Rhein-Pfalz Kreis „Der Ton schmerzt“

Den Ratsmitgliedern geht so langsam die Puste aus. Der Ton ist scharf, die Kommunikation läuft nicht. Düstere Aussichten? Nicht
Den Ratsmitgliedern geht so langsam die Puste aus. Der Ton ist scharf, die Kommunikation läuft nicht. Düstere Aussichten? Nicht zwingend. Die Kommunalpolitiker hoffen, dass sich die Stimmung bessert.
Drei Mann, vier Fraktionen

Offen über seine Gründe reden will keiner. Nur eines scheint klar. Dinge mussten sich ändern. Konsequenzen wurden gezogen. Jüngst im Dezember, als Christoph Werner (UWG), Hans-Jürgen Lochner (AfD) und Vinzent Manz (parteilos) die UWG-Fraktion verließen und sich zu einer Unabhängigen Fraktion (UF) zusammenschlossen. Von einem „unüberwindbaren Problem persönlicher Natur“, spricht Christoph Werner. „Es machte uns eine weitere Zusammenarbeit unmöglich.“ Es habe „keine gemeinsame Basis für die politische Zusammenarbeit in den restlichen Monaten der Wahlperiode mehr gefunden werden“ können, bestätigt auch Rudolf Magin von der Unabhängigen Wählergemeinschaft. Werner zieht daraus nicht nur die Konsequenz, die Wählergruppe zu verlassen, sondern zieht sich künftig komplett aus der Kommunalpolitik zurück. Aus Zeitgründen. Und: „Es gibt kaum ein Amt, das so gering geschätzt wird, wie das des Stadtrats. Wir sind viel unbegründeter Kritik ausgesetzt“, sagt Werner. 2014 war er gemeinsam mit Hans-Jürgen Lochner und Karl Strubel als Vertreter der AfD in den Rat gewählt worden. Nach der Abwahl Bernd Luckes auf dem Bundesparteitag in Essen sind die drei im Juli 2015 geschlossen aus der Partei ausgetreten und haben ihre Fraktion zuerst in Unabhängige Fraktion und dann im September 2015 in Alfa (Allianz für Fortschritt und Aufbau) umbenannt. Dass die ehemaligen AfD-Mitglieder ihre Mandate beim Parteiwechsel mitnahmen, wurde vonseiten der AfD Schifferstadt stark kritisiert. Die Ideen, die sich in Essen durchgesetzt haben, habe er nicht mittragen wollen, begründet Werner den Umschwung. Doch auch die Alfa bestand nur etwas mehr als ein Jahr. Die drei Ratsmitglieder schlossen sich zum 1. Januar 2017 der bis dahin zwei Personen starken UWG-Fraktion an – Werner und Strubel als UWGler, Lochner wieder als AfDler. „Wir hatten schon zu AfD-Zeiten eng mit der UWG zusammengearbeitet“, begründet Werner den Entschluss – der nur knappe zwei Jahre lang Bestand hatte. Für Karl Strubel war nach dessen Umzug nach Altrip Vincent Manz nachgerückt. Die nächste Fraktion gründet sich Die Aufnahme der ehemaligen AfDler hatte Konsequenzen innerhalb der UWG: Ratsmitglied Simone Seng verließ nur gut zwei Wochen später die Fraktion und blieb als unabhängiges Mitglied im Stadtrat. In dieser Position war sie nicht alleine. Karen Lill (FDP) war bis 2018 ebenfalls fraktionslos im Rat. Sie schied aus beruflichen Gründen 2018 aus. Peter Trauth übernahm ihr Mandat. Auch Stefano Tedesco war lange als Einzelkämpfer im Rat. Er war 2014 eigentlich für die SPD ins Gremium gewählt worden. Im Oktober 2014 erklärte er seinen Parteiaustritt, blieb Ratsmitglied und die SPD hatte nur noch fünf statt sechs Sitze. „Ich hatte die Idee, dass Simone Seng und ich uns zusammenschließen könnten“, sagt Tedesco. „Unsere Schwerpunkte in der Ortspolitik liegen ungefähr gleich.“ Im Februar 2017 gründeten die beiden die Fraktion Bürger für Schifferstadt (BfS). Mitstreiter für den alsbald eingetragenen Verein fanden sich in der Bürgerinitiative Ochse. „Die sind auch heute noch im Boot“, sagt Tedesco. „Es war eine gute Entscheidung. Wir sind erfolgreich und haben eine Mannschaft, mit der man gut arbeiten kann“, berichtet der Fraktionsvorsitzende. Kommunikationsprobleme Doch gute Fraktions-Mannschaften reichen nicht aus, wenn die Kommunikation zwischen den Parteien und Gruppen nicht funktioniert. „Wir haben im Vorfeld zu wenig miteinander geredet“, sagt FWG-Fraktionsvorsitzender Dieter Weißenmayer. „Da haben wir dringenden Nachholbedarf.“ Sitzungen müssten von Rats- und Ausschussmitgliedern besser vorbereitet werden, findet Rudolf Magin. „Die Sitzungen ließen sich dadurch kürzer und effizienter gestalten.“ Monika Berg, Fraktionsvorsitzende der SPD, setzt an anderer Stelle an: „Der Ton, der angeschlagen wird, schmerzt. Der Umgang miteinander habe keinen Spaß gemacht.“ Vielmehr sei er „belastend“ gewesen, erklärt Siegfried Filus, Fraktionsvorsitzender der Grünen. Zwei Lager Die Fronten innerhalb des Rats sind verhärtet. „Ich habe in meiner Haushaltsrede schon gesagt, dass es an sich nur zwei Parteien im Rat gibt“, sagt Peter Trauth (FDP). Dafür und dagegen. „Es gibt nur noch Schwarz und Weiß, kein Grau mehr“, sagt Monika Berg. Der losen Kooperation von SPD, Grünen und FWG stehen CDU und UWG gegenüber. „Viele Dinge wurden torpediert“, findet Berg. Das habe die Ratsarbeit sehr erschwert. „Man muss nicht immer harmonieren, darf auch mal ernsthaft diskutieren, aber nicht einfach blockieren“, findet sie. „Die Lage war immer pattmäßig. Es gab nie richtige Mehrheiten“, sagt Dieter Weißenmayer. „Es war schwer, richtige Politik zu machen.“ Siegfried Filus’ Vorwurf geht insbesondere an die konservative Volkspartei: „Sie ist beleidigt, weil sie keine Mehrheit für ihre Beteiligung an der Verwaltung bekommen hat und bei den Abstimmungen ist ihrer Parteiräson das eigene Denken untergeordnet. CDU und UWG zogen ihre ganze Kraft aus dem Madigmachen Anderer anstatt aus ihrer eigenen Arbeit.“ Klagen auf der einen, aber auch auf der anderen Seite. „Die verbale Abwertung unserer politischen Arbeit mit dem Begriff ,Blockierer‘ ist der Versuch, von den eigenen Versäumnissen abzulenken“, findet Rudolf Magin. Die Entwicklung der Stadt befinde sich in einer Phase der Stagnation. „Wir stehen ständig als Verhinderer da“, sagt CDU-Fraktionsvorsitzender Reiner Huber. „Wir machen es uns nicht leicht.“ Dass die Christdemokraten doch recht konsequent in die Ecke gedrängt würden – Huber vermutet: Es müsse irgendwo noch Altlasten geben. „Aber mit uns Jüngeren hat das ja nichts mehr zu tun.“ Bereits kurz nach der Wahl sei die Fraktion überall auf Ablehnung gestoßen. „Wir haben mit allen außer der AfD Gespräche geführt“ – erfolglos. Im Laufe der Zeit habe man sich der UWG angenähert. Die Veränderungen in den eigenen Reihen habe die Fraktion gut weggesteckt. Fraktionsvorsitzender Arno Koch war im Juni 2017 aus beruflichen Gründen zurückgetreten, Annette Turner hatte seine Nachfolger übernommen. Und im Dezember 2017 ihr Amt niedergelegt. Huber folgte nach. Für die Zukunft So wie es ist, da ist man sich einig, kann es nicht bleiben. Klare Mehrheitsverhältnisse wünschen sich die Ratsmitglieder. Natürlich jeder für seine Fraktion. „Um gewichtiger zu werden“, sagt Reiner Huber. Um Abstimmungen am Wohle der Stadt und nicht an Machtinteressen auszurichten, hält Siegfried Filus dagegen. Diskussionen sollen nicht fehlen, nein. Nur eben anders geführt werden, wünscht sich Dieter Weißenmayer. „Pro und Contra gehören zur Demokratie. Daraus kann Gemeinsames entstehen, oft durch Kompromisse“, sagt Rudolf Magin. Wichtig für ihn sind dabei Toleranz, der nötige Sachverstand, das Engagement und das Wissen um die Bedürfnisse der Bürger. „Sie sollten dabei nicht in ,Blöcken‘ verharren.“ Verkrustungen müssen also aufgebrochen und Eitelkeiten abgelegt werden, damit sich die Fraktionen wieder annähern. „Es geht um die Bürger. Bei ,Ich gegen Du‘ kann man nur verlieren“, sagt Monika Berg. „Ich wünsche mir, dass man miteinander spricht und sich nicht nur anfeindet.“ Vielleicht sei eine Art Mediationswochenende nötig. Vielleicht, meint Dieter Weißenmayer, reiche es auch aus, abends öfter mal „einen trinken zu gehen“. Eines scheint klar: Der gute Vorsatz, das Wohl der Stadt und der Bürger vor Parteibefindlichkeiten zu stellen, ist da. Ob er umgesetzt werden kann, werden die nächsten fünf Jahre zeigen.

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