Rheinpfalz Die Schäden am Dom sind viel größer als gedacht

Fugenreste aus dem 11. Jahrhundert: Dombaumeister Mario Colletto zeigt, was sich unter der dicken, neueren Putzschicht verbarg.
Fugenreste aus dem 11. Jahrhundert: Dombaumeister Mario Colletto zeigt, was sich unter der dicken, neueren Putzschicht verbarg.

«Speyer.» Die Schäden am Vierungsturm des Speyerer Doms sind größer als bisher angenommen. Das sagte Dombaumeister Mario Colletto jetzt bei einer Baustellenbegehung. Ob die Sanierung des Turms wie geplant Ende 2019 abgeschlossen werden kann, sei nicht sicher.

Eingepackt in ein Baugerüst und eine helle Plane – wer den Kopf am Dom Richtung Vierungsturm reckt, muss sich seit Monaten mit diesem Anblick begnügen. Und bis der Blick auf den Turm wieder frei ist, wird es laut Dombaumeister Colletto noch eine ganze Weile dauern. Der Teil der Kathedrale wird demnächst saniert – ein Projekt, das laut Domkapitel rund eine halbe Million Euro kostet. Der ursprüngliche Zeitplan sah vor, dass der Turm Ende 2019 in neuer Pracht erstrahlt. Ob dem so sein wird, sei derzeit schwer zu sagen, so Colletto. „Es kann sein, dass die Arbeiten bis ins übernächste Jahr dauern werden. Die Schäden sind viel größer als gedacht.“ Ein Grund sei die exponierte Lage des Turms, erklärte Peter Schappert, der als Domkustos unter anderem für den baulichen Erhalt der Kathedrale zuständig ist: „Der Vierungsturm ist ein Teil des Doms, der dem Wetter am meisten ausgesetzt ist.“ Doch der größte Übeltäter: Putz, der bei der Sanierung der Kuppel in den 1960er-Jahren auf das Gemäuer aufgetragen wurde. „Damals wurde stark zementgebundener Putz aufgebracht“, sagt Colletto. „Beim Abnehmen haben wir erkannt, dass er im Laufe der Zeit den Unterbau beschädigt hat.“ Ursprünglich waren die Wandflächen des Vierungsturms mit einem dünnen, hellen Kalkmörtel überzogen, erklärt Dom- und Diözesankonservator Wolfgang Franz. „Von unten betrachtet wurde so der Eindruck einer gleichmäßigen, hellen Fläche erzeugt, und das, obwohl für den Bau unterschiedliche Steine verwendet wurden.“ Das ursprüngliche Mauerwerk besteht aus Sandstein, vor allem jedoch aus Tuff, einem sehr weichen, leichten Gestein. Bei der Sanierung in den 1960ern wurde darauf der dicke, zementartige Putz aufgebracht. Er schädigte das darunterliegende Mauerwerk. „Das ist das Problem. Normalerweise wird weiches auf hartes Material aufgetragen. Hier war es umgekehrt“, erklärt der Domkonservator. Ein weiteres Problem: Risse im Putz. Dadurch dringe Wasser ein, was zu weiteren Schäden führe, so Franz. „Außerdem besteht die Gefahr, dass es zu Ablösungen kommt und Putzteile herunterfallen.“ Derzeit wird der alte Putz vom Mauerwerk abgetragen. Im Winter wird allerdings nicht mehr viel am Vierungsturm gearbeitet. „Das verträgt ein solches Gebäude nicht gut“, erklärt Dombaumeister Colletto. Die feuchte Witterung würde das Material nie richtig trocknen lassen. Die eigentlichen Restaurierungsarbeiten sollen im Laufe des nächsten Jahres beginnen. Wenn diese abgeschlossen sind, soll der Vierungsturm im Glanz seiner romanischen Erbauungszeit erstrahlen. „Wir haben Glück, dass wir am Mauerwerk auch den ursprünglich verwendeten Putz gefunden haben, der über 900 Jahre alt ist. Wir werden versuchen, die Arbeiten daran anzulehnen“, sagte der Dombaumeister.

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