Rheinpfalz Ein neues Leben schneidern

Maßarbeit: Jovica Arvanitelli in der neuen Nähwerkstatt in den Mannheimer Quadraten.
Maßarbeit: Jovica Arvanitelli in der neuen Nähwerkstatt in den Mannheimer Quadraten.

Der Schneider Jovica Arvanitelli leitet in Mannheim ein Projekt, das die Chancen von Neuankömmlingen aus Südosteuropa auf dem Arbeitsmarkt verbessern soll. Dass sein Handwerk eine gute Möglichkeit ist, Türen zu öffnen, weiß er aus eigener Erfahrung.

Die Abkürzung des Projekts „Rom CaSaR“ setze sich aus den Anfangsbuchstaben des Begriffs Schneider in den Sprachen Rumänisch, Bulgarisch und Griechisch zusammen, erläutert Jovica Arvanitelli in den Räumen des Landesverbands deutscher Sinti und Roma im Quadrat U 3, wo er das Projekt der Öffentlichkeit vorstellt. Stolz blickt er in die frisch renovierten Räumlichkeiten, in denen sich neben der Musikschule Weiss, die sich mit der Musik der Sinti und Roma beschäftigt, auch die neue Nähwerkstatt befindet. „Ein wenig eng hier“, gibt er lachend zu. Aber professionelle Nähmaschinen und ein ebensolches Bügelbrett benötigen ihren Platz. Die Gerätschaften stammen zum großen Teil aus dem Mannheimer Gründerzentrum Textilerei, von dem das Projektteam die Maschinen abkaufen konnten.

Ein Handwerk lernen, Kontakte knüpfen

„Unser Ziel ist die Integration und Beschäftigung von EU-Neuankömmlingen aus Südosteuropa, die Interesse am Nähhandwerk haben oder ihre Fähigkeiten entdecken möchten“, erklärt der Schneider. Die Beschäftigten sollten jedoch nicht nur die Fertigkeit erlangen, qualitative Sakkos oder Kleider zu schneidern. „Wir möchten ihnen auch den richtigen Umgang mit Kunden vermitteln.“ Etwas, dass unter Umständen hilfreich sein könne, wenn man mal ein eigenes Geschäft hat. Ein weiteres Projektziel sei, dass die Teilnehmer mit anderen Menschen, die neu in der Stadt leben, in Kontakt kommen. Das Projekt bietet Platz für zehn Interessierte. Die meisten, die bislang mitmachen, seien bulgarische Roma, sagt Arvanitelli. Aber auch eine Frau aus dem Iran sei dabei. Hauptvermittler der Teilnehmer ist das Mannheimer Kooperationsprojekt „Anima – Ankommen in Mannheim“, an dem sich neben der Stadt auch die Caritas, das Diakonische Werk und der Paritätische Wohlfahrtsverband beteiligen. Es richtet sich ebenfalls vornehmlich an Neuankömmlinge aus Südosteuropa. „Rom CaSaR“ wird aus dem Mannheimer Integrationsfonds gefördert und von der Beratungsstelle für gleichberechtigte Teilhabe des Verbands Deutscher Sinti und Roma unterstützt.

Interesse diverser Firmen an den Arbeiten geweckt

Was das Projekt am Ende bewirkt, kann Arvanitelli noch nicht sagen. Die Dauer ist erst einmal auf 2019 befristet, aber vielleicht werde daraus ja mehr. Das Interesse diverser Firmen aus der Umgebung an den Arbeiten aus der Nähwerkstatt ist jedenfalls geweckt. So erzählt Arvanitelli von einer Zusammenarbeit etwa mit der Firma Freudenberg oder einer Heidelberger Bäckerei, für die die kleine Schneiderei Beutel aus Stoff fertigt, die in der Bäckerei verkauft werden. Mit der Handwerkskammer Rhein-Neckar stehe man ebenfalls in Kontakt, sagt Arvanitelli. Der Gruppenunterricht findet einmal pro Woche statt. Dabei lernen die Projektteilnehmer unter anderem den richtigen Umgang mit den Maschinen, von denen es diverse Modelle mit unterschiedlichen Funktionen gibt, je nachdem, ob die Fertigung traditionell oder industriell läuft. Manche sind daher teilweise computergesteuert, um Arbeitsschritte zu automatisieren und beschleunigen. „Auf dem Lehrplan stehen daneben Infoschulungen zum Thema Arbeit, unter anderem auch, welche Rechte und Pflichten ein Arbeitnehmer hat“, sagt Arvanitelli. Am Ende bekomme jeder Teilnehmer ein Zertifikat, und damit eine Urkunde, die den Menschen möglicherweise neue Türen in ihrer Wahlheimat öffnen kann. Dass man sich mit dem Schneiderhandwerk tatsächlich etwas aufbauen kann, davon kann Arvanitelli ebenfalls berichten. Er selbst sei einst aus dem ehemaligen Jugoslawien geflüchtet und habe 2004 in Speyer seine Schneiderausbildung gemacht. „Das war für mich die einzige Möglichkeit, etwas zu lernen, denn für die Schneiderlehre gibt es kein duales System und man brauchte keine Arbeitsgenehmigung. Das war meine Rettung.“ So kam er auch zu seiner Arbeitserlaubnis und konnte sich ein Leben in Deutschland aufbauen.

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