Rhein-Pfalz Kreis „Dialekt ist tiefgründiger“

Herr Landgraf, Sie sitzen seit 2016 in der Jury des Mundart-Wettbewerbs Dannstadter Höhe, nun moderieren Sie ihn zusätzlich. Was geht Ihnen leichter von der Hand?

Ich hoffe beides gleich. Seit 20 Jahren moderiere ich Großveranstaltungen und es macht mir Freude, mit den Leuten auf der Bühne ins Gespräch zu kommen. Ich mag auch die Juryarbeit, da ich mich mit Beiträgen auseinandersetzen darf. Das ist eine spannende Herausforderung. Um die andere Seite kennenzulernen, habe ich eigens 2016 am Mundartwettbewerb in Bockenheim teilgenommen und kam unter die Preisträger. Nach 30 Jahren übernehmen Sie die Moderatoren-Rolle von Nikolaus Hofen. Sind es große Fußstapfen? Ja, natürlich. Unter seiner Leitung entwickelte sich der Mundart-Wettbewerb seit seiner Gründung zu einer renommierten Veranstaltung und Dannstadt wurde zur Mundart-Metropole. Dannstadt und Bockenheim sind inzwischen die einzigen Wettbewerbe, die noch jährlich stattfinden. Auch hat sich unter seiner Federführung die Veranstaltung weiterentwickelt, sodass in der Regel zum Finale rund 200 Leute kommen. Sie moderieren seit rund 20 Jahren Veranstaltungen bei Kirchentagen und Buchmessen. Wie hält man denn ein Publikum bei Laune? Wir schauen, dass es abwechslungsreich wird. Es wird eine gute Mischung aus Texten und Musik geben. Zu dem bunten und vielfältigen Programm gehört auch, dass wir diesmal die lange Pause füllen. Während wir in den Katakomben die Vorträge auswerten und uns beraten, wird von Kindern ein Theaterstück in Mundart aufgeführt. Besonders freue ich mich auf Sibylle Laux, die mit Sascha Leicht Musik machen wird. Ich habe schon Veranstaltungen mit ihr gemacht und weiß, dass sie die Halle rocken kann – und das in Mundart. Moderieren Sie auf Pfälzisch? Da Einheimische und Fremde kommen werden, verwende ich eine Mischform. In der Regel moderiere ich auf Hochdeutsch, aber meinen Pfälzer Singsang hört man heraus. Daher stehe ich offen zu meinem Dialekt und zeige damit, wo ich herkomme – ob in Wien, Stuttgart oder Berlin. Und bei einem Mundartwettbewerb darf das eine oder andere Zitat mehr auf Pfälzisch kommen. Warum ist der Dialekt so wichtig für Menschen? Dialekt ist ein sprachliches Synonym dessen, was ich mit Heimat verbinde. Das Thema Heimat, irgendwo angekommen sein, spielt heute eine immer größere Rolle. Außerdem kann ich mich in meiner Muttersprache unmittelbarer ausdrücken. Dialekt trifft mitten ins Herz? Er hat eine Tiefendimension, die ich im Hochdeutschen selten erreiche. Hochdeutsch ist eine Kunstsprache, die sich erst im 19. Jahrhundert entwickelt hat. Dialekt ist tiefgründiger und in vielem klarer. Und wer sagt, dass wir nicht das Original sind? In einem meiner Bücher verweise ich bei den Wurzeln des Pfälzischen auf Otfrid von Weißenburg, der aus Dahn stammte. 700 Jahre vor Luther hatte er es gewagt, Bibeltexte ins Südrheinfränkische, eine Urform des Pfälzischen, zu übersetzen. Weil das anderen Gelehrten nicht gefiel, hat er in einer Verteidigungsschrift für seinen Text erstmals den Ausdruck „deutsche Sprache“ verwendet. Das haue ich Leuten aus dem Norden gerne um die Ohren, wenn sie mich fragen, warum ich so komisch rede. (lacht) Aber Pfälzisch ist doch längst nicht gleich Pfälzisch. Wo jemand herkommt, merkt man daran, wie er „haben“ sagt: ich hab, ich han, ich häb, ich hun. Wir leben hier in der „hab“-Region. Im Westpfälzischen sagt man „han“, in der Südpfalz „ich häb“ und im Norden wohnen die Hunnen, die sagen „ich hun“. Ich werde in der Anmoderation auch darauf eingehen, aus welcher Ecke der Beitrag kommt. Was ist beim Wettbewerb für die Zuschauer schwieriger zu verstehen: Lyrik oder Prosa? Es kommt drauf an, wie schnell jemand Prosa vorträgt. Ich denke, dass Lyrik einfacher zu verstehen ist, weil die Texte kürzer sind. Im vergangenen Jahr haben die Sieger von 2016 gewonnen. Können sich die Zuschauer auf Überraschungen einstellen? Ja, denn zum ersten Mal ist ein Sieger des letzten Wettbewerbs in der Jury: Toni Ostermayer. Ich bin sehr dankbar dafür, denn er ist ein erfahrener Dichter, der viele Preise gewonnen hat und seine eigene Perspektive einbringt. Es sind wieder sehr unterschiedliche Teilnehmer und Beiträge. Wir dürfen gespannt sein auf den Vortrag, der diesmal eine größere Rolle spielt. Vom Schriftlichen her gibt es schon Tendenzen, aber verraten wird noch nichts.

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