Rheinpfalz Abseits des üblichen Wegs

Will sich in der Mannheimer Gastroszene einen Namen machen und noch als alter Mann in seinem Café sitzen: Thomas Schäffner.
Will sich in der Mannheimer Gastroszene einen Namen machen und noch als alter Mann in seinem Café sitzen: Thomas Schäffner.

«Mannheim.» Thomas Schäffner wirkt nicht wie der Anführer eines Himmelfahrtskommandos. Ruhig, besonnen und vor jedem Satz lange nachdenkend – so läuft das Gespräch mit dem 46-Jährigen. Das Gespräch darüber, dass er einen sechsstelligen Betrag in den Umbau eines türkischen Cafés mit mutmaßlichen Hinterzimmeraktivitäten zur Jazzbar investiert hat – und das in einer Straße, in der weitgehend tote Hose herrscht, von einem Nachtclub einmal abgesehen. Schräg gegenüber finden Drogenkonsumenten im Kontaktladen „Kompass“ des Drogenvereins bis 17 Uhr eine Anlaufstelle. Berührungspunkte mit ihnen gibt es kaum, da Schäffner seine Kneipe erst um 18 Uhr öffnet. Zweieinhalb Jahre lang hat er nach einem Objekt gesucht. Eine aufreibende Zeit. Vieles, was er im Auge hatte, war dann doch zu teuer, aus irgendeinem Grund ungeeignet oder am Ende schon anderweitig vergeben. „Ich habe festgestellt, dass die interessanten Gastro-Lagen in Mannheim unter der Hand weggehen“, sagt er. „Die tauchen gar nicht erst in der Zeitung oder im Internet auf.“ Als er dann endlich fündig geworden war, setzte keine Phase der Nervenschonung ein. Im Gegenteil: Renovierungskosten, die immer höher und höher wurden und am Ende jeden Puffer sprengten, und viele Gespräche mit Behörden darüber, was in diesem Teil der Quadrate, der vor allem ein Wohngebiet ist, möglich ist und was nicht – sie haben Schäffner um manche Stunde Nachtschlaf gebracht. Immerhin, über eine Sache muss sich der 46-Jährige keine Sorgen machen: Schulden bei der Bank zurückzahlen zu müssen. Da ihm kein Darlehen gewährt wurde, wie er erzählt, muss er auch keine Raten abstottern. Die Finanzierung haben mehr oder weniger komplett seine Eltern gestemmt. „Ich bin Einzelkind“, sagt der Neckarauer, „und meine Mutter meinte irgendwann: Ach, Thomas, du erbst es doch sowieso.“ Bei der Mutter mag wohl auch ein bisschen Erleichterung darüber eine Rolle gespielt haben, dass der Sohn sich endlich darauf festgelegt hatte, was er beruflich machen möchte. Thomas Schäffner, der in Mannheim geboren und aufgewachsen ist, machte sich nach einer Elektronikerlehre bei Mercedes auf nach Westen: In Kaiserslautern studierte er Raum- und Umweltplanung. 23 Semester lang. Als er nach über zehn Jahren endlich den Abschluss hatte, wusste er: Es wird sehr schwierig, eine Stelle zu finden, die mich interessiert. Also jobbte er weiter in der Gastronomie, wie schon sein ganzes Studentenleben lang, angefangen bei seinem ersten Job in der Kammgarn. „Irgendwann wurde mir klar: Das kann eine Perspektive sein“, erinnert er sich. Und als ihm bewusst wurde, dass er schon fast so lange in Kaiserslautern lebt wie in seiner Heimatstadt, entschied er sich: Ich gehe zurück in die Stadt des SV Waldhof und der Adler. Von beiden Mannschaften ist er Fan. Schäffners Traum ist es, in der Mannheimer Gastronomie eine Persönlichkeit zu werden und noch im hohen Alter in seinem Café zu sitzen und durch die großen Fenster auf die Straße zu schauen. Da er bisher aber weit entfernt ist vom Bekanntheitsgrad eines Adonis (Café Prag), eines Saki (Rhodos) oder eines Mahmut (Riz) und seine Lage wie erwähnt auch nicht gerade 1A ist, wusste er: Ich brauche ein einzigartiges Konzept. Sein Programm mit vier, fünf Jazzkonzerten im Monat bei freiem Eintritt hält er für einzigartig. Dass ab Herbst mit dem „Ella & Louis“ ein neuer Jazzclub unter der künstlerischen Verantwortung von Thomas Siffling im Rosengartenkeller eröffnen soll, schreckt ihn nicht. Dieser habe eine ganz andere Zielgruppe. „Bei mir soll man gemütlich etwas trinken, lesen und sich unterhalten können“, sagt Schäffner. „Und dazu läuft den ganzen Abend Jazzmusik.“ Bisher arbeitet der Laden noch nicht kostendeckend. Aber Schäffner ist optimistisch, lange durchzuhalten. „Ich habe jetzt wenig Geld, aber viel Freiheit“, sagt der 46-Jährige und schiebt noch einen fast philosophischen Satz hinterher. „Und das ist auch nicht schlimmer als umgekehrt.“

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