Rhein-Pfalz Kreis An die Urne, fertig, los!

Torschlusspanik in Böhl-Iggelheim? Nicht doch! Auch wenn kurz vor 18 Uhr die Turnhalle der Jakob-Heinrich-Lützel-Grundschule noc
Torschlusspanik in Böhl-Iggelheim? Nicht doch! Auch wenn kurz vor 18 Uhr die Turnhalle der Jakob-Heinrich-Lützel-Grundschule noch supervoll ist. Viele haben erst den Sonntagsausflug genossen und sind dann noch schnell ihre Kreuzchen machen gegangen.

«Rhein-Pfalz-Kreis.» Der Blick in die Kommandozentrale, ins Allerheiligste in der Verbandsgemeinde Maxdorf an diesem Wahlabend. Im Büro von Bürgermeister Paul Poje (CDU) im obersten Stockwerk des Rathauses laufen alle Fäden zusammen. Alle Zahlen, die die Wahlhelfer in die 51 Miet-Laptops der Verwaltung tippen, trudeln hier ein – nach und nach. Denn das kann dauern, wie sich zeigt. Ein Wahlabend ist auch immer eine Geduldsprobe. Gegen 18.30 Uhr kommt Ortsbürgermeister Werner Baumann (CDU) in das Zimmer, Herausforderer Nils Max (SPD) ist da schon da. Mit Frau und Kind. Er lächelt. Baumann nicht – obwohl er nach den ersten Stimmbezirken bei knapp über 50 Prozent liegt. „Das ist enttäuschend“, sagt er, blickt auf die ersten Ausdrucke und legt sein Sakko ab. Er meint weder sein Ergebnis, noch die 33 Prozent von Max, sondern die 15 Prozent, die dem Grünen-Kandidaten Rainer Bahnemann ihre Stimme gegeben haben. Und Baumann weiß: Das könnte enger werden als gedacht mit dem Durchmarsch. Denn die Briefwähler fehlen noch komplett – und das sind in Maxdorf knapp 2000. Zur gleichen Zeit wird im Birkenheider Dorfgemeinschaftshaus wild mit Wahlzetteln hantiert. Die Wahlhelfer haben alle Hände voll zu tun. Um 19.03 Uhr sieht das schon anders aus. Da hat der eine oder andere zumindest wieder eine Hand frei, und mit der wird hingebungsvoll auf dem Smartphone herumgetippt. Die Verbindung zu den Kontaktmännern in der Verbandsgemeindeverwaltung Maxdorf steht. Da aber RHEINPFALZ-Redakteure ebenfalls gut vernetzt sind, ist bald klar, dass der Deal mit Daten begonnen hat, erste Ergebnisse ihre virtuelle Laufbahn nehmen. Screenshots per Whatsapp verteilt werden. Schon munkelt man, dass in Birkenheide wie in Maxdorf tatsächlich Sieger feststehen. Zwei sollen durchmarschiert sein – gleich im ersten Anlauf, ganz ohne Stichwahl. Und wer sind die beiden? Krimimäßig – das Ende eines Wahltags ist einfach spannend. Als Sieger und Verlierer sich in Birkenheide die Hände schütteln, hat Dagmar Tossmann nicht nur einen neuen alten Chef, sie ist auch seit 13 Stunden im Dorfgemeinschaftshaus. Tossmann arbeitet bei der Gemeinde, ist die rechte Hand des Ortsbürgermeisters und hat früh um 7 Uhr aufgeschlossen, außerdem die Fahnen gehisst. Die Landes- und die Dorffahne. So ein Wahltag ist halt schon ein besonderer Anlass. Egal, wie er am Abend ausgeht. Wer aufmerksam gelesen hat, weiß übrigens schon jetzt, wie der Ortsbürgermeister in Birkenheide heißt. Auch in Rödersheim-Gronau stehen die Menschen früh auf. Bereits um 8 Uhr ist richtig viel los in den Wahllokalen, berichtet Markus Lehmann, Büroleiter der Verbandsgemeinde Dannstadt-Schauernheim. Mit Bürgermeister Stefan Veth (CDU) ist er sämtliche Wahllokale abgefahren. Um bei der Rückkehr ins Rathaus erst einmal einen Schrecken zu bekommen: Da stand die Polizei vor der Tür. Er habe zunächst Schlimmes befürchtet: „Na, das geht ja gut los.“ Doch die pflichtbewussten Beamten hätten nur überprüft, ob alles in Ordnung ist. Puh. Durchschnaufen. Brigitte Defieber fühlt sich derweil mit den vielen Stimmzetteln überfordert. „Für so eine wichtige Wahl war es eigentlich zu viel, das alles auf einmal zu machen“, sagt sie. Und Briefwahl als Alternative mit mehr Zeit zum Überlegen? Das kommt für sie nicht in Frage: „Ich bin zu faul, mir vorher die Unterlagen zu besorgen, alles auszufüllen und zu verschicken“, sagt sie. Inzwischen gibt sich das willige Wahlvolk im Rathaus die Klinke in die Hand – und die Kugelschreiber. Der Andrang ist so groß, dass die Leute wie im Arztwartezimmer kurz Platz nehmen und warten müssen, bis die nächste Kabine frei wird. Wahlhelferin Bettina Kleemann und ihre Mitstreiter koordinieren den Trubel wie erfahrene Verkehrspolizisten. „Dort drüben ist eine Kabine frei. Sie können sich schon mal Ihre Wahlunterlagen holen, und gedulden Sie sich bitte noch einen Moment.“ Die Leute sind jedoch total entspannt. Bekannte treffen sich, plaudern miteinander. Und ein Vater erklärt seinem kleinen Sohn: „Das ist zwar bunt, aber nicht zum Basteln.“ Och, schade ... Die blauen, roten, weißen und grünen Wahlzettel wären sicher ganz tolle Papierflieger geworden. Origami für Anfänger? Es gibt auch Wahllokale, da hätten die Wahlhelfer zwischenzeitlich ganz Kunstwerke aus den Wahlunterlagen basteln können. In Limburgerhof ist es zumindest am Nachmittag im Rathaus relativ ruhig. Zumindest bei Uwe Zürker. Der Geschäftsführende Beamte hat die Zeit, Fragen von Kollegen aus anderen Kreisgemeinden zu beantworten. Manchmal muss man Telefonjoker spielen“, sagt er und lacht. Er weiß allerdings auch, dass es in so manchem Limburgerhofer Stimmbezirk bereits zu Wählerschlangen kam. So, wie am Kuchenstand des Karnevalvereins. Ha, aber die letzen zwei Stück Fantatorte, die sind ergattert, die Kaffeepause gerettet. Während andere sich fluffigen Rührteig mit Sahnecreme und Mandarinenstücken schmecken lassen und der etwas andere Bürgermeisterkandidat für die Verbandsgemeinde Rheinauen mit zwei Eistüten in der Hand am Reginozentrum vorbeiläuft, isst Jürgen Jacob zu Mittag. Er kommt erst gegen 15.30 Uhr in die Pause. Als Noch-Ortschef laufen bei ihm doch irgendwie alle Fäden zusammen. Und während er nach Hause eilt, rutscht in Altrip die Dorffahne vom Mast. Ein Zeichen? Im Reginozentrum sind die mehr als 60 Wahlhelfer guten Mutes, den Wahl-Marathon gut über die Bühne zu bringen. Und wenn das Auszählen ein bisschen dauert, sei’s drum. „Auf Altrip zu warten, ist keine verlorene Zeit“, sagt Steffen Schneider. Hier ist die Kommandozentrale in der Seniorenstube eingerichtet. Zur gleichen Zeit beginnen die Helfer, die Briefwahlunterlagen zu öffnen. Nicht, um auf die Kreuzchen zu linsen, versteht sich. Sie wollen überprüfen, ob alles seine Richtigkeit hat. Tatsächlich finden sie manch ungültigen Wahlzettel, etwa wenn Unterschriften fehlen. In Neuhofen ist die Sache eigentlich schon vor der Wahl klar. Es gibt nur einen Kandidaten, der Ortsbürgermeister werden möchte – Ralf Marohn (FDP). „Trotzdem muss man 50 Prozent hinbekommen“, sagt Andreas Seibert, der im Bürgerhaus sitzt und Wahlvorstand des Stimmbezirks 2 ist. Viele Menschen kommen in den Neuen Hof, um ihr Kreuz zu machen. Das gute Wetter motiviert offenbar, den sonntäglichen Spazier- mit dem Urnengang zu verbinden. Nur die großen weißen Pollen der Pappeln, die im Rhein-Pfalz-Kreis vielerorts unterwegs sind, kitzeln in der Nase. Eine halbe Stunde bevor die Stimmabgabe endet, ist Karl-Heinz Hasenstab völlig entspannt. Der Böhl-Iggelheimer Beigeordnete behält in der Turnhalle der Jakob-Heinrich-Lützel-Grundschule den Überblick. Alle Stimmbezirke des Ortsteils Iggelheim werden hier zusammengefasst, laut Hasenstab ein Novum, das sich auszahlt. Bis zum Schluss gehen die Menschen zur Wahl, im Lokal hat es tatsächlich etwas von Wirtschaftsstimmung. Fehlt nur der Schorlestand. Und noch bevor der letzte Umschlag in die Urne gleitet, baut der IT-Spezialist seinen Computer auf. Damit auch die Auszählung zügig über die Bühne geht. Zurück in die Maxdorfer Kommandozentrale. Immer wieder wird es still am Tisch. Es werden Tabellen abfotografiert, Fotos hin- und hergeschickt, inoffizielle Ergebnisse sickern durch. Stichwahl in Fußgönheim. Durchmarsch in Birkenheide. Von Maxdorf fehlen noch immer die Briefwähler. Dann lehnt sich Werner Baumann in seinem Stuhl zurück. Seine Anspannung weicht. „Es scheint da zu sein, das Ergebnis“, sagt er. Zufriedenheit stellt sich ein. 53 Prozent. Das passt. „Jetzt wird eine Flasche Sekt aufgemacht“, sagt er. Wie es sich für einen Christdemokraten gehört – bei der Wahlparty im Pfarrheim. Und in Birkenheide? Da haben inzwischen alle ihre Handys eingepackt. Vor allem zwei haben jetzt die Hand frei: Noch-Bürgermeister Siegmund Hein gratuliert seinem Vorgänger und Nachfolger Rainer Reiß. Und Dagmar Tossmann reibt sich die Augen. Sie ist müde. Aber der Wahltag ist vorbei. Gleich kann sie das Dorfgemeinschaftshaus absperren. Die Fahnen bleiben einstweilen hängen. Morgen ist auch noch ein Tag.

Kräftiger Handschlag in Maxdorf nach der Auszählung: Sieger Werner Baumann und Herausforderer Nils Max.
Kräftiger Handschlag in Maxdorf nach der Auszählung: Sieger Werner Baumann und Herausforderer Nils Max.
Bei der Arbeit in Altrip: Ortsbürgermeister Jürgen Jacob und Wahlhelferin Manuela Lehmann.
Bei der Arbeit in Altrip: Ortsbürgermeister Jürgen Jacob und Wahlhelferin Manuela Lehmann.
Der alte und der neue alte Ortsbürgermeister: In Birkenheide gratuliert Siegmund Hein seinem Vorgänger und Nachfolger Rainer Rei
Der alte und der neue alte Ortsbürgermeister: In Birkenheide gratuliert Siegmund Hein seinem Vorgänger und Nachfolger Rainer Reiß.
Nanu, wer wählt denn da? Edward Mansky übt schon mal!
Nanu, wer wählt denn da? Edward Mansky übt schon mal!
Demokratie vorleben: In Neuhofen kommen viele Eltern mit ihren Kindern zum Wählen ins Bürgerhaus.
Demokratie vorleben: In Neuhofen kommen viele Eltern mit ihren Kindern zum Wählen ins Bürgerhaus.
Rote, gelbe, grüne, blaue: Maxdorfer Wahlhelfer beim Sortieren.
Rote, gelbe, grüne, blaue: Maxdorfer Wahlhelfer beim Sortieren.
x