Ludwigshafen Anspruchsvolles freundlich verpackt

Mit Triosence hat das Kulturforum Altrip eine der angesagtesten Formationen des deutschen Jazz in die kleine Gemeinde am Rheinufer geholt. Das Trio ist mit seinem aktuellen Album „Hidden Beauty“ unterwegs, stellte aber auch neue, noch unveröffentlichte Stücke vor. Es gab sogar eine Uraufführung.

Kompliziertes einfach klingen zu lassen, das sei große Kunst, erklärte Pianist und Komponist Bernhard Schüler den Zuhörern. Falls also jemand nicht gemerkt habe, dass im Eröffnungsstück von Album und Konzert „As if it were Yesterday“ die Taktarten ständig wechseln, sei das gerade gut. Tatsächlich klingt das anspruchsvoll gebaute Stück entspannt und fließend und vor allem sehr harmonisch. Das ist ein Merkmal, das sich durch den Abend zieht, eine sehr konsonante Musik, die stellenweise an Vince Guaraldi erinnert – den Pianisten, der mit seinem Trio die Musik zu den „Peanuts“-Zeichentrickfilmen gemacht hat. So erklärt sich auch die enorme Beliebtheit von Triosence. Man kann mit Freude zuhören, auch ohne Jazz-Erfahrung. Den oft optimistischen und heiteren Klang der Musik darf man aber nicht mit Mangel an Tiefe oder Raffinesse verwechseln. Es gibt immer wieder sehr komplexe Ideen, die Bernhard Schüler allerdings in elegante Leichtigkeit verkleidet. Ein Beispiel ist das neue, noch unveröffentlichte Stück „Going in Circles“. „Das Thema moduliert durch den ganzen Quintenzirkel“, erklärte Schüler. Beim genauen Hinhören merkte man aber, dass schon innerhalb des Themas der Komponist eine Akkordfolge verwendet, die ihrerseits moduliert. Der große Kreis besteht also aus vielen kleinen Kreisen, was dem ganzen die Struktur eines Fraktals gibt, bei der sich eine kleine Form in einer größeren wiederholt. „Das war jetzt Swing und straight ahead Jazz, jetzt kommen wir zu European Modern Jazz“, sagte Schüler nach dem Stück und fügte gleich hinzu: „Das sollte sie aber nicht beängstigen.“ Offenbar weiß er sehr genau, dass manche Menschen vor Dissonanzen und schroffen Klängen zurückschrecken. Aber da ist es, wie mit scharfem Essen: Der eine genießt, was dem anderen den Atem raubt. Auch das so behutsam eingeführte „Some things never change“ vom aktuellen Album ist keineswegs überwürzt. Es hat dafür wieder ein zugrunde liegendes Konstruktionsprinzip, das Schüler konsequent entwickelt. Ein Ton, ein „d“, bleibt von Anfang bis Ende derselbe. Tom Jobim hat sich mit seinem „One Note Samba“ mal einen ähnlichen Spaß gemacht, aber nur für die Hälfte des Stücks. Schüler zieht das hingegen ganz durch. Allerdings bekommt der Ton eingebettet in wechselnde Harmonien ganz verschiedene Funktionen und wird auch vom Bass weitergereicht ans Klavier und wieder zurück, das Stück wird doppelt so schnell und laut und es entsteht eine Menge Wirbel um das beharrliche „d“ herum. Triosence wurden 1999 von Bernhard Schüler gegründet. Die Gründungsformation gibt es so nicht mehr, nach Altrip kam Schüler mit Omar Rodriguez Calvo am Bass. Der aus Kuba stammende Musiker, den man vor allem als Mitglied des Martin Tingvall Trios kennt, hat einen enormen Groove und als Solist beeindruckende Virtuosität mit tollem Ton. Am Schlagzeug sitzt Stephan Emig, der auch anspruchsvollste Rhythmen locker und fließend klingen lässt. Bernhard Schüler wurde 1979 in Kassel geboren, studierte an der Musikhochschule Köln und lebt wieder in Kassel.

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