Ludwigshafen Der Weg an die Spitze ist beschwerlich

Heiko Grimm (dunkles Shirt) soll mit Melsungen das schaffen, was sein Vorgänger Michael Roth nicht gelang: die MT in der deutsch
Heiko Grimm (dunkles Shirt) soll mit Melsungen das schaffen, was sein Vorgänger Michael Roth nicht gelang: die MT in der deutschen Handball-Spitze etablieren.

«Kassel.»Es ist ein bisschen wie die Wiederholung der Geschichte – nur mit dem Unterschied, dass es sich um einen anderen Klub handelt. Im vergangenen Sommer machte sich die MT Melsungen auf, im deutschen Handball das Gleichgewicht der Kräfte neu zu verteilen. Seit einigen Jahren mischten die Melsunger bereits in der erweiterten Spitze der Bundesliga mit, doch jetzt sollte der große Angriff erfolgen. Mit Finn Lemke (vom SC Magdeburg), Julius Kühn (vom VfL Gummersbach) und Tobias Reichmann (von KS Kielce/Polen) verpflichteten die Hessen drei aktuelle deutsche Nationalspieler. Mit den großen Namen sollten die großen Erfolge kommen – doch es blieb bei der Hoffnung. Vielleicht hätten sich die Verantwortlichen der MT mal vorher bei den Rhein-Neckar Löwen erkundigen sollen, denn die hatten exakt zehn Jahre zuvor einen ähnlichen Plan und mussten lange warten, bis er sich erfüllte. Im Sommer 2007 verpflichteten die Badener mit Christian Schwarzer und Henning Fritz ebenfalls einige deutsche Stars, doch Titel gewannen die Löwen erst einige Jahre später. Vermutlich müssen die Melsunger ebenfalls einen langen Atem beweisen, um die erhofften Erfolge einfahren zu dürfen. Ein Opfer hatte die Einkaufstour im vergangenen Sommer aber schon, denn Michael Roth fiel den gestiegenen Erwartungen zum Opfer und wurde vor ein paar Wochen als Trainer entlassen. Roth, der aus Weinheim stammt und den Löwen-Vorgänger-Verein SG Kronau-Östringen zwischen 2002 und 2004 trainierte, arbeitete acht Jahre als Coach der MT, musste Anfang April gehen. „Das muss ich erst einmal verdauen“, sagte der 56-Jährige. Co-Trainer Heiko Grimm folgte auf Roth. Roth war es nicht gelungen, die Ansammlung der Hochbegabten in kurzer Zeit zu einer dauerhaft leistungsfähigen Einheit zu verschmelzen. Die Melsunger lieferten in der Hinserie einige starke Partien ab und schlugen in der heimischen Rothenbach-Halle beispielsweise den THW Kiel und die Rhein-Neckar Löwen, doch auf gute Vorstellungen folgten immer wieder schwache. Im Grunde passierte genau das, was neu zusammengestellten Teams im Handball oft passiert: Der MT Melsungen fehlte es an Konstanz. Die Erfahrung, die die Löwen zehn Jahre zuvor machen musste, blieb den Nordhessen nicht erspart und führte schließlich dazu, dass der Trainer gehen musste. Der Wunsch der Melsunger, in der Bundesliga um den Titel mitzuspielen, ist nachvollziehbar, schließlich hat der Klub beste Voraussetzungen, um im Konzert der Großen mitzuspielen. Hinter der Melsunger Turngemeinde steht mit Barbara Braun-Lüdicke eine finanzstarke Mäzenin, die in den vergangenen Jahren mit Beharrlichkeit und großen finanziellen Einsatz den Aufstieg des Klubs erst möglich machte. Deren Vater kam mit einem Pharma-Unternehmen zu viel Geld und die Liebe von Braun-Lüdicke zum Handball und der MT sorgten dafür, dass der Klub aus Nordhessen erst eine feste Größe der Bundesliga wurde und jetzt das Ziel hat, ganz nach oben zu kommen. Der Angriff auf die Spitze muss allerdings vertagt werden, denn in der Gegenwart geht es für die Melsunger schlicht darum, die Saison zu einem passablen Ende zu bringen. In der Tabelle geht es „nur“ noch darum, den siebten Platz gegen den SC DHfK Leipzig zu verteidigen. Unabhängig davon, auf welchem Rang die Spielzeit endet, wird sie in der Rückschau nicht als Erfolg gewertet werden. „Wir müssen besser spielen“, sagte Neu-Trainer Grimm vor dem 32:21-Erfolg der MT gegen den HC Erlangen am zurückliegenden Wochenende. Nach dem ersten Heimsieg unter seiner Führung soll es bei den Eulen Ludwigshafen mit dem ersten Erfolg in einer fremden Halle klappen (morgen, 19 Uhr). Das ist zumindest das klare Ziel. Unklar ist nur, ob die Melsunger in der Eberthalle ihr gutes Gesicht zeigen oder eben nicht.

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