Rhein-Pfalz Kreis Facetten der Diskriminierung

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Maxdorf. War das jetzt noch ein Witz oder schon diskriminierend? Unter dem Motto „Schule meets Comedy“ haben sich die Schüler der zehnten Klasse des Lise-Meitner-Gymnasiums in Maxdorf am Montagnachmittag zusammen mit dem Netzwerk Hilfe und dem Pfälzer Comedian Chako Habekost mit dem Thema Diskriminierung auseinandergesetzt.

Chako Habekost legt erst mal richtig los. Erzählt in seiner flapsigen Art unter anderem von seinem Physiotherapeuten, dem Knochenbieger Achmet, der in Deutschland geboren ist, fließend pfälzisch babbelt, aber doch schief angeschaut wird. „Ach schad – Dschihad“, würden die Leute denken, wenn sie ihn sehen, und schon würde eine Assoziationskette in Gang gesetzt, man denke an Ereignisse wie die Silvesternacht in Köln, anstatt einfach auf den Achmet zuzugehen und ihn zu fragen. Es gehe doch immer nur um Äußerlichkeiten. „Wenn du meinen Achmet nicht sehen tätst, wüsstest du ja gar nicht, dass er kein Pfälzer ist. Der Achmet ist ein feiner Kerl, kein Saarländer oder so was, ein Pfälzer in einer anderen Hülle“, sagt Habekost. Nach seinem kurzen Auftritt hatten die Schüler die Möglichkeit, dem Comedian Fragen zu stellen, zum Beispiel über persönliche Erfahrungen mit Diskriminierung. „Diskriminierung fängt an, wenn du etwas runtermachst, was du nicht kennst“, erklärte Habekost. Er habe bereits erlebt, wie ein dunkelhäutiger Freund mit Dreadlocks nicht in eine Disco gelassen wurde. Der Freund habe ihm dann gesagt, das sei er gewöhnt. Andererseits habe er Diskriminierung auch am eigenen Leib erfahren: als Weißer bei Auftritten in der Karibik. „Comedians wie Chako Habekost gehen mit dem Thema Flüchtlinge ganz offen um“, sagte Rainer Bahnemann, Vorsitzender des Netzwerks Hilfe Maxdorf. Deswegen habe man auch die Idee gehabt, die Veranstaltung zusammen mit ihm durchzuführen. Politiker würden dagegen das Thema Flüchtlinge hauptsächlich für den Wahlkampf nutzen, Kirchen unterstützten zwar Ehrenamtliche, sprächen aber nicht öffentlich über das Thema. Die Schüler hatten sich in drei Modulen am Montagmittag je eine Schulstunde lang mit den verschiedenen Aspekten von Diskriminierung auseinander gesetzt. Der Auftritt von und die Diskussion mit Habekost bildeten den Abschluss. Schülersprecher Tim erzählte von einem Gespräch mit Flüchtlingen, die vom Netzwerk Hilfe betreut werden. Die Schüler seien schon beeindruckt gewesen, zu hören, was Abdi von seiner Flucht aus Somalia und der Inhaftierung in Libyen erzählt habe und dass ihm in Ludwigshafen der Zutritt in eine Disco nicht gewährt wurde. Oder von Aya, die in Ludwigshafen von einem alten Mann wegen ihres Kopftuches beschimpft wurde. Oder von Christian aus Eritrea, der, als er am Hauptbahnhof Ludwigshafen an seinem Laptop saß, gefragt wurde, was denn ein Afrikaner mit einem Laptop wolle. Viele Menschen würden automatisch denken, Afrikaner kämen von hinter dem Mond, erzählt Tim. „Eigentlich sei die offene Diskriminierung hier gar nicht mal so krass“, erzählt Schülerin Maria, schlimm sei die Hetze im Verborgenen und über soziale Medien. Über die Rolle von Medien und Internet und den Zusammenhang zu Diskriminierung hielt Lehrer Stefan Broscheit im zweiten Modul des Tages einen Vortrag. „Medien beeinflussen, was wir als Realität wahrnehmen. Leser meinen eine Mehrheitsmeinung zu hören, dabei äußert sich die Mehrheit der Leute eben gerade nicht“, sagte Maria. Es werde kein demokratisches Meinungsbild vermittelt. Broscheit gab den Schülern einige Tipps im Umgang mit sogenannter „Hate Speech“ in sozialen Medien: „Nicht gegen Trolle schreiben, nicht auf Provokationen eingehen, nicht mit Häme reagieren, sondern sachlich seine Meinung äußern. Am besten nur dann reagieren, wenn man einen Bezug zu dem Schreiber diskriminierender Äußerungen hat.“ Ganz konkret um couragiertes Handeln ging es im Modul mit den Lehrern Michaela Clade-Schuster, Sascha Walter und Meike Mosbach. Sie entwickelten mit den Schülern Strategien gegen Diskriminierungen in alltäglichen Situationen, gaben ihnen einen Leitfaden für die Jackentasche mit und übten in Rollenspielen, was und auch wie etwas in solchen Situationen gesagt werden sollte. Rainer Bahnemann und Chako Habekost waren mit der Veranstaltung zufrieden. Es gibt bereits Pläne, ähnliche Projekte an anderen Schulen durchzuführen. „Eine Schulveranstaltung wie diese ist extrem wichtig, hier legen wir den Samen an die richtige Stelle. Die Schüler sind ja Multiplikatoren“, sagte Chako Habekost. Er fände es sinnvoll, solche Veranstaltungen nicht nur an Gymnasien durchzuführen.

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