Rhein-Pfalz Kreis Grand Malör wird 30 Jahre alt: „Das machste nur, wenn du bekloppt bist“

Zum Wohl! Fünf von sieben Malörs sind zum Geburtstagsplausch gekommen. Hinten von links: Kai Sauer, Michael Elsässer und Bernd B
Zum Wohl! Fünf von sieben Malörs sind zum Geburtstagsplausch gekommen. Hinten von links: Kai Sauer, Michael Elsässer und Bernd Binar. Auf der Bank haben Dirk »Schlosser« Himmighöfer und Steffen Drayß Platz genommen. Es fehlen Jörg Landeck und Fabian Müller. Passend zum Jubiläum sagt Frontmann Drayß: »Wir sind alle 30 Jahre alt.«

Ein Konzert von Grand Malör verspricht Party und einen spaßigen Abend. Und ein Treffen mit den Musikern ist eine gesellige Runde. Mit Rieslingschorle und vielen Anekdoten. Da kommen einige zusammen – schließlich gibt es die Band nun seit 30 Jahren. Ein Gespräch über Routinen, Überraschungen und umgangene Auftrittsverbote.

Meine Herren, wie schafft man es, 30 Jahre durchzuhalten?
Dirk „Schlosser“ Himmighöfer (lacht): Gute Frage, keine Ahnung.

Steffen Drayß: Für mich ist das kein Durchhalten.

Kai Sauer: Es ist bei allen der Spaß an der Musik, der uns antreibt. Wir machen das ja nicht wegen des Geldes. Wenn man da oben auf der Bühne steht und die Menschenmenge tobt, gibt es kein schöneres Gefühl.

Wie viel Aufwand ist so eine Band, den keiner sieht?
Drayß: Unabhängig davon, was auf der Bühne passiert, kostet es viel Zeit und Nerven. Und auch wenn wir ziemlich bekannt sind, müssen wir uns immer im Gespräch halten.

Bernd Binar: Es ist eine komplette Lebenseinstellung. Keiner von uns könnte einfach mal so fünf oder sechs Wochen in Urlaub fahren. Oder wenn einer von uns bei der Arbeit morgen nach München versetzt wird, das geht nicht. Dann ginge es mit der Band nicht weiter. Sie ist ein ganz essenzieller Teil unseres Lebens.

Wie holt man den Arbeitgeber, die Familie mit ins Boot?
Drayß: Bei mir war Grand Malör schon vor der Familie da, sogar schon vor meiner Frau, obwohl wir schon seit 28 Jahren zusammen sind. Mein Arbeitgeber hat sich verändert, aber da habe ich immer mit offenen Karten gespielt. Geht ja auch gar nicht anders in Zeiten von Social Media. Es sieht ja jeder, was man so treibt am Wochenende.

Herr Binar, Sie lebten eine Zeit lang in Köln. Da waren die ganzen Auftritte vermutlich eine Herausforderung.
Binar: Ich bin jedes Wochenende gependelt. Das machste auch nur, wenn du bekloppt bist. Ich bin wahrscheinlich der einzige Kölner, der die Stadt als bekennender Jeck zu Karneval verlassen hat, um im Süden auf einer Karnevalsveranstaltung Musik zu machen. Das kannste keinem erzählen.

Ist es heutzutage schwieriger, ein Konzert voll zu bekommen? An jedem Wochenende gibt es an so vielen Orten etwas zu feiern ...
Binar: Früher gab es vielleicht nicht so viele Veranstaltungen. Dafür gab es auch nicht die Möglichkeiten, über Facebook Werbung zu machen und in zehn Minuten unfassbar viele Menschen zu erreichen.

Drayß: 1996, bei unserem ersten eigenen Open Air, war das alles ein bisschen einfacher. Da hatten wir große Banner an der Autobahn. Das reicht heute nicht mehr. Facebook ist Fluch und Segen, wenn man auf einen Blick für den Samstag 17 Veranstaltungen vorgeschlagen bekommt. Es ist schwierig, sich da hervorzuheben.

Binar: Wir spielen jedes Jahr 25 bis 30 Konzerte. Und meistens ist volle Hütte. Ich weiß selbst nicht, warum. Die Leute kommen einfach. Es ist ja nicht so, dass wir jedes Mal das Rad neu erfinden und ein komplett neues Programm spielen.

Drayß: Der Trend, zu einer Cover-Band zu gehen, ist noch da. Aber er ist nicht mehr so groß, wie er mal war. Spannend bei Grand Malör ist, dass das Publikum so sehr durchmischt ist. Wir haben ganz junge dabei – und zugleich deren Eltern und deren Eltern. Das finde ich stark, auch weil wir ja auch ein bisschen älter geworden sind. Obwohl man es uns nicht ansieht.

Ist das Generationenübergreifende ein Erfolgsgeheimnis von Grand Malör?
Binar: Auch heute kommen noch 16-Jährige zu uns. Am Hochdorfer Musikfest sind die ersten zehn Reihen voll mit jungen Leuten.

Drayß: Sie kennen uns über ihre Eltern. Das waren junge Leute, als wir in einem attraktiven Alter für sie waren. Und die Kids haben mitbekommen: Da ist Stimmung, da ist Spaß.

Wie macht ihr Stimmung?
Drayß: Wir arbeiten vom ersten bis zum letzten Song mit dem Publikum. Wir versuchen, die Stilrichtungen abzuwechseln, sodass jemand, der keine Neue Deutsche Welle mag, keine acht Lieder warten muss, bis der Block vorbei ist. Teilweise sind die Wechsel krass, ja, aber was könnte nach Rammstein besser passen als Time of my Life oder ein Trompetenecho. Da schunkeln die Rocker und die Omas schwingen die Handtaschen.

Ist es Routine, wenn sich der Jahreskalender wiederholt?
Binar: Tatsächlich sind es die Routine-Sachen, die wir unbedingt spielen wollen. Da sprechen wir vom Wurstmarkt oder vom Hochdorfer Musikfest. Das sind Höhepunkte im Jahr. Weil es immer geil ist. Es ist positive Routine.

Sauer: Und trotzdem kitzelt das Neue. Vor zwei Jahren waren wir das erste Mal auf dem Altriper Fischerfest. Wir kamen mittags hin, ein riesiges Areal, da standen vielleicht 500 Bierzelt-Garnituren. Es war alles leer. Und abends waren da plötzlich 2000 Menschen auf dem Platz, die auf den Tischen und Bänken stehen. In dem Jahr war das für mich der beste Auftritt überhaupt. Weil wir ohne Erwartungen hin sind.

Binar: Oder die Hellerhütte bei Neustadt. Die Leute müssen da hoch laufen in den Wald. Da kommt doch keine Wutz vorbei, dachte ich, außer vielleicht ein paar bekloppte Wanderer. Und jedes Jahr ist das Ding rappelvoll. Mega.

30 Jahre Grand Malör – was waren die Anfänge?
Drayß: Angefangen hat es mit der Blaskapelle Assenheim. Da waren einige von uns aktiv. Wir haben uns zusammengetan in einer kleinen Besetzung. 1989 beim Dorffest haben die Assenheimer Vereine etwas vorgetragen. Wir waren dabei.

Schlosser: Grandios war das!

Drayß: Wir haben das Assremer Dorffestlied komponiert. Die Leute haben gegrölt. Die Gruppe nach uns wollte kaum einer mehr hören. Da war der Band-Gedanke geboren.

Wie ging es weiter?
Drayß: Ein paar von uns waren auf dem Wachenheimer Weinfest unterwegs und dachten sich: Vor der Kirche zu spielen, das wäre schon schön. Da würde jeder von uns Geld bezahlen, damit wir dort spielen dürfen. Und Ur-Malör Dieter Orth hat einfach jemanden vom Tennisverein angequatscht. So kam ein Auftritt an einem Sonntag zustande. Nur hat sich sonntags niemand von denen daran erinnert. Dann haben wir gesagt: Hopp, wir spielen, und wenn es euch nicht gefällt, zieht ihr den Stecker. Aber trotz Regen sind die Menschen stehen geblieben. Der Auftritt hat Eindruck gemacht.

Was waren die ersten Meilensteine?
Sauer: Im Jahr drauf wollten wir wieder in Wachenheim spielen. Mit Gage – aber der Tennisverein wollte nichts bezahlen. Über Beziehungen sind wir auf der Wachtenburg gelandet. Nur: Dort war zu dieser Zeit nichts los.

Drayß: Ich dachte nur: Mist. Das Fest ist unten und wir spielen oben. Aber es hat sich herumgesprochen. Ein Jahr später war da oben die Hölle los – und wir bekamen Auftrittsverbot. In der RHEINPFALZ stand, dass Bands mit einem Bekanntheitsgrad von Grand Malör nicht mehr auf der Burg spielen dürften – aus Sicherheitsgründen.

Man munkelt, Grand Malör wäre dennoch aufgetreten ...
Schlosser (lacht lauthals los): Da ist jemand vorbereitet.

Drayß: Ja. Jahre später haben wir uns Nightcaps genannt. Ich habe die meisten Ansagen auf Sächsisch gemacht. Wir hatten Schlafmützen auf und Sonnenbrillen. Dazu T-Shirts und Plakate. Natürlich hat sich herumgesprochen, wer wir sind.

Weitere Anekdoten?
Drayß: Wir wollten unbedingt auf dem Wurstmarkt in Bad Dürkheim spielen. Ich habe Inge Hamel, die Betreiberin des großen Hamel-Zelts angerufen. Sie kannte uns nicht und sagte nur: „Wer wird denn gleich nach den Sternen greifen?“ Wie frech sind wir denn und wollen direkt in das größte Zelt? Witzigerweise hat die Wirtin des Nachbarzelts uns im Jahr darauf angefragt, damit wir montags spielen. Und dann war es so, dass in diesem Zelt mehr die Post abging als beim Hamel. Jahre später hat mich Frau Hamel angerufen – ohne zu wissen, wer ich war – und wollte uns buchen. Ich begrüßte sie mit ihrem Worten: „Wer wird denn gleich nach den Sternen greifen?“ Seither ist der Abschluss-Montag auf dem Wurstmarkt eine Institution.

Wie oft hat sich die Band in 30 Jahren verändert?
Drayß: Vier von uns sieben sind Gründungsmitglieder. Der fünfte ist auch schon seit 18 Jahren dabei, der nächste seit 15 und unser jüngster seit fünf Jahren.

Wie oft kam es vor, dass jemand die Band verlassen hat?
Drayß: Am Anfang hatten wir noch einen Saxofonisten und einen Akkordeonspieler. Aber als es Band-Formen angenommen hat, waren die relativ schnell raus. Früher hatten wir auch einen zweiten Keyboarder. Es kommt immer wieder vor, dass jemand merkt, dass es ihm zu viel wird – oder auch, dass es menschlich vielleicht nicht ganz passt. Die Position eines Gitarristen war recht häufig vakant. Viele von uns können auch eine Gitarre in die Hand nehmen. Vor einigen Jahren haben wir das Profil von Grand Malör ein bisschen geschärft. Das war das erste Mal, dass wir versucht haben, Ordnung in unser Chaos zu bringen. Seither lassen Bernd und ich die Gitarre weg, wir singen nur noch und konzentrieren uns auf das Publikum. Wir haben auf der Bühne eine Formation. Früher hat einfach jeder mitgeklampft. Im blödesten Fall haben gleichzeitig vier Gitarren gespielt. Das sieht vielleicht gut aus, hört sich aber nicht gut an.

Wie hat sich die Feier-Kultur auf den Festen in den Jahrzehnten verändert?
Drayß: Wir dürfen nicht mehr so lange spielen. Früher waren das wirklich Marathons, da mussten sie uns um halb drei stoppen. Heute gibt es öfters mal irgendjemanden, der direkt die Polizei ruft, wenn man mal eine Minute zu lange spielt.

Binar: Die Lautstärke-Regelung ist auch ein Thema. Das merkt man schon. Wenn man nicht Vollgas geben kann, spürt es das Publikum.

Sind diese Entwicklungen bedauerlich?
Binar: Nein. Natürlich kann man immer bis zwei, halb drei spielen, bis die letzten gehen. Man findet immer jemanden, der noch mitmacht. Andererseits hören wir jetzt auf, wenn es am schönsten ist.

Drayß: Ich muss es noch lernen. Wenn es läuft, mache ich gerne weiter. Aber für Band und Publikum ist es definitiv geiler, wenn man zu einem guten Zeitpunkt aufhört. Wenn man eine Veranstaltung nach und nach leer spielt, macht das keinen Spaß. Man sollte beseelt nach Hause gehen, mit dem letzten Lied im Ohr.

Wie oft muss man sich in 30 Jahren neu erfinden?
Drayß: Wir sind aus jeder Fast-Krise gestärkt hervorgegangen. Mit Dieter Orth hat uns 2001 das Zugpferd, der Organisator und Frontmann verlassen, bei dem wir auch geprobt hatten. Da dachten wir: Jetzt ist Schluss. Dann haben wir uns einen Container gekauft und sind mit neuem Elan ans Werk. Grand Malör ist eine Mischung aus Neuem und Kult. Dazu gehört zum Beispiel, dass wir nicht irgendein Lied von der Liebe spielen, sondern DAS Lied von der Liebe: Ti amo.

Was braucht ein Song, um bei Grand Malör zu landen?
Binar: Früher konnte man schauen, was in den Charts oben steht, was der Sommerhit war. „Despacito“ zum Beispiel. Inzwischen halten sich die Songs nicht mehr so lange in den Top 20. Die Menschen brauchen aber lange, bis sie einen Song akzeptieren und gelernt haben. Wir brauchen Lieder, die die Massen bewegen. Und nicht solche, die die Leute in musikalischer Früherziehung weiterbilden. Bei „Major Tom“ brennt heute noch die Bude.

Drayß: „Cordula Grün“ zum Beispiel haben wir früh als Hit identifiziert. Jetzt ist er groß, vor ein paar Monaten haben wir noch in die fragenden Augen von Assenheim geblickt. Rammstein füllt die Stadien, wir haben „Deutschland“ ins Programm genommen. Aber das kennen nur eingefleischte Fans. „Engel“ hingegen ist schon älter, aber jeder singt mit.

Mal angenommen, irgendwann ist Schluss mit Grand Malör. Was wäre das letzte Lied auf der Bühne?
Alle: „Schweben“, wie immer. Unser eigenes Stück. Ganz klar.

Wohin geht die Reise von Grand Malör in den nächsten 30 Jahren?
Drayß: Wir lassen uns treiben und wollen weiter gute Auftritte bekommen. Ein geheimes Ziel von mir ist, mal auf dem Münchener Oktoberfest zu spielen. In so einem riesigen Festzelt, das wär’ mal was.

Schlosser: Hast du doch schon.

Drayß: Aber da bin ich von der Security rausgeschmissen worden.

Aufklärung, bitte.
Drayß: Wir waren mit der Band auf der Wiesn und haben einfach mal Trompete und Gitarre mitgenommen. Und irgendwann haben wir uns auf die Bühne geschlichen – und von der Brüstung herunter ein bisschen Trompete gespielt. Gut, wir hatten auch schon ein kleines Bier getrunken. Dann wurde ich von zwei freundlichen, jungen Männern nach draußen begleitet.

Zur Sache: Open-Air-Konzert zum großen Jubiläum

Kurz vor dem Fest verabschiedet sich der Chef. Um 2.15 Uhr in der Nacht musste Steffen Drayß vor wenigen Tagen zum Flughafen, bis 1 Uhr hat er für die Grand-Malör-Geburtstagsparty gerödelt, schreibt er aus seinem Urlaub. Damit er gut erholt ist, wenn es am Samstag, 27. Juli, auf dem Winkelhof in Assenheim rund geht. In ihrem Heimatort haben die Malörs schon 1996 ein großes Benefiz-Konzert gegeben, 32.000 D-Mark kamen damals zusammen. Nun hat sich die Band für das Open Air wieder einiges vorgenommen. „Es wird der Hammer“, sagt Drayß. Als Gäste haben sich die Anonyme Giddarischde angekündigt. „Ein Ritterschlag für jede Veranstaltung“, sagt Drayß. Außerdem spielen die Malör-Freunde der Band Hossa. Der gesamte Erlös geht an wohltätige Zwecke. Einlass ist ab 18 Uhr, los geht es um 19 Uhr. Tickets kosten 13 Euro. Vorverkauf bei:

Bauzentrum Mayer & Ruppert, Ludwigshafener Straße 2, Hochdorf-Assenheim

Kärcher Center, Im Weichlingsgarten 2A, Hochdorf-Assenheim

Post-Filiale, Bahnhofsplatz 1, Böhl-Iggelheim

Aus alten Zeiten: Grand Malör war Top-Act bei der Silvester-Party in Ludwigshafen zum Jahrtausendwechsel.  Foto: Kunz
Aus alten Zeiten: Grand Malör war Top-Act bei der Silvester-Party in Ludwigshafen zum Jahrtausendwechsel.
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