Ludwigshafen Dynamit in Soutanen

Die Fans hingen an seinen Lippen: Powerwolf-Frontmann Attila Dorn singt und spricht Englisch, Deutsch und Kirchenlatein.
Die Fans hingen an seinen Lippen: Powerwolf-Frontmann Attila Dorn singt und spricht Englisch, Deutsch und Kirchenlatein.

Obwohl werktags und noch recht früh am Abend, war das Zelt sehr gut gefüllt, als die Heavy-Metal-Band Powerwolf auf dem Zeltfestival in Mannheim auftrat. Und die Band staunte selbst über den Enthusiasmus des Publikums. „Ihr macht mich fertig, Monnem“ sagte Sänger Attila Dorn mehr als nur einmal. In Saunaatmosphäre ging unter der Gummiplane also der Wolf ab.

Wie hieß nochmal das erste Stück der Zugabe? „We drink your blood?“ „All we need is blood?“ Irgendwas mit Blut auf jeden Fall. Schließlich skandierte das Publikum das minutenlang, bis die Wölfe den Aderlass begannen. Man sieht, thematisch sind die Stücke der Heavy-Metal-Prediger von Powerwolf recht eng beieinander. Die Bandmitglieder weißgrau geschminkt, einige in wallende Roben, Soutanen und Mönchskutten gewandet, war es auf der Bühne sicher nochmal um ein paar Grad kuscheliger. Zumindest die Gitarren haben das gegen Ende hin nicht mehr gut verkraftet, und ihre Stimmung ließ hörbar nach. Der Stimmung vor der Bühne freilich tat das keinen Abbruch. Sänger Attila Dorn musste mittlerweile auch nicht mehr viel machen, um das Publikum zu animieren. Die Fans hingen an seinen Lippen, und auf den kleinsten Wink hin ging das große „Huh“ los, gelegentlich auch mal „Ha“. Wer da jetzt an die 70er Jahre Combo Dschingis Khan denkt, liegt gar nicht so verkehrt. Denn das saarländische Quartett hat einen ähnlichen Drang zum karnevalesken Mummenschanz, zu überdrehten Texten und großem Pathos. Nur eben in einer Heavy Metal-Version. Aber wer kann schon Songtitel wie „Sanctified with Dynamite“ ernsthaft bekritteln? Nicht einmal Katherine Hepburn hätte Anlass dazu, weil sie selber schon mal eine bibelfeste, Dynamit werfende Pfarrerstochter gespielt und damit Powerwolf thematisch vorweggenommen hat. Mittlerweile gibt es neben Kirchenlatein und Englisch auch den einen oder anderen deutschen Text im Programm. Aber auch da nimmt die Band sich nicht allzu ernst. Textzeilen wie „Wenn des Papstes Lende steht, bitten wir zum Stoßgebet“ oder „Kreuzfeuer“ sprechen eine deutliche Sprache. Weil den kraftvollen Caniden dazu auch ausgesprochen eingängige Gitarrenriffs und Keyboardmelodien in den Sinn kommen, werden sie von den szeneinternen Kritikastern ebenso abgelehnt wie Sabaton. Aber genau wie die Schweden haben sich die Saarländer den Erfolg nicht gestohlen oder gekauft, sondern hart erarbeitet. Mit „Sacrament of Sin“, ihrem vorerst letzten Album, sich zwölf Wochen auf Platz eins der Albumcharts zu behaupten, ist ein Ausrufezeichen, das die ewigen Nörgler nicht übersehen sollten. Und das schafften die Herren „Greywolf“, „Schlegel“ und „van Helden“, ohne sich untreu zu werden. Der Mummenschanz, das Image und die Konzeption waren schon vor 15 Jahren dieselben wie heute. Nur die Größenordnung und die technische Opulenz hat zugenommen. Die ersten Alben waren noch Tropfen in der Veröffentlichungsflut. Die Konzerthallen, zum Beispiel die Flakhalle in Iggelheim, von überschaubarem Renomee. Aber die Jungs haben sich durchgekämpft und ihr musikalisches Rezept immer weiter verfeinert. Selbstverständlich ist der Sound massenkompatibler geworden. Anstelle rifflastigen Rocks kommt Überwältigungsbombast auf Powerchordbasis verstärkt zum Einsatz. Aber letztlich zahlt der Konzertgänger seinen Obolus am Eingang ja, um Spaß zu haben, und Powerwolf liefert ihn so sicher wie das Amen in der Kirche. Als Aufwärmer in der bereits tropisch warmen Zelthalle auf dem Maimarktgelände fungierten am frühen Abend die True-Metal-Haudegen von Majesty, die nach einigen Querelen in der Vergangenheit wieder unter diesem Namen unterwegs sind und an ihre Erfolge von früher anknüpfen, sowie mit Amaranthe eine schwedische Melodic-Death-Metal-Band.

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