Ludwigshafen Besondere Begegnungen bei der "Langen Nacht der Kirchen"

Innehalten und reflektieren: Holzskulpturen in der Melanchthonkirche.
Innehalten und reflektieren: Holzskulpturen in der Melanchthonkirche.

Großes Angebot, in vielen Gotteshäusern mäßige Resonanz

Vielleicht lag es an den ständigen Regengüssen, den ganzen Pfingstsonntag über, vielleicht auch daran, dass sich das Angebot erst etablieren muss. Für Markus Zimmermann ist es relativ unerheblich, dass seine Mitstreiter und er sich um 19.30 Uhr nur zwei Besucherinnen gegenübersehen. Trotz des ganzen Aufwands, den sie betrieben haben: die Jugendkirche im Stadtteil Süd durch Scheinwerfer und Kerzen ins rechte Licht zu rücken, Themen für Gesprächsrunden zu überlegen, eine Playliste mit Songs zu erstellen, die sich im weitesten Sinne mit den Themen Glauben und Gott beschäftigen. Lieder der Fantastischen Vier und der Toten Hosen schallen durch den schön geschmückten Raum, dessen Wände eine Ausstellung mit Fotografien von Joelle Oechsle zieren. Sie hat Armut und Obdachlosigkeit in Ludwigshafen und Mannheim dokumentiert. „Wir sind seit 10 Uhr zusammen, haben alles aufgebaut und zusammen zu Mittag gegessen“, erzählt Zimmermann. „Natürlich wäre es eine schöne Belohnung, wenn Gäste kommen würden.“ Für die Ehrenamtlichen habe eine Veranstaltung wie die „Lange Nacht der Kirchen“ aber auch einen Selbstzweck: Sie vorzubereiten und zu organisieren, schaffe unter den Jugendlichen und Ehrenamtlichen ein Gemeinschaftsgefühl, und das mache großen Spaß. Zweite Station: In der Innenstadt regnet es um 20 Uhr. Ein paar Tapfere sitzen um das Pfingstfeuer auf dem Lutherplatz, essen zusammen, unterhalten sich. Um die Ecke in der Melanchthonkirche haben sich etwas mehr Menschen eingefunden, um einen besonderen Chor anzuhören: Die A-Capella-Gruppe Imusicapella von den Philippinen gibt einen kleinen Einblick in ihr vielfältiges Programm aus klassischer, geistlicher und moderner Musik. So schmettern die 18 jungen Männer und Frauen zum Beispiel Elton Johns Klassiker „Circle of Life“ in einer sehr originellen Version, bei der ein Solist von einer Art Tierstimmenorchester begleitet wird. Die Gruppe ist zurzeit auf Europatournee und gastiert heute Abend noch einmal in unserer Region: in der Evangelischen Unionskirche in Mannheim-Käfertal (Beginn: 19.30 Uhr). In Ludwigshafen beteiligen sich an diesem Abend sieben Kirchen an der gemeinsamen Aktion. Sie haben kulturelle Veranstaltungen, kleine kulinarische Leckerbissen und die Gelegenheit zum Gespräch und zur Meditation organisiert. So wird in der Friedenskirche in Friesenheim eine Ausstellung mit Künstlern der Hochschule für Glas und Keramik in Höhr-Grenzhausen eröffnet. Vom Turm der Pauluskirche gibt der Posaunenchor Oggersheim ein Ständchen. Die Evangelische Stadtmission zeigt die Ausstellung „Stadtmission gestern und heute“, und die Besucher der Lukaskirche können ein Mitmachkonzert erleben. Und etwas lernen kann man zu später Stunde auch noch. Um 21 Uhr startet eine Führung durch die Apostelkirche im Hemshof. Presbyterin Ingrid Mechnich, die gerade bei der Landeskirche eine Ausbildung zur Kirchenführerin absolviert, erzählt einer kleinen Gruppe von Leuten interessante Dinge. Dass die 1892 bis 1894 erbaute Kirche baugleich im thüringischen Apolda steht. Dass die Orgel aus 2700 Pfeifen besteht, die zwischen zehn Zentimetern und 6,5 Metern groß sind. Dass die Apostelkirche in den ersten 25 Jahren ihres Bestehens „Neue Kirche“ hieß; die alte war die Lutherkirche. Dass an der Fassade, an der man so oft achtlos vorbeiläuft, noch Einschusslöcher aus dem Krieg zu sehen sind. Und vieles mehr. Und am Ende hat die Gruppe die Gelegenheit, an einen Ort zu kommen, der Kirchenbesuchern normalerweise nicht zugänglich ist: über eine schmale Holztreppe zu den großen – Glaube, Liebe, Hoffnung und Frieden gewidmeten – Glocken unter dem Dach. Teilnehmer Björn Lips hat das zwar alles schon einmal gesehen, ist aber trotzdem immer wieder begeistert von der Kirche, in der er vor über 20 Jahren konfirmiert worden ist. Und noch andere Erinnerungen werden wach bei dem 35-Jährigen: Kirchenführerin Ingrid Mechnich (68) ist vor 30 Jahren seine Erzieherin im benachbarten Kindergarten gewesen. So zieht diese erste „Lange Nacht der Kirchen“ am Sonntag zwar keine Besuchermassen an. Aber sie gibt Raum für die eine oder andere besondere Begegnung zwischen Menschen. Und das ist ja auch schon eine ganze Menge.

Lieder mit den Themen Glauben und Gott: gemeinsamer Gesang in der Jugendkirche in Süd.
Lieder mit den Themen Glauben und Gott: gemeinsamer Gesang in der Jugendkirche in Süd.
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