Landau Und sie tippen, tippen, tippen

Donnerstagmittag, 12 Uhr. Mit roten Shirts und Klemmbrettern stehen sie an der Kreuzung an der Queichheimer Brücke. Zwei Männer, die auf Autos starren. Sie notieren sich irgendwas. Was die da genau machen? Sie gucken, wer hinterm Steuer mit dem Handy spielt oder telefoniert. Warum? Weil das ganz schön gefährlich sein kann.

Es gehört inzwischen zum Autofahren wie das Radio: das Smartphone. Nicht selten sieht man Verkehrsteilnehmer, die während der Fahrt hinterm Steuer telefonieren. Oder sie schreiben Whatsapp-Nachrichten: Kopf nach unten geneigt, Hände vorm Oberkörper, krummer Rücken. „Gebetshaltung“ – so sagt Mario Schmidt dazu. Als Regionalbeauftragter des Auto Club Europa (ACE) – mit rund 570.000 Mitgliedern der zweitgrößte Verkehrsclub Deutschlands – ist er unter anderem für Rheinland-Pfalz zuständig. Er weiß nur zu gut, dass diese „Gebetshaltung“ gefährlich sein kann. Darauf will er mit Kollegen aufmerksam machen – auch in der Südpfalz. In Landau wurde gestern zum dritten Mal nach Verkehrssündern Ausschau gehalten, das erste Mal im März. Auch in Bellheim wurde schon „kontrolliert“. Rund zwei Stunden verbrachte Schmidt gestern mit dem Landauer Karl-Heinz Danzscher, der zum Vorstand des ACE-Kreises Rheinpfalz/Neustadt/Landau gehört, an der Kreuzung an der Queichheimer Brücke. Dort notierten sie, wer an der Ampel steht und sich die Zeit mit dem Smartphone vertreibt. „Wir wollen wissen, wer den Hörer direkt am Ohr hat und wer tippt“, so Schmidt. Wer mit dem Handy hinterm Steuer sitzt, muss zahlen, wenn er dabei erwischt wird: 60 Euro. Dazu gibt’s noch einen Punkt. Doch Bußgeld musste gestern Mittag niemand zahlen, der von Schmidt und Danzscher ertappt wurde. Die Smartphone-Süchtigen wurden anonym erfasst – und das nicht nur in Landau. „Das ist eine bundesweite Aktion“, sagt der Regionalbeauftragte. Und diese Aktion heißt „Park dein Handy, wenn du fährst!“ Im September sollen alle Beobachtungen zwischen Flensburg und Garmisch ausgewertet werden. Schmidt ist sich sicher, dass da einiges zusammenkommt. Er weiß, dass in Deutschland aktuell rund 42 Millionen Smartphones im Umlauf sind. „Die Sucht ist da“, berichtet Schmidt. „Da wollen wir auf die Gefahren hinweisen, wir wollen sensibilisieren.“ Wer beispielsweise mit Tempo 100 auf der Autobahn unterwegs sei und nur zwei Sekunden aufs Handydisplay schaue, lege 60 Meter im Blindflug zurück, rechnet Schmidt vor. „Und das ist sehr gefährlich.“ Zwischen 2008 und 2013 sei die Zahl der Unfälle mit ungeklärter Ursache um 56 Prozent gestiegen – viele wohl aufgrund von Ablenkung durch Spielereien mit Apps. An der Kreuzung in Landau haben die ACE-Männer knapp eineinhalb Stunden beobachtet. Nicht alle Fahrer starrten beim Halten brav auf die Ampel: 30 Verkehrsteilnehmer telefonierten (20 Männer, zehn Frauen), zwölf tippten auf ihren Smartphones herum (sieben Männer, fünf Frauen). Das Gesamtergebnis der vier Kontrollen in der Südpfalz: 89 Fahrer wurden beim Telefonieren ertappt (58 Männer, 31 Frauen), 36 beim Tippen (20 Männer, 16 Frauen). Schmidts Fazit: „Diese Zahlen sind viel zu hoch!“ Der ACE-Regionalbeauftragte rät allen Autofahrern, Whatsapp und Co. während der Fahrt einfach mal links liegen zu lassen. „Lieber mal fünf Minuten Pause machen!“ Denn jeder, der sich vom Smartphone ablenken lasse, gefährde nicht nur andere, sondern auch sich selbst. (kjp)

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