Ludwigshafen Feuchtfröhliche Zeitreise

Manchmal ein wenig außer Atem: Sänger Fred Durst beim Auftritt von Limp Bizkit in Mannheim.
Manchmal ein wenig außer Atem: Sänger Fred Durst beim Auftritt von Limp Bizkit in Mannheim.

Die Truppe um Superstar Fred Durst war schon mal komplett in der Versenkung verschwunden. Der Name Limp Bizkit stand für die Jahre um die Jahrtausendwende, einer Zeit, der bis vor kurzem nur ganz wenige nachtrauerten. Von einer unerwarteten Nostalgiewelle getragen, steht die Band plötzlich wieder auf großen Bühnen. Und beweist, dass es noch immer nicht vorbei ist mit der jugendlich-ungestümen Energie, die sie einst an die Spitze einer musikalischen Bewegung katapultierte.

Als der Einlass um 17 Uhr beginnt, stehen die Fans fast bis zum Parkplatz. Viele haben die Outfits von damals aus dem Schrank geholt oder sind ihrem Stil einfach über die Jahre treu geblieben: Sie trägt Baggy-Shorts und Spaghetti-Top, er Cargo-Hosen, ein Metalshirt und eine Cap – manche sogar die rote von den New York Yankees, das Markenzeichen von Fred Durst. Die Tattoos haben sich vermehrt, der Bauchumfang ist gewachsen. Vor allem aber fällt auf, dass mittlerweile fast jeder Topf seinen Deckel gefunden hat. Trotz moderner Kommunikationsmittel hatten viele nicht mitbekommen, dass das Konzert um zwei Stunden verschoben werden musste. Nicht unsere Schuld – postete der Veranstalter in den sozialen Netzwerken. Die bisweilen exzentrische Band wollte man aber auch nicht offiziell beschuldigen. Doch monströse Schlangen an den Bratwurstbuden und Bierständen bewiesen, dass die meisten den verlängerten Feierabend zu genießen wussten. Erst als es um die annoncierte Uhrzeit noch immer keine Anzeichen für einen baldigen Beginn gab, entlud sich der Unmut in einem gellenden Pfeifkonzert. Aber dann geht plötzlich das Bühnenlicht an und das vernebelte Zelt wird zu „Purple Rain“ von Prince in violettes Licht getaucht. Die Volksfeststimmung setzt schlagartig ein, alle singen mit. Als die Band endlich ihren großen Auftritt hat und mit dem brutalen Riff von „Show me what you got“ vom Kultalbum „Significant other“ loslegt, gibt es kein Halten mehr. Die feuchtfröhliche Zeitreise ins vergangene Jahrtausend startet mit einem Knall, gestandene Väter springen und rempeln sich gegenseitig an wie Teenager. Eine gewaltige Entladung von aufgestauter Energie, die im Alltag offensichtlich schon seit Jahren nicht weiß, wo sie hin soll. Nicht wenige übernahmen sich schon am Anfang und mussten erst mal an die frische Luft. Drinnen ging es weiter mit den Superhits „Rollin“ und „Faith“, jenem unverfrorenen Cover des Klassikers von George Michael, mit dem Limp Bizkit einst den Durchbruch schafften. Das Bandgefüge zeigte sich in Topform: Die synchronen Riffs von Gitarre und Bass ritten auf dem krachenden Schlagzeug wie die Kavallerie, während der reumütig zurückgekehrte DJ Lethal hier und da ein paar Highlights einstreute. Das Fundament saß auch bei atmosphärischen Nummern wie „Rearranged“ oder dem anspruchsvollen Cover „Killing in the Name“ von Rage against the Machine bombenfest. Zu Beginn schien auch Fred Durst ganz der Alte zu sein. Unverwechselbar glitt er zwischen Rap-Salven und melodischem Sing-Sang hin und zurück, um sich dann im Chorus der Songs Hals über Kopf in das sogenannte Grunting zu stürzen, jenes im Metal-Bereich kultivierte Brüllen. Nach ein paar Liedern blieb ihm aber immer wieder ein wenig die Luft weg, besonders in Verbindung mit Bewegung wirkte er zunehmend kurzatmig. Schade eigentlich, denn auch bei den Klassikern „My Way“ und dem Cover „Behind Blue Eyes“ von The Who bewies Durst, dass er als Sänger eigentlich unterschätzt wird. Mit den Abräumern „Nookie“, „Break Stuff“ und „Take a Look around“ endete das Konzert bereits nach einer guten Stunde. Nach der Verspätung eine weitere Enttäuschung für viele Fans, die einen stolzen Preis für ihre Tickets bezahlt hatten und teilweise mehrere hundert Kilometer Anfahrtsweg hinter sich hatten. Aber was nimmt man nicht alles auf sich, um sich mal wieder jung zu fühlen und in die gute alte Zeit einzutauchen, als George W. Bush als US-Präsident das größte Feindbild einer wütenden Jugend war. Dieser Wut verliehen Limp Bizkit damals die vielleicht treffendste Stimme und einen Soundtrack, dessen revolutionären Geist man heute nicht nur in der Musik schmerzlich vermisst.

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