Ludwigshafen Fremde Klänge aus der Sahara

Auf eine weite Reise hat Andrea Apostoli die Zuhörer im Ludwigshafener Kulturzentrum Das Haus mitgenommen. „Mozart und Afrika“ lautete das Thema des Abends in der Reihe Ad.Agio der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz.

Musiker der Staatsphilharmonie spielen bei Ad.Agio mit Künstlern aus unterschiedlichen Ländern. An diesem Abend waren es ein Streichquartett, Felicitas Laxa und Hiroaky Furukawa (beide Geige), Alexander Sverdlov (Bratsche), Kristina Diehl (Cello), Siön Scott (Horn) und Lorenzo di Toro (Piano). Gemeinsam mit ihnen webten der in Libyen geborene Sänger Esharef Ali Mhagag und der italienische Percussionist Ivano Fortuna unter Leitung des Flötisten Apostoli einen bezaubernden Klangteppich. Gaststars waren Matteo und Ajuna Pirola und ihre kleine Tochter Amelia. Die Zuhörer waren zumeist hingerissen im doppelten Wortsinn. Viele legten sich auf den Teppich im großen Saal und genossen die Musik. Anders als an den traditionellen Aufführungsorten klassischer Musik darf man bei Ad.Agio sitzen, stehen oder liegen. Musikpädagoge Apostoli will klassische Musik so einem breiteren Publikum zugänglich machen. „Aus der Wüste nach Wien“ wollte er die Zuhörer an diesem Abend führen. Das Publikum folgte bereitwillig den ungewöhnlichen Wegen. Statt zu klatschen, sollte es seufzen. Besonders tiefe, bewundernde Seufzer erntete die betörende Stimme Mhagags. Immer wieder durften die Zuhörer und die anderen Musiker mitsingen. Pianist di Toro improvisierte auch über fremde Klänge aus der Sahara. Mhagag beherrscht den spirituellen Gesang der Tuareg, der ihn als Kind bezaubert hat. Der „Ufuk Circle Song“ und „Frha“ werden dem Publikum in Erinnerung bleiben. Doch auch karnatischen Gesang aus Südindien gab es zu hören. Stärker als die klassisch ausgebildeten Musiker der Staatsphilharmonie beherrschen Mhagag und Fortuna die Kunst der Improvisation. Apostoli versuchte immer wieder, die beiden Musikwelten zueinander zu bringen, indem er zwischen den Musikern der Staatsphilharmonie und Mhagag und Fortuna, die im Halbkreis um das Publikum herum sind, hin- und herlief. Eine gelungene Verschmelzung beider Richtungen ist „Ghasba“, das letzte Stück, das di Toro und Mhagag gemeinsam komponiert haben. Auch den Staatsphilharmonikern würde man noch mehr Mut zur Improvisation wünschen, die früher auch in der Klassik stärker verbreitet war. Mozarts dritter Satz aus dem Horn-Konzert in D-Dur oder das Andante Cantabile aus dem Piano Trio No. 4 in E-Dur brachten sie zwar wunderschön zum Klingen, aber es fehlte die Brücke nach Afrika. Physisch gingen die Musiker aber aufeinander zu. Sie verließen ihre angestammten Plätze und gesellten sich zu den Zuhörern und Kollegen. Der „Oriental Auditorium Circle Song“ nach dem Vorbild der „Circle Songs“ von Jazzer Bobby McFerrin war ein weiterer Höhepunkt des Abends. Gute Gesellschaft wären aber auch Musiker anderer Stilrichtungen aus der Region. Die Saxophonistinnen Nicole Johänntgen und Alexandra Lehmler und der Percussionist Erwin Ditzner etwa musizieren seit 2015 auch mit Flüchtlingen. Die Früchte dieser Zusammenarbeit beleben die Musikszene nicht nur in Ludwigshafen enorm.

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