Ludwigshafen Die Flippers sind chancenlos

Tonprobe: Vor jedem Spiel testet Rudi Menck, ob das Mikrofon in Ordnung und er gut zu hören ist.
Tonprobe: Vor jedem Spiel testet Rudi Menck, ob das Mikrofon in Ordnung und er gut zu hören ist.

«LUDWIGSHAFEN.»Rudi Menck wohnt nur drei, vier Torwartabschläge vom Sportplatz des SVR entfernt und freut sich auf den Besuch des Reporters. „Die Wilma hat Kaffee gekocht und Käsekuchen gebacken. Der ist ein Gedicht“, legt er die Messlatte hoch. Die angesprochene Wilma ist seit fast 58 Jahren seine Ehefrau. „Am 19. Mai 1961 haben wir geheiratet. Das war ein Pfingstsamstag“, sagt der Herr des Hauses wie aus der Pistole geschossen. Das Ehepaar ist herzlich und in Plauderlaune. Rudi Menck ist in Ruchheim aufgewachsen, im Stadtteil bekannt wie ein bunter Hund und wegen seiner Volksnähe auch so beliebt. „Er kennt die Geburtsdaten von dreiviertel aller Ruchheimer“, wirft seine bessere Hälfte halb amüsiert, halb bewundernd ein. Bei der Frage, ob er darüber Buch führe, lächelt Menck und tippt sich zwei-, dreimal an den Kopf. „Alles da drin.“ Rudi Menck und der SV Ruchheim, das ist eine Verbindung, die passt. Stolz präsentiert er seine Ehrenurkunde, die er für 70-jährige Mitgliedschaft erhalten hat. Er hat früher selbst gekickt, war Verteidiger, spielte aber meist nur in der Reservemannschaft. „Ich habe noch auf dem Platz gespielt, der am Ortsausgang Richtung Mutterstadt war“, erzählt der rüstige Senior. 1969 sei die Verlegung an den jetzigen Standort erfolgt. Als Menck aufgehört hatte zu spielen, übernahm er in den 1970er und 80er Jahren erstmals das Mikrofon, gab Aufstellungen und Torschützen, später auch die Auswechslungen bekannt. In dieser Zeit war er auch mal stellvertretender Vorsitzender und im Spielausschuss tätig. Nach einer Pause – der SVR war zeitweise in die B-Klasse abgestiegen – fragten die Verantwortlichen bei Menck nach, ob der Rudi sonntags wieder als Sprecher fungieren könne. Was für eine Frage. Natürlich wollte er. Und so kommt er alle zwei Wochen eine Stunde vor dem Anpfiff auf den Sportplatz und verfährt nach einem genauen Plan. „Zuerst hole ich den Spielberichtsbogen, dann gehe ich zu den Schiedsrichtern und frage, woher sie kommen. Schließlich teste ich die Anlage und mache eine Sprechprobe“, berichtet Menck. Danach studiere er die Namen der Spieler, vor allem die mit Migrationshintergrund. Fevzi Büyüköztürk kommt einem schließlich nicht so leicht über die Lippen wie Felix Jung. Und als wolle er aufkommende Zweifel im Keim ersticken, lässt Rudi Menck mit markanter Stimme und resolutem Tonfall wissen: „Ich bringe das schon hin. Es hat sich noch keiner beklagt.“ Im Gegenteil. Als er im Herbst das nach Ruchheim verlegte Oberligaspiel zwischen Arminia Ludwigshafen und dem FC Karbach gewohnt souverän moderierte, habe er hinterher nur positive Rückmeldungen bekommen. In der Halbzeit verlässt Rudi Menck seine Sprecherkabine, jedoch nicht ohne eine Musik-CD aufzulegen. Das, was dann zu hören ist, sei dem Publikum angepasst, „aber nicht unbedingt meine Musik“. Er selbst steht eher auf die Flippers, räumt aber ein, dass man die heute nicht mehr auflegen könne. Der Musikgeschmack habe sich eben verändert. Und wenn die Partie abgepfiffen ist, dann räumt Menck seine Bude auf, schließt seine Kabine ab und gönnt sich im Clubhaus eine Schorle. Den Heimweg tritt der immer noch erstaunlich fitte Ruchheimer meist mit dem Fahrrad an. Ein Ende seiner Tätigkeit ist noch nicht abzusehen. „Er braucht das, diese Aufgabe hält ihn jung“, sagt Sohn Wolfgang. Mit ihm teilt Rudi Menck die Leidenschaft für den 1. FC Nürnberg. Hin und wieder besuchen die beiden Spiele des Bundesligisten. Und fußballinteressiert wie der seit 1994 pensionierte Maschinenschlosser ist, schaut er alles, was das Fernseh-Programm so hergibt: Bundesliga, Länderspiele, Champions League, Zweite Liga und vieles mehr. Auch Handball oder Eishockey gefällt ihm. Seine Frau muss den mitleidigen Blick des Pressemannes bemerkt haben. „Wir haben zwei Fernsehgeräte“, sagt sie beschwichtigend und lacht. Doch die beiden machen auch vieles gemeinsam, zum Beispiel in Urlaub fahren. Bad Füssing, Österreich, Türkei, Südtirol oder Tunesien sind einige der angesteuerten Ziele. „Meistens gehen wir in der Sommerpause“, erklärt Menck. Klar, da verpasst er kein Spiel seines SV Ruchheim. Und wer sollte dann die Ansage machen? Zurück zu Wilmas Käsekuchen. Da hat Rudi Menck nicht zu viel versprochen. Der war wirklich ein Gedicht.

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