Ludwigshafen Die große Zeit der Taschendiebe

Oft genügt ein Griff in die Tasche, schon ist der Geldbeutel weg.
Oft genügt ein Griff in die Tasche, schon ist der Geldbeutel weg.

Polizei rät auf Weihnachtsmärkten und in Einkaufszentren zu besonderer Vorsicht

Beim Thema Taschendiebstahl gibt es eine goldene Regel: Gelegenheit macht Diebe. Was flapsig und wie eine Floskel klingt, können Uwe Giertzsch (Leiter der Polizeiinspektion 1) und Dirk Brauer (Leiter des K 5 der Kriminalinspektion) anhand ihrer Daten genau so belegen. Taschendiebstahl sei ein klassisches Delikt, das vor allem in Großstädten wie Ludwigshafen vorkommt, erklärt Brauer: „Denn hier gibt es Einkaufszentren und große Menschenansammlungen bei Veranstaltungen.“

In ländlichen Regionen kein Thema

In ländlichen Regionen spiele Taschendiebstahl eher keine Rolle. Die Zahlen aus dem Polizeipräsidium Rheinpfalz unterstreichen dies: In Ludwigshafen gab es im Jahr 2016 278 Fälle von Taschendiebstahl, im gesamten Präsidiumsgebiet waren es 686. Also wurden 40 Prozent dieser Delikt allein in der größten Stadt des Präsidiums registriert. Brauer zeigt zum Beleg seiner These noch die bundesweiten Zahlen – die Hochburg war Berlin: 44.722 Fälle.

Bisher sehr wenige Fälle 2017

260 bis 280 Taschendiebstähle müssen jedes Jahr von der Kriminalinspektion bearbeitet werden. Doch dieses Jahr sieht’s gut aus. „Bis zum 31. Oktober hatten wir 172 Fälle. Wenn jetzt nichts mehr Gravierendes passiert, werden wir 30, 40 Prozent weniger Fälle als sonst haben“, so Brauer. „Ohne genau erklären zu können, warum dies der Fall ist.“

Regelmäßige Präventions-Aktionen

Die Polizei bietet regelmäßig Präventionsaktionen an – etwa im Gewerbegebiet in Oggersheim oder am Berliner Platz. Also dort, wo viele Menschen unterwegs sind. „Unser Ziel ist dabei, die Menschen zu sensibilisieren“, erklärt Uwe Giertzsch. Sie sollen also nicht leichtsinnig sein und ihre Geldbeutel oder Smartphones nicht offen herumtragen. Denn diese zwei Gegenstände sind besonders begehrt. Brauer bescheinigt diesen Tätern eine „hohe Professionalität“: Einer klaue und übergebe das Diebesgut schnell einem anderen. Der durchsuche den Geldbeutel dann auf Verwertbares wie Geldscheine oder EC-Karten.

Zunehmend werden Smartphones gestohlen

Dass zunehmend wertvolle Smartphones gestohlen werden, lässt sich laut Giertzsch an der Schadensentwicklung ablesen: So betrug der Schaden in der Stadt im Jahr 2014 noch 66.000 Euro, 2016 waren es schon 80.000 Euro. „Man kann nicht davon ausgehen, dass die Menschen plötzlich mehr Geld mit sich rumtragen“, so Giertzsch. Stichwort Gelegenheit macht Diebe. Die Weihnachtszeit nutzt die Polizei für ihre Aufklärungsarbeit, „da dann besonders viele Menschen zum Einkaufen unterwegs sind oder Weihnachtsmärkte besuchen“, sagt Brauer. Das bedeute aber nicht, dass Taschendiebe nur zu dieser Zeit aktiv seien. „Für die sind auch volle Einkaufszentren am verkaufsoffenen Sonntag eine sehr gute Gelegenheit“, ergänzt Uwe Giertzsch.

Ein bis zwei Prozent in der Statistik

Er und Brauer warnen vor Panikmache: Taschendiebstahl macht in der Kriminalitätsstatistik nur etwa ein bis zwei Prozent der Fälle aus. Es gebe aber eine hohe Dunkelziffer, denn Diebstahlversuche werden selten bemerkt und daher nicht angezeigt. Da es sich bei den Tätern oft um Profis oder Banden handele, sei die Aufklärung sehr schwierig: Die Quote liege bei fünf bis sieben Prozent. „Die Taten passieren so schnell, dass man sie auch mit Videoüberwachung kaum erkennen kann“, sagt Brauer. Das mache die Arbeit der Polizei schwierig. Sie muss nämlich den Täter überführen – und auch den Komplizen. Die Täter seien oft überregional unterwegs. „Sie kommen also nicht unbedingt aus Ludwigshafen“, so Brauer.

Hoher Anteil an Täterinnen

Auffällig sei das Delikt insofern, da „unter den ermittelten Tatverdächtigen der Anteil der Frauen mit über 50 Prozent relativ hoch ist“. Bei anderen Formen von Kriminalität sei das nicht der Fall. Der Polizei erschwert das die Arbeit, „denn viele Opfer unterstellen Frauen den Diebstahl gar nicht“, sagt Brauer.

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