Rhein-Pfalz Kreis „Der stärkste Mann“

Zum Nachlesen: die neuen Zusatztafeln am Straßenschild.
Zum Nachlesen: die neuen Zusatztafeln am Straßenschild.

«Mutterstadt.»Auf dem Wochenmarkt am Palatinum, direkt an der Bohligstraße, macht Andreas Guthier gerade einige kleine Besorgungen. „Ich lebe erst seit sechs oder sieben Jahren hier“, erklärt der 43-Jährige, weshalb er noch nicht mit jedem Straßenzug des Großdorfs vertraut ist. Aber der Name Bohlig kommt ihm bekannt vor: „Das war doch der stärkste Mann von Mutterstadt, im 19. Jahrhundert, wenn ich mich nicht irre.“ Er grübelt weiter: „Das waren Vater und Sohn, oder?“ Seine Vermutung trifft zu: Vater Franz Josef war ein vielfältig im Dorf engagierter Mäzen, sein Sohn Ernst Gewichtheber und Sportförderer – er galt als stärkster Mann der Welt. Ob er noch eine weitere Straße kennt, die an einen verdienten Mutterstadter erinnert? „Eine Straße nicht, aber das Johannes-Bähr-Haus, das nach dem protestantischen Pfarrer benannt ist.“ Christel Hübner (76) ist sich nicht ganz sicher: War Bohlig ein früherer Bürgermeister oder Arzt? „Auf jeden Fall war er eine höhergestellte Person“, ist sie überzeugt. Auch ihre Vermutung kommt zumindest ungefähr hin: Franz Josef war in Mutterstadt als Apotheker tätig sowie Mitglied des Gemeinderats und Landtagsabgeordneter. Und sie kennt zwei Örtlichkeiten im Dorf, die ebenfalls nach Mutterstadter Persönlichkeiten benannt sind: den Hermann-Belzner-Platz, auf dem sie gerade steht, und den Herbert-Maurer-Platz. „Diese beiden Bürgermeister habe ich persönlich gekannt“, erzählt Hübner, die seit 50 Jahren in der Gemeinde wohnt und nächstes Jahr ihr 50. Jubiläum als Mitglied der TSG Mutterstadt feiert. Jutta Simon wird von der Frage nach den Bohligs kalt erwischt. Eine spontane Antwort fällt ihr schwer. „Ich komme ja ursprünglich aus Oggersheim. Dort kenne ich die Schiller- und die Andreas-Streicher-Straße und weiß, wer die waren“, erläutert die 74-Jährige. Zur Familie Bohlig fällt ihr jetzt aber ausgerechnet partout nichts ein. Sie versucht es trotzdem noch eine Weile. „Die Trifelsstraße ist natürlich nach der bekannten Burg benannt.“ Am Ende kommt sie wenigstens noch auf den Herbert-Maurer-Platz: „Der frühere Bürgermeister, der Vorgänger von Ewald Ledig.“ Jürgen Schenker kommt zwar aus Freinsheim. „Ich bin aber Mitglied beim AC Mutterstadt“, begründet der 69-Jährige, warum er dennoch für die Umfrage geeignet ist. Da er selbst seit 40 Jahren Gewichte stemmt, kenne er natürlich den Sportskameraden Ernst Bohlig: „Er war auch Gewichtheber und der stärkste Mann von Mutterstadt.“ Daneben vermutet er einen Neumayer-Ring in Mutterstadt, irrt darin aber: Eine Straße mit diesem Namen gibt es hier nicht, dafür in Frankenthal. Über den Polarforscher Georg von Neumayer weiß Schenker, dass eine Forschungsstation am Südpol nach ihm benannt ist. „Und die bekommt jedes Jahr eine Lieferung Wein aus der Pfalz“, sagt er. Vielleicht sogar aus Freinsheim? „Der Sohn war Gewichtheber und der stärkste Mann von Mutterstadt“, sagt Ute Wagner selbstsicher. Sie schmunzelt und lacht kurz darauf. „Das weiß ich nur, weil ich es in der Zeitung gelesen habe“, gesteht die 60-Jährige. Die Angaben zu dessen Vater Franz Josef sind ihr aber entfallen. Apropos Papa und Sport: „Die Jahnstraße ist nach Turnvater Jahn benannt“, stellt sie fest. Das stimmt zwar, nur aus Mutterstadt stammte Friedrich Ludwig Jahn nicht. Edelgard Renner (83) kann mit dem Namen Bohlig nichts anfangen. Auch nach kurzem Überlegen nicht. „Ich bin auch ursprünglich nicht von hier“, liefert sie die Entschuldigung gleich mit. Eine nach einer bekannten Person benannte Straße im Ort kennt sie trotzdem: die Friedrich-Ebert-Straße, benannt nach dem ersten Reichspräsidenten der Weimarer Republik – der war allerdings ebenfalls kein Mutterstadter.

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