Rhein-Pfalz Kreis Auf dass es nie mehr so weit kommt

Heute nicht mehr vorstellbar: Ein Kinderbuch verherrlicht den Krieg in Worten und Illustrationen.
Heute nicht mehr vorstellbar: Ein Kinderbuch verherrlicht den Krieg in Worten und Illustrationen.

«Böhl-Iggelheim.» 100 Jahre liegt das Ende des Ersten Weltkriegs zurück. Und dieser hat auch in Böhl-Iggelheim seine Spuren hinterlassen. Weit mehr als 100 Gefallene und Vermisste hatten die Menschen in beiden Ortsteilen 1918 zu beklagen. Einblick in einige dieser Schicksale gibt eine Ausstellung des Museumsvereins Böhl-Iggelheim, die am Sonntag im Alten Schulhaus in Iggelheim eröffnet wird.

„Väter und Söhne ziehen aus, geschultert das Gewehr, für’s deutsche Land, für’s deutsche Haus. Kein Weg zu weit und schwer!“ Mit Versen wie diesen sollte das Bilderbuch „Vater ist im Kriege“ schon die Jüngsten für den Krieg begeistern. Illustrationen zeigen unverblümt, dass zu eben diesem Krieg auch blutige Kämpfe und Verluste gehören. „Allein die Überlegung, so etwas Kindern in die Hand zu geben, ist heute ausgeschlossen“, findet Jochen Hauptmann vom Museumsverein. Gemeinsam mit seinen Mitstreitern Reinhold Schneider, Irma Nonnenmacher, Norbert Stuck, Gerhard Ritter und Theo Brendel hat er für die Ausstellung zahlreiche Dokumente und Stücke zusammengetragen, die dem Betrachter die Ereignisse von 1914 bis 1918 am Beispiel persönlicher Schicksale näherbringen. Dazu gehört zum Beispiel eine große Sammlung von Postkarten und Briefen, welche die Soldaten nach Hause geschickt haben – häufig mit Werbung für Kriegsanleihen auf der Vorderseite. „Im Ersten Weltkrieg hat man zum ersten Mal die ganze Bevölkerung mit eingebunden“, sagt Jochen Hauptmann. Neben den Kriegsanleihen sollten die Menschen den Krieg auch mit verschiedenen Sachspenden unterstützen. „Es gab Näh- und Strickstuben“, erzählt der Iggelheimer. Die Menschen hätten Edelmetalle gespendet und im Austausch Eisenpfannen bekommen. Und sogar ihr Haar hätten viele Frauen für die Soldaten hergegeben. Damit seien etwa Rohre isoliert worden. Und noch eine Verwendung gab es für die Haare. „Die Frauen haben daraus Uhrenketten gemacht. Die haben sie ihren Söhnen und Männern mitgegeben als Glücksbringer, damit sie wieder heimkommen“, sagt die Vorsitzende des Museumsvereins, Irma Nonnenmacher. Sie selbst hat so eine Uhrenkette für die Ausstellung zur Verfügung gestellt. „Das ist das Haar meiner Großmutter Ida Klein“, erzählt Nonnenmacher. Das kunstvoll geflochtene Band ist mit filigranen Verschlüssen mit Gravur versehen. Und es zeugt zugleich von der Grausamkeit des Krieges: „Mein Großvater ist trotzdem nicht mehr zurückgekommen.“ An einer Schauwand ist der Verlauf des Ersten Weltkriegs übersichtlich dargestellt. „Den Ablauf haben wir durch Zeitungsausschnitte und Plakate ergänzt“, sagt Jochen Hauptmann. Auch viele historische Fotos – nicht nur von Beteiligten aus Böhl-Iggelheim – haben Vereinsmitglieder zur Verfügung gestellt. Besonders beeindrucken jedoch vor allem die Bilder und Dokumente, die dem Kriegsgeschehen ein Gesicht und einen Namen geben. So wie Jakob Schäfer, der im 18. Infanterieregiment Landau gedient hat und am 27. September 1915 bei Hulluch in Frankreich gefallen ist. Seine Familie bekam zum Dank für den Einsatz das Eiserne Kreuz und ein besticktes Bild zurück. Darauf werden seine Porträts von den Worten „Den Heldentod für das deutsche Vaterland gestorben! Ehre seinem Andenken!“ umrahmt. Die Familie von Jakob Strottner dagegen musste sich mit einem allgemeinen Ehrenbild auf Papier begnügen. Später, als es immer mehr Opfer gab, sei es üblich gewesen, diese Bilder zusammen mit dem Totenschein in einer Versandrolle an die Angehörigen zu schicken, sagt Jochen Hauptmann. Wer sich intensiver mit den Einzelschicksalen beschäftigen möchte, findet in der Ausstellung einen Ordner mit Postkarten der Soldaten und ihrer Familien. Einige haben die Organisatoren auch an den Wänden angebracht, zusammen mit dem Text in moderner Druckschrift. Zu wissen, welches Schicksal die Absender kurz nach dem Schreiben dieser Zeilen ereilt hat, macht die Tragik des Kriegs spürbar. Ludwig Lützel etwa habe morgens noch eine Karte an seine Frau geschrieben und sei nachmittags gestorben, weiß Jochen Hauptmann. Und auch Irma Nonnenmacher berichtet aus ihrem Bekanntenkreis: Ihre Patin habe noch wenige Tage vor Kriegsende voller Sorge an ihren Sohn Karl Georg Keller geschrieben, weil sie seit Tagen nichts von ihm gehört habe. „Zu diesem Zeitpunkt war er schon tot.“ Mit seiner Ausstellung möchte der Böhl-Iggelheimer Museumsverein verdeutlichen, welche Auswirkungen ein Krieg hat und warum es nie wieder soweit kommen sollte. „Darum Europa!“ steht deshalb auch groß auf einer der Schauwände. Eine Botschaft, die sicherlich auch die Gäste aus der französischen Partnergemeinde Wahagnies zu schätzen wissen, die am Samstag bereits die Ausstellung ansehen werden. Ihr Besuch in Böhl-Iggelheim zeigt einmal mehr, dass aus ehemaligen Feinden Freunde werden können. Termin Die Ausstellung „100 Jahre Ende des I. Weltkriegs“ im Alten Schulhaus, Haßlocher Straße 2, wird am Sonntag, 18. November, um 14 Uhr eröffnet. Weitere Öffnungszeiten sind jeweils sonntags, 25. November, 9. Dezember und 16. Dezember, von 14 bis 17 Uhr oder nach Vereinbarung.

Unterschiedliche Exponate hat der Verein zusammengetragen – eine Bayerische Pickelhaube, ...
Unterschiedliche Exponate hat der Verein zusammengetragen – eine Bayerische Pickelhaube, ...
... Erinnerungsbilder wie dieses mit speziellem Rahmen ...
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In alte Sammelalben sind Kriegsbilder eingeklebt - sie zeigen Männer, Panzer und verwüstete Kriegsschauplätze.
In alte Sammelalben sind Kriegsbilder eingeklebt - sie zeigen Männer, Panzer und verwüstete Kriegsschauplätze.
... und auch goldene Auszeichnungen werden gezeigt.
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