Rheinpfalz Chemikalien-Belastung größer als angenommen

«Mannheim.» Nachdem 2015 auf landwirtschaftlich genutzten Flächen im Mannheimer Norden polyfluorierte Chemikalien (PFC) gefunden worden sind, steht nun fest, dass wesentlich mehr Flächen belastet sind als bisher vermutet. „Dies bedeutet keine Gefährdung der Bürger“, betont Markus Roeingh, Leiter des städtischen Fachbereichs Grünflächen und Umwelt. Auch sei die landwirtschaftliche Nutzung der betroffenen Flächen grundsätzlich weiterhin möglich.

Für die PFC-Stoffe existieren bisher keine genauen Bestimmungen oder Grenzwerte (siehe „Zur Sache“). Seit die Bodenbelastungen in Mannheim bekannt sind, nimmt die Stadtverwaltung in dem betroffenen Gebiet Untersuchungen vor. Inzwischen wurden laut Roeingh Proben von einer 317 Hektar großen Fläche sowie von 56 Beregnungsbrunnen in dem Gebiet in Auftrag gegeben. Mit einem unangenehmen Ergebnis: Je mehr untersucht wird, desto größer wird die belastete Fläche. So seien von 317 Hektar untersuchter Fläche rund 244 Hektar als belastet einzustufen, teilte die Stadtverwaltung mit. Sehr geringe Spuren von PFC ließen sich auf nahezu der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche im Mannheimer Norden nachweisen. Zudem hätten sich bei der Beprobung von 56 Beregnungsbrunnen 16 als belastet herausgestellt. In fast allen anderen Brunnen wurde PFC in sehr geringem Umfang nachgewiesen, nur in zwei Brunnen gab es keine PFC-Spuren. Trinkwasserbrunnen gibt es laut Stadtverwaltung in diesem Bereich keine. Die Stadt betont, dass die Ergebnisse nicht automatisch eine Gefährdung für Mensch und Umwelt bedeuteten. Allerdings hatte das städtische Gesundheitsamt bereits 2016 festgestellt, dass die belastenden Substanzen bereits „in geringem Maß“ im Grundwasser angekommen seien. Nach wie vor gehe die Behörde davon aus, „dass die Stoffe in dieser Konzentration unschädlich sind“, sagt Hartmut Becker vom Gesundheitsamt der Stadt. Auch die Bewirtschaftung der betroffenen Äcker sei seit trotz der Belastung weiterhin möglich. Seit 2015 untersucht das Amt für Landwirtschaft und Naturschutz Sinsheim jedoch Erzeugnisse belasteter Ackerflächen vor deren Ernte. Im laufenden Jahr wiesen demnach zwei der untersuchten Pflanzenproben im Mannheimer Norden einzelne Werte von PFC-Verbindungen oberhalb der vom Verbraucherschutzministerium festgelegten Beurteilungswerte auf. Diese Produkte hätten daraufhin laut Roeingh nicht vermarktet werden dürfen. Die zuständigen Stellen würden nun über weitere Maßnahmen, etwa die Stilllegung von Beregnungsbrunnen beraten. „All diese Ergebnisse sind auch ein Indiz dafür, dass die amtliche Vorsorge funktioniert“, weist Roeingh auf einen positiven Aspekt des Ganzen hin. Wie die Umweltbehörde aus den Ergebnissen folgert, habe sich der Verdacht, dass nur Flächen betroffen sind, die zwischen 2006 und 2008 mit entsprechendem Kompost behandelt wurden, nicht bestätigt. Die Belastung erstrecke sich vielmehr auch auf Flächen, auf denen nach 2008 entsprechender Kompost ausgebracht wurde. Die Untersuchungen sollen nun noch weiter ausgedehnt werden. Bei der Suche nach den Verursachern der PFC-Belastung, in die seit Längerem auch die Staatsanwaltschaft eingeschaltet ist, konzentrieren sich die Ermittlungen auf Papierschlämme in dem Kompost. Denn ähnlich erhöhte PFC-Werte wurden auch im Landkreis Rastatt sowie in Baden-Baden gefunden. Nach Angaben des Regierungspräsidiums Karlsruhe ist dort wie in Mannheim in den Jahren 2006 bis 2008 das Produkt eines mittelbadischen Kompostherstellers aufgebracht worden, dem Papierschlämme beigemischt gewesen seien. Ermittelt werde allerdings weiter gegen Unbekannt.

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