Rheinpfalz Heidelberg: Titel als Waldhauptstadt

14 Schneisen mit herrlichen Ausblicken kann der Heidelberger Förster Andreas Ullmann in seinem Revier bieten. Hier steht er am s
14 Schneisen mit herrlichen Ausblicken kann der Heidelberger Förster Andreas Ullmann in seinem Revier bieten. Hier steht er am sogenannten Schlossblick, der bei Dunst allerdings getrübt ist.

Das Schloss, die Universität, die Alte Brücke oder die Altstadt fällt einem bei der Neckarstadt ein. Dass dort aber auch der Wald eine nicht unwesentliche Rolle spielt, dürfte eher wenigen geläufig sein. Das könnte sich nun ändern, trägt Heidelberg in diesem Jahr doch den von einer Organisation vergebenen Titel Waldhauptstadt 2018.

«Heidelberg.» Wer in der Heidelberger Altstadt unterwegs ist, kann ja mal, anstatt nach Geschäften, Cafés oder schmucken Altbauten Ausschau zu halten, den Blick über die historischen Dächer schweifen lassen. „Man sieht eigentlich von überall immer wenigstens ein Stückchen Wald“, sagt Andreas Ullmann. Der 55-Jährige muss es wissen, schließlich ist er Ur-Heidelberger. Aber nicht nur das verbindet ihn mit dem Wald auf den Hängen rings um die Stadt. Für rund 1100 Hektar davon ist er als Leiter des Forstreviers Heidelberg-Handschuhsheim auch maßgeblich zuständig. Es ist also ein großer, schöner und in aller Regel recht ruhiger Arbeitsplatz mit Vogelgezwitscher, den Ullmann hat. Was aber keinesfalls heißt, dass der Förster-Job zum Müßiggang einladen würde. Ganz im Gegenteil. Mit Romantik, wie man das gerade in Heidelberg vermuten könnte, hat das wenig zu tun. So vielfältig wie die Funktion des Waldes, so vielfältig sei auch seine Tätigkeit, sagt der Revierleiter. Und damit man versteht, was das heißt, zählt er die drei Funktionen des Waldes auf: Erstens solle der Forst als Nutzwald Einnahmen generieren, zweitens Ort der Erholung für die Bevölkerung sein und drittens habe der Wald auch eine Schutzfunktion, etwa hinsichtlich der Qualität des Wassers, als Lärm- oder auch als Erosionsschutz.

Hiebplan als eine Hauptaufgabe

Entsprechend gestaltet sich die Arbeit des Revierleiters und seiner, im Revier Handschuhsheim, vier forstwirtschaftlichen Mitarbeiter. Als eine seiner Hauptaufgaben bezeichnet Ullmann dabei das Erstellen des jährlichen Hiebsplans. Im dem werde festgelegt, welche Bäume im Winterhalbjahr wo im Revier gefällt werden sollen. Eine Arbeit, die nicht nur gemacht werde, um Geld zu verdienen, sondern auch und vor allem, um das Ökosystem in der Balance zu halten. „Ich darf dem Wald nur so viel wegnehmen, wie nachwächst“, sagt der Förster, der seit 1994 in dem Revier tätig ist. Und: „Ich darf das nicht nur, ich muss das auch machen.“ Aktuell belaufe sich der Holzeinschlag im gesamten Heidelberger Stadtwald mit seinen 3300 Hektar auf rund 24.000 Festmeter. Daneben spiele im städtischen Forst die Erholung eine besondere Rolle. Spaziergänger, Wanderer, Mountainbiker – sie alle wollten hier ihre Ruhe oder ihren Kick finden. Entsprechend brauche es Wege und auch „Attraktionen“, wie Ullmann das nennt. Generationen von Förstern und Waldarbeitern hätten dafür über gut ein Jahrhundert eine gute Grundlage geschaffen. So verfüge der Heidelberger Stadtwald über rund 90 Laufmeter Wege pro Hektar. „Das ist für den Laien eine wenig griffige Bezeichnung, aber es sind sehr viele Wege“, sagt der Revierleiter. Entlang dieser fänden sich alte Wegsteine und Brunnen, neuere Schutzhütten und Aussichtspunkte. „Wer hier unterwegs ist, sieht alle paar Meter etwas anderes“, betont Ullmann.

Verschiedene Attraktionen

Und dann sind da noch die Attraktionen, zu denen etwa das Märchenparadies am Königstuhl gehört, der Kohlhof oder auch der Heiligenberg in Ullmanns Revier. Auf der 440 Meter hohen Erhebung haben Kelten, Römer, Merowinger, mittelalterliche Mönche und mit der Thingstätte auch die Nationalsozialisten ihre Spuren hinterlassen. All das gilt es zu pflegen und verkehrssicher zu halten. „Wenn irgendwo im Wald eine Bank steht, ist es unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass einem Besucher dort kein Ast auf den Kopf fallen kann“, erläutert Ullmann. Und nicht zuletzt ist es dem 55-Jährigen wichtig, die Vielfalt des Waldes zu erhalten und auch sichtbar zu machen. Wenn beispielsweise ein Baum eine Besonderheit im Wuchs aufweise, „dann belassen wir das auch so“, sagt Ullmann. Und wenn möglich, werde diese Markanz sogar noch herausgestellt, „etwa indem wir diesen Baum möglichst freistellen“. Letztlich sei es seine Aufgabe, bei allem, was er tue die drei Funktionen des Waldes im Blick zu haben, nichts isoliert zu betrachten. Dass ihm das, seinen Kollegen in den beiden anderen Heidelberger Revieren und ihren Vorgängern offenbar sehr gut gelungen ist und weiterhin gelingt, dafür spricht der imageträchtige Titel Waldhauptstadt, mit dem sich die Stadt in diesem Jahr schmücken darf und der das vorbildliche Engagement bei der Bewirtschaftung des Stadtwaldes würdigt. Vergeben wird der Titel von der Organisation PEFC, einer Art weltweitem Wald-Tüv. Heidelberg hat sich um diesen Titel beworben, bereits zum zweiten Mal. 2017 noch war die Stadt dem sauerländischen Brilon unterlegen, das mit 7750 Hektar auch deutlich mehr Wald hat als die Neckarstadt. „Natürlich freuen wir uns über den Titel“, sagt Ullmann stellvertretend für alle, die im und für den Heidelberger Stadtwald tätig sind. „Schließlich ist das eine Bestätigung unserer tagtäglichen Arbeit.“ Neu sind gute Noten für den Forst der Stadt indessen nicht. Bereits seit 2001 bescheinigt PEFC Heidelberg eine nachhaltige Nutzung des Forsts, seit 2015 zudem, dass der Stadtwald alle Merkmale eines Erholungswaldes erfüllt. „Und all diese Qualitätssiegel haben wir bekommen, ohne dass wir zuvor irgendetwas an der Bewirtschaftung unseres Stadtwalds geändert hätten“, betont der Förster. Mehr guter Wald scheint also kaum mehr möglich.

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