Ludwigshafen Gute Laune im Liegestuhl

Poetischer Gossenslang: Faber in der Alten Feuerwache.
Poetischer Gossenslang: Faber in der Alten Feuerwache.

Faber – ein Name, der wohl nur eingefleischten Kennern der Indie- und Alternative-Musikszene bekannt sein dürfte. In und um Mannheim scheint die Szene aber ihre Fans zu haben, waren zum Auftritt des Schweizer Musikers in der Alten Feuerwache in Mannheim doch so viele Zuhörer gekommen, dass die Bude rappelvoll war.

„Wer tritt denn heute auf?“, fragt ein älterer Herr eine Studentin, die in der langen Schlange vor der Alten Feuerwache steht. Auf deren Antwort schüttelt der nur den Kopf und geht weiter. Kein Wunder: Faber, der Schweizer Lockenschopf, der eigentlich Julian Pollina heißt, ist noch nicht so lange im Musikgeschäft. Voriges Jahr erschien sein Erstlingswerk „Sei ein Faber im Wind“, das es aber gleich in die Top 20 der deutschen Albumcharts schaffte. Seitdem reitet der 23-Jährige, dessen Vater der italienischstämmige Sänger Pippo Pollina ist, auf einer kleinen Erfolgswelle und spielt ein ausverkauftes Konzert nach dem anderen. Sein Erfolgsrezept ist mit dem der Kölner Band AnnenMayKantereit zu vergleichen: Wie bei deren Sänger Henning May klingt Fabers Stimme, als hätte er schon etliche Jahrzehnte mit Whiskey und Zigaretten durchzechte Nächte hinter sich. Tatsächlich ist Faber aber erst 25 Jahre jung, gibt sich aber auch in seinen Texten gerne mal als Mann aus, der schon über massig Lebenserfahrung verfügt. Gemeinsam mit seinen tadellos aufspielenden Mitstreitern der Goran Koc y Vocalist Orkestar Band zaubert er das Gefühl eines entspannten Roadtrips in die Alte Feuerwache. Denn der Singer-Songwriter wirkt wie ein rastloser Hund, der über die vielen Stationen seines Lebens singt. Lieder, die mal voll nach vorne gehen, mal eine opulent balladeske, fast theatralisch anmutende Stimmung in sich tragen. Faber spielt nicht nur mit allerlei Genres, sondern spiegelt auch textlich allerlei Kontraste wider. So stehen gesellschaftskritische Themen in einer Reihe mit poppigeren Gute-Laune-Songs, die einfach nur vom Alltag eines jungen Mannes erzählen, mit all seinen Herzschmerz- und Erwachsen-werden-Problemen. Seine Lieder tragen Titel wie „Wem du’s heute kannst besorgen“ oder „Brüstebeinearschgesicht“, und darin besingt er Liebe, Lust und Triebe – und schockiert mit Wörtern wie „Sexszenen“ und „tits seh’n“. Faber verpackt einen Gossenslang auf poetische Weise und hat ein Händchen fürs Timing. Jeder Akkord, jede Silbe – alles sitzt perfekt und entfaltet so eine anziehende Kraft, der man sich kaum entziehen kann. So tanzt, klatscht und singt das Mannheimer Publikum munter fast von Anfang bis zum Ende mit und zelebriert dabei auch die gesellschaftskritischen Lieder, die mal den Konsumhype demontieren („Es könnte schöner sein“) oder aber das Thema Flucht schonungslos kommentieren: „Ich schaue euren Schlauchbooten beim Kentern zu, im Liegestuhl am Swimmingpool am Mittelmeer“ singt Faber in „Wer nicht schwimmen kann, der taucht“. Und zeigt dabei, dass man kritischen Gedanken durchaus nicht nur in melancholische Rhythmuskleider packen muss. Stattdessen lässt er Bläser und Streicher zum Einsatz kommen, um eine muntere Mitschunkel- und Hüpforgie zu veranstalten. Am Ende ist das Publikum mindestens so durchgeschwitzt wie Faber selbst – und glücklich bei diesem vor musikalisch-bunten Funken sprühenden Konzert dabei gewesen zu sein.

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