Rhein-Pfalz Kreis Am Rande: Das Schicksal der Stickelspitzer

Otterstadter und Waldseer haben sich ja schon zu Urzeiten gekappelt oder zumindest kritisch beäugt. Das hat so eine ellenlange Tradition, dass selbst die heute ganz Alten nicht mehr wissen, warum sie die aus dem Nachbarort eigentlich nicht mögen. Erst draufhauen, dann nachdenken – wenn überhaupt. Immerhin, heute verhaut man sich nicht mehr gegenseitig. Man spöttelt nur noch übereinander und seit es die neue Verbandsgemeinde Rheinauen gibt, hat man sich sogar fast schon gern, weil das Übel, das man kennt, ja allemal besser ist als ein unbekanntes. Unvergessen sind aber die alten Geschichten. Etwa die von den Waldseern, die ihre Hämmel haben ersaufen lassen, weil der Schäfer zu blöd war und sie auf dünnes Eis geführt hat. Im Ort gab’s dann Schaf-Fleisch bis zum Abwinken, aber dann war die Sache buchstäblich gegessen. Fast schon vergessen, nun aber aus Aktualitätsgründen wieder interessant, ist die Geschichte von den Otterstadtern, die tatsächlich geglaubt haben, sie bekommen einen Eisenbahnanschluss und schon mal die Stickel für die Trasse gespitzt haben. Die Blamage war groß, als der Betrug aufflog. Aber die Sache war eben nicht gegessen, denn die Otterstadter spitzen heute noch einmal im Jahr die Stickel zum Stickelspitzerfest, weil sie wahrscheinlich immer noch insgeheim an die Bahnanbindung glauben. Und was passiert: der Landrat des Rhein-Pfalz-Kreises, Clemens Körner (CDU), äußert den Vorschlag, zu prüfen, ob Waldsee an die Bahn anzubinden ist. Au weia, das ist nicht gut für den labilen Frieden zwischen den beiden Dörfern. Und sollte dann tatsächlich mal eine Bahn nach Waldsee fahren, könnte Otterstadt vielleicht wenigstens eine Schafherde bekommen?

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