Rheinpfalz Da sein, wenn es losgeht

Glücklich mit ihrem Beruf: Hebamme Heike Oberländer.
Glücklich mit ihrem Beruf: Hebamme Heike Oberländer.

«Bad Dürkheim.» Weihnachten und der Jahreswechsel waren schon öfter stressig für Heike Oberländer. Geburtsterminen sind Feiertage egal. „Nur vier Prozent der Babys kommen zum errechneten Geburtstermin auf die Welt“, erklärt die frei berufliche Hebamme, die drei Wochen vor und zwei Wochen nach dem Termin für „ihre“ Schwangeren in Rufbereitschaft ist.

In ihrem Geburtshaus ist sie zu jeder Zeit gerüstet, wenn es losgeht. Das ausgebaute Dachgeschoss ihres Hauses in der Ungsteiner Brunnengasse, das wie eine helle, gemütliche Wohnung eingerichtet ist, ist das Reich der werdenden Mütter. Hier hat Oberländer schon bei der Geburt von knapp 300 Babys geholfen. Die 55-Jährige führt darüber Buch: Am 28. Juni 2007 findet sich der Name Hannes und das Geburtsgewicht von 3070 Gramm. Das zweite Kind der schwangeren Friedelsheimerin sollte eigentlich in Grünstadt zur Welt kommen. Doch als es ernst wurde, war für die Mutter klar: „Ich bleibe gleich hier.“ Dabei war zu diesem Zeit das Geburtshaus noch gar nicht eröffnet, der Termin war ein halbes Jahr später geplant. Doch Hannes und seine Mutter wollten es anders. Und Hebammen wissen ja, dass Termine nichts bedeuten. Bad Dürkheim als Geburtsort sollte seitdem wieder öfter in den Papieren auftauchen. Seit der Schließung der Geburtsstation am evangelischen Krankenhaus 2006 war eine Geburt in Bad Dürkheim ungeplant oder fand als Hausgeburt statt. Eine Geburt in den eigenen vier Wänden bietet Oberländer auch an, trotz ihres Geburtshauses. Rund zehn Schwangere entscheiden sich jährlich dafür, etwa 35 bis 40 wählen das Geburtshaus. Sechs bis acht müssen im Jahr doch in die Klinik, obwohl die Mütter es anders wollten. Eine Beckenendlage oder bestimmte Schwangerschaftserkrankungen können Gründe dafür sein. „Ich weiß sehr gut, was ich machen kann und was nicht“, betont Oberländer. Trotzdem muss sie wie alle freiberuflichen Hebammen eine ständig steigende Haftpflichtversicherungsprämie zahlen. Derzeit sind es rund 8000 Euro im Jahr. „1200 Euro bekommt man pro Quartal wieder zurück“, erzählt Oberländer. Die Situation sei zwar nicht schön, trotzdem möchte die 55-Jährige über solche Schwierigkeiten nicht klagen. „Wenn man sich reinhängt, kann man das schaffen“, betont sie. Die gebürtige Erfurterin hat schon als 16-Jährige gewusst, was sie werden will. „Ich habe einen Vormittag in einem Kreißsaal zugeschaut. Danach war für mich alles klar“, erzählt sie. Der Ablauf, die Emotionen, die Mütter, die erst vor Anstrengung und Pein schreien, dass sie es nicht mehr ertragen, und dann überglücklich ihr Neugeborenes in den Armen halten: Das wollte Oberländer immer und immer wieder erleben. Und am besten so, dass sich Mutter und Kind am wohlsten dabei fühlen. 1991 entschied sie sich für ein Leben in der Pfalz. „Als ich die erste Geburt als Beleghebamme am Dürkheimer Krankenhaus hatte, wusste ich: Es hat sich alles gelohnt“, erzählt sie. Seitdem zählt Oberländer ihre Geburten: 1410 sind es bis jetzt. Auch ihr Sohn Nico kam 1996 hier zur Welt. Dass sie sich 2006 dafür entschied, freiberuflich zu arbeiten, habe sie nie bereut. Auch wenn dies bedeutet, dass sie sich um Dinge wie Qualitätsmanagement kümmern muss. Sie sei froh darüber, alles selbst entscheiden zu können. „Geburt ist Bewegung“, erläutert Oberländer ihre Geburtsphilosophie. Und so kommt es vor, dass sie die Schwangeren mit ihren Partnern zu einem Spaziergang in die Weinberge schickt. Gerne benutzt wird auch der große Gymnastikball oder das Seil zum Aushängen. Ab der 36. Schwangerschaftswoche dürfen Schwangere, die eine komplikationslose Geburt erwarten, sich für eine Hausgeburt oder eine Niederkunft in einem Geburtshaus entscheiden. Abgerechnet wird über die Krankenkasse. Zuzahlen müsse die Schwangere für die Rufbereitschaft der Hebamme. „Mit unterm Strich 250 Euro ist das eigentlich günstig. Schließlich bekommen die Frauen dafür eine selbstbestimmte Geburt“, betont Oberländer, die bereits fünffache Großmutter ist.

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