Rhein-Pfalz Kreis Gesellschaft genau im Blick

Alle Sieger gemeinsam auf der Bühne. Vorne holt sich Franz Schlosser den Publikumspreis von Bürgermeister Stefan Veth ab.
Alle Sieger gemeinsam auf der Bühne. Vorne holt sich Franz Schlosser den Publikumspreis von Bürgermeister Stefan Veth ab.

«Dannstadt-Schauernheim.» Diese Worte der eigenen Eltern dürften die meisten Menschen schon mal gehört haben: Wenn Du in der Schule keine guten Noten bekommst, wirst du wie ... . Die Lücke lässt sich mit Beispielen vermeintlich am Leben gescheiterter Personen aus dem persönlichen Umfeld beliebig füllen. Eine solche Episode, wie sie sich in mancher Kindheit zugetragen hat, bildet die Grundlage für den Prosatext „De Schdrooßekehrer Schdalder“ von Bärbel Philippi aus Plaidt. Sie tritt zum ersten Mal bei einem Mundartwettstreit an und gibt kaum am Rednerpult angekommen sofort zu: „Mei Herz kloppt grad gewaltisch.“ Macht aber nichts. Der Vortrag im sehr gut besuchten Zentrum Alte Schule gibt die Begegnung des titelgebenden Straßenkehrers mit dem Sohn eines Arztes, der in der Fruchtmarktstraße residiert, so treffend wieder, dass es dem Zuhörer leicht fällt, die Szene vor dem inneren Auge ablaufen zu lassen – so als wäre er vor Ort dabei. Dem Straßenkehrer fällt selbstverständlich auf, dass der Junge ihn „vun alle Seide aus bedrachd un beobachd“. Als der Kleine verrät, dass er der Sohn des Mediziners ist, zählt er schnell eins und eins zusammen. „Hasche in de Schul ned gelernd un geschdern e schlechdie Nood mid heem brung? [. . . ] Un dann had dei Babba zu der gesaad, wenn de ned lerne dädschd un nur schlechde Node mid heem bringschd, wersche genauso e Schdrooßekehrer wie de ald Schdalder? Un had der uffgedrah, dasse misch mo angugge solschd“, schlussfolgert er richtig. Doch der Mann entpuppt sich als schlagfertig und dreht den Spieß um. Sein Vater, erklärt er dem Schüler, wisse, dass keine Patienten mehr zu ihm in die Praxis kämen, würde er nicht jeden Tag den Dreck vor dieser wegkehren. Und dann müsse sein Papa ebenfalls als Straßenkehrer arbeiten. Deshalb habe er, Stalter, sich gleich für diesen Beruf entschieden. Deswegen gibt er dem Medizinersprössling auf den Weg: „Du werschd ab heid immer eifrisch lerne, dassde mol e schlauer Schdrooßekehrer werre duschd!“ Nachdem das Preisgericht ihr Werk als Sieger auserkoren hat, ist Philippis Lampenfieber verflogen und die Freude über die erfolgreiche Mundart-Premiere überwiegt. Ein Finale ohne Matthias Zech aus Speyer ist selten auf der Dannstadter Höhe. Bis ganz nach oben auf das Siegerpodest hat es der langjährige Mundartist beim hiesigen Wettbewerb mit seinen Gedichten aber bis zu diesem Abend noch nicht geschafft. Doch das ändert sich mit „Innewennich trucke“. Seinen preisgekrönten Lyrik-Beitrag widmet er einem Menschen, der es äußerlich betrachtet geschafft hat im Leben, hinter „mein Haus“, „mein Auto“ jeweils ein Häkchen setzen kann. Zugleich ist der Erzähler aber innerlich verkümmert, hat alle Emotionen eingebüßt, jede Empathie erstickt: „Die trääne verbrennt, s mitgefiehl vertrickelt, s häämweh weggedrickt, die sehnsicht doodgschlache.“ Ihn kennzeichnet eine soziale Kälte, in seine Festung darf niemand eindringen, seinen materiellen Wohlstand wird er mit niemandem teilen. Obdachlose und Bettler betrachtet er als faule Verlierer, hat nichts als Verachtung für sie übrig: „Heddener s gemacht wie ich, werner dehääm gebliwwe, dedener schaffe gehe, stellen eich net so dabbich draa.“ Sein Gewissen kann er allerdings nicht rund um die Uhr vollständig ausschalten, obwohl er sich alle Mühe gibt. „Un manchmol des winzlische reschtel seelebeiße, wann änner am stroßerand hockt un sein hut hiehalt.“ Wie sehr sich die Bewertung der Sprachexperten und die Wahrnehmung der Gäste unterschieden können, zeigt der Publikumspreis. Von der Jury auf Platz acht verbannt, kommt Franz Schlossers Gedicht „De Wolf unn de Hammel“ bei den Besuchern am besten an. Darin schildert der Waldseer auf witzige Weise, wie ein hungriger Wolf mit fadenscheinigen Argumenten zu rechtfertigen versucht, dass er den neben ihm am Fluss trinkenden Hammel fressen will – und vom Hammel ein ums andere Mal verbal ausgekontert wird. Eine amüsante Moral von der Geschicht gibt es obendrein gleich im Doppelpack. Beispiel: „Jeder Hammel, dess isch trendy, braucht heit uubedingt e Handy!“ Den Sonderpreis des Kultur- und Heimatkreises hat sich Karl-Heinz Stohner verdient: In „’s war emol in Altrip – Vunn de Gäns in de Unnagass“ erinnert er sich an glückliche Tage aus seiner Kindheit am Rhein. Michael Landgraf moderiert den Abend erneut charmant und kurzweilig, Uli Valnion rundet den Dichterwettstreit musikalisch gelungen ab.

Außer Konkurrenz: Sonderpreisträger Karl-Heinz Stohner.
Außer Konkurrenz: Sonderpreisträger Karl-Heinz Stohner.
Schreibt prima: Prosasiegerin Bärbel Philippi.
Schreibt prima: Prosasiegerin Bärbel Philippi.
Dichtet toll: Lyrikgewinner Matthias Zech.
Dichtet toll: Lyrikgewinner Matthias Zech.
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