Rheinpfalz Hauptsache laut

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Mannheim. 546 Fahrzeuge hat die Mannheimer Polizei in den vergangenen Wochen kontrolliert. Davon sind 151 aus dem Verkehr gezogen worden – oder anderes gesagt –, die Betriebserlaubnis ist erloschen. Polizei und Stadt fühlen sich in ihrem Vorgehen gegen sogenannte Poser bestätigt. Unter einem Mitglied dieser Szene verstehen die Behörden in diesem Zusammenhang eine Person, die ausnahmslos männlich ist und Gefallen daran findet, mit für teilweise viel Geld aufgemotzten und vor allem lauten Autos an exponierten Stellen der Stadt anzugeben. Die konsequenten Kontrollen zeigen offenbar Wirkung. Schon seit Langem beklagen sich Anwohner der Mannheimer Innenstadt über den unerträglichen Lärm. der von den jungen Männern ausgeht. Die City Rundstrecke Paradeplatz-Kunststraße-Friedrichsring-Wasserturm-Fressgasse-Paradeplatz hatte sich zu einer regelrechten „Poser-Meile“ entwickelt. Dabei lieferten sich die jungen Leute keine Rennen. Worum es eigentlich ging, erklärt Polizeidirektor Dieter Schäfer so: „Das Motto war breit und vor allem laut.“ Sein Bericht war vor wenigen Tagen Thema im Gemeinderat-Ausschuss für Sicherheit und Ordnung. „Mit dem Lärm spezieller Auspuffanlagen wurde den Anwohnern das Leben zur Hölle gemacht. Mit normalen Geschwindigkeitskontrollen sind wir der Lage nicht Herr geworden“, räumt Mannheims für Ordnung und Sicherheit zuständiger Erster Bürgermeister Christian Specht (CDU) ein. Mit einem neuen Konzept ging die Polizei daher gegen das Problem vor und erlebte eine Überraschung. „Unser Irrglaube war, dass wir es mit rechtlich zugelassenen Autos zu tun hätten. 90 Prozent waren jedoch manipuliert worden“, berichtet Schäfer. Teilweise seien Löcher in die Auspuffanlagen gebohrt worden. Verwendete Soundmaschinen gaben zudem per Lautsprecher ein simuliertes, lautes Motorengeräusch ab. Eingebaut worden seien auch teure technische Anlagen aus dem Zubehörhandel, mit denen der Fahrer auf Knopfdruck Klappen im Auspuff öffnen und die Lautstärke des Motors so erheblich habe steigern können. Spitzenwerte lagen bei 138 Dezibel, was der Lautstärke eines Düsentriebwerks entspricht. Der nachträgliche Einbau dieser Anlagen sei inzwischen verboten, betont der Projektleiter bei der Mannheimer Polizei. Zunächst sei im August mithilfe vieler Hinweise aus der Bevölkerung eine Datensammlung zu den „Posern“ angelegt worden. Vom 12. bis 30. September kontrollierten dann Spezialisten der Verkehrspolizei bis 2 Uhr morgens. „Geblitzt haben wir dabei auch einen Maserati mit Tempo 124 auf dem Ring“, sagt Schäfer. 50 Stundenkilometer sind dort übrigens erlaubt. Eine abschreckende Wirkung hat es für die jungen Männer vor allem, wenn die Betriebserlaubnis erlischt. Denn dann können auf die Betroffenen leicht Kosten von mehr als 1000 Euro zukommen. Auch 36 an „Poser“ verschickte Warnungen hätten bisher gewirkt. Die Polizei habe nun die Instrumente, um wieder auftauchende Probleme schnell in den Griff zu bekommen, versichert der Polizist. „Die aus rund 500 Personen bestehende Gruppe der ,Poser’ ist jung, männlich und hat zu 70 Prozent einen Migrationshintergrund“, sagt er. Drogenmissbrauch sei nicht im Spiel. Es gehe den Männern darum, Bestätigung zu finden und das Selbstwertgefühl zu stärken. Manche haben laut Schäfer für das Leasing ihres teuren BMW oder Mercedes AMG ihr ganzes Geld ausgegeben. Fast die Hälfte der Autofahrer kam dabei aus dem Umland. „Mannheim war das Poser-Zentrum der Region“, sagt Specht. Im Rathaus seien bereits viele Dankes-E-Mails von Anwohnern und Geschäftsinhabern der City eingegangen.

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