückt, wie man sich über andere das Maul zerreißt – das kann Edith Brünnler in hinreißend komischen Monologen lebendig werden lassen. Die Leute, die sie dann reden lässt, sind nicht immer sympathisch. Da gibt es eine Frau, die sich nie bedankt und alle anderen Menschen für undankbar hält. Das ist eine Charakterschilderung, die schon ziemlich ins Psychologische reicht – man kann viel darüber nachdenken, warum jemand so wird. Aber zugleich bleibt die Geschichte leicht und lustig, und die Zuhörer können gar nicht anders, als über diese Verschrobenheiten lachen. Manchmal treibt die Autorin ihre Figuren ins Absurde: Da wird der Weihnachtsschmuck des Hauses in ganz großem Stil aufgefahren. Und am Ende donnert aus den Boxen auf dem Dach „Stille Nacht“ mit 130 Dezibel durch die Straße. Die gesamte Weihnachtsszene mit Krippe und Hirten hat der Weihnachtsfan auf den Rücken tätowiert – „un’ mei Arschgeweih vun frieher is jetzt en Schlitte ...“ Auch der Weihnachtswettbewerb ist eine witzige Idee. Da versuchen die Familienmitglieder, sich gegenseitig zu übertrumpfen mit den teuersten Geschenken, den größten Familientreffen oder den meisten zurückgelegten Kilometern bei Verwandtenbesuchen. Der Weihnachtsmann ist jetzt vernetzt und an jeder Tanne erreichbar, aber Knecht Ruprecht wurde wegrationalisiert. Der Schlitten hat GPS, der Weihnachtsmann muss alles selber machen – und die Kinder denken, er sei der Paketbote von Amazon. Kein Wunder, dass der arme Heilige dem Glühwein zuspricht. Die Autorin wurde 1953 im Ludwigshafener Hemshof geboren und ist dort aufgewachsen. Nach dem Abitur lernte sie den Beruf der mathematisch-technischen Assistentin und arbeitete bis zu ihrem Ruhestand in der IT-Branche. Geschrieben hat sie schon als Kind kleine Gedichte und Geschichten, später auch Büttenreden. Im Mundartwettbewerb Dannstadter Höhe hat sie bereits mehrere Preise gewonnen. Brünnlers Bücher gibt es gereimt und in Prosa, in Mundart und auf Hochdeutsch beim Schreiwer Hais’l in der Lillengasse 5.

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