Ludwigshafen Bessere Argumente reichen nicht

Die Rechten sind nicht nur wieder salonfähig geworden, sie sind mittlerweile sogar auf dem Vormarsch. In Deutschland wird das Wählerpotential der Alternative für Deutschland (AfD) auf 20 Prozent geschätzt, in den USA ist sogar ein Rechter Präsident. Dieses Phänomen hat das Buch „Mit Rechten reden“ nach seinem Erscheinen im Herbst 2017 zum Bestseller werden lassen. Jetzt war einer der Autoren in Mannheim.

„Mit Rechten reden“ hat gleich drei Autoren. Einer, der Jurist Maximilian Steinbeis, hat das Buch bereits im Frühjahr auf dem Mannheimer Literaturfestival „lesen.hören“ vorgestellt. Der Philosoph Daniel-Pascal Zorn ist der zweite Verfasser, und der dritte, der Historiker Per Leo, kam jetzt auf Einladung des Aktionsbündnisses Alte Sternwarte zu einer Lesung in den Turm bei der Mannheimer Jesuitenkirche. Wie schon sein Mitautor Maximilian Steinbeis bei seinem Auftritt beim Literaturfestival trat jetzt auch Per Leo – freilich vor viel kleinerem Zuhörerkreis von etwa 30 Personen – zunächst einem Missverständnis entgegen. Der Titel „Mit Rechten reden“ sei nicht als Aufforderung zu verstehen, sondern das Buch wolle einen Leitfaden für den Umgang mit Rechten bieten. Anhand von Leseproben stellte der Autor die Schwierigkeit dar, den Kreis der Rechten mit seinen vielfachen Schattierungen einzugrenzen. Das Buch meint aber eine allen gemeinsame Strategie erkannt zu haben: die der Provokation. Zu den Rechten zählen den Verfassern zufolge nicht nur Neonazis und Rechtsterroristen, sondern auch nationalistische Sozialdemokraten wie Thilo Sarrazin, „Betonkonservative“ wie die frühere Präsidentin des Bundes der Vertriebenen Erika Steinbach und „Krawallschachteln“ wie der ehemalige „Spiegel“-Redakteur Matthias Matussek. Wie man sieht, sparen die Autoren nicht mit deftigen, bildkräftigen Worten. Sie schrecken auch vor Beleidigungen nicht zurück. Auf einen groben Klotz gehört ihrer Ansicht nach eben wohl ein grober Keil. Ob eine solche Reaktion dann aber nicht gerade das tut, wovor die Autoren warnen, nämlich sich auf die Strategie der Rechten einzulassen, wurde nicht weiter erörtert. Die Gebrauchsanleitung im Umgang mit Rechten geht nämlich davon aus, dass die Rechten versuchen, ihren Gegnern gewisse Spielregeln aufzuzwingen. „Sie spielen ein Spiel mit uns, nennen wir es ein Sprachspiel“, heißt es in dem Buch. Zu diesem „Sprachspiel“ gehören polemische Provokationen von der Art: „Die Deutschen sind heute das, was früher die Juden waren“ (um den Holocaust zu relativieren) oder: „Der Islam ist keine Religion, sondern eine kriegerische Ideologie.“ Sie spielen den Verfassern zufolge bewusst mit Vieldeutigkeiten, um sich dann als verfolgte Unschuld zu gebärden. „Aggressive Jammerlappen sind sie, wehleidige A...löcher“, haut das Buch einen weiteren groben Keil auf einen Klotz. Die sich an die Lesung anschließende recht lebhafte Diskussion war geeignet, Positionen des Buches zu präzisieren. Die Neue Rechte habe verstanden, dass sie sich vom sogenannten Dritten Reich abgrenzen müsse, sagte Per Leo. Sie versuche, sich Symbole und Formen der Demokratie anzueignen. Dagegen helfe nur Aufklärung. Die Autoren des Buches glauben in dieser Debatte zwar schon an „die Kraft guter Argumente“, wie ein Zuhörer die Empfehlung des Buches auf den Punkt brachte. Sie sind aber deshalb noch „keine Habermasianer“, wie Per Leo selbst sagte, und glauben nicht, dass das bessere Argument sich automatisch durchsetze. Eine gewisse Ohnmacht war daher aus Per Leos Ausführungen herauszuhören, wenn er zugab: „Sie werden einen überzeugten Rechten nicht vom Gegenteil überzeugen können.“ Was für einen Sinn es dann aber haben soll, mit Rechten zu reden, ist nicht klar.

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