Landau Und plötzlich geht’s nicht weiter

Eine „Stadtinspektion“ der besonderen Art stand am Donnerstagnachmittag an. Angeführt von Andreas Kuhn vom Institut für Sonderpädagogik an der Universität Landau zog ein langer Zug durch die Ostbahnstraße bis zum Rathaus. Die Idee dazu war am Stammtisch „Barrierefreies Landau“ aufgekommen, dessen Mitglieder sich regelmäßig treffen. Ihr erklärtes Ziel ist es, Landau für alle Landauer und auch für Gäste uneingeschränkt erlebbar zu machen. Ohne Hindernisse auch für diejenigen unter ihnen, die mit Einschränkungen leben müssen, weil sie vielleicht nicht gut sehen, hören oder laufen können. Die ersten Mängel entdeckte die stark sehbehinderte Susann Brunck schon beim Start am Hauptbahnhof. Die dort angebrachten „Leitlinien“, besonders gerillte Bodenplatten, seien sehr lückenhaft, kritisierte sie. „Sie hören plötzlich auf und wir Sehbehinderten verlieren den weiteren Kontakt, der Blindenstock greift dann nicht mehr“, ließ sie diejenigen wissen, die diesen Mangel nicht selbst erleben, weil sie sehen können. Die gleichen Lücken wurden am Donnerstag auch am Busbahnhof entdeckt. Ralf Bernhard vom städtischen Bauamt konnte jedoch Entwarnung geben. Er habe bereits veranlasst, dass diese Lücken bald geschlossen werden. Beklagt wurde von den Behinderten auch, dass es in Landau nur zwei öffentliche Toiletten gebe: eine auf dem Bahnhofsvorplatz und eine am Rathaus. Da bestünde in Landau ein großer Nachholbedarf. Rollstuhlfahrer Walter Herrmann, der von Mariel Hagelstein vom Bethesda begleitet wurde, wies darauf hin, dass die Ampelanlage an der Godramsteiner Straße viel zu kurz auf Grün geschaltet sei und das gefahrlose Überqueren dieser viel befahrenen Straße deshalb oft völlig unmöglich sei. Nicole Bögge, die im Alltag ebenfalls auf den Rollstuhl angewiesen ist, verwies auf die Kopfsteinpflasterung im Stadtzentrum. „Der Weg darüber ist für mich oft mit körperlichen Schmerzen verbunden, wenn ich mal alleine, ohne Alexander Hahn vom Caritas-Förderzentrum in Queichheim, unterwegs bin“, beklagte sie. Doch nicht nur Rollstuhlfahrer haben es im Landauer Zentrum nicht immer einfach. Nicht wenige Menschen litten an Muskelschwund, wie Christian Kolain vom Club der Behinderten (cbf) ausführte und darauf aufmerksam machte, dass für diese Menschen in Landau einfach zu wenige Bänke zum Erholen und Ausruhen aufgestellt seien. Neben der vielen Kritikpunkte, die zur Sprache kamen, äußerten sich bei dem Rundgang aber auch einige Rollstuhlfahrer positiv über die Situation in der Stadt. Wie beispielsweise Eva Doppler, die an der Horstbrücke wohnt und nach eigenen Angaben vom Osten der Stadt bis zum Zoo im Westen ohne Schwierigkeiten durchkomme, weil sie sich ihren Weg – mit einigen Umwegen – selbst ausgedacht habe. Großes Lob aller Behinderten erntete an diesem Nachmittag auch das Projekt Deutsches Tor. Sie waren sich einig: „Der Bürgersteig dort ist so breit geplant worden, dass dort glatte Bodenplatten für die Rollstuhlfahrer und gerillte Leitlinien für stark Sehbehinderte verlegt werden konnten.“ Im Anschluss an die Begehung gab es im Ratssaal des Rathauses einen Erfahrungsaustausch mit vielen Anregungen und Vorschlägen von Menschen mit einem Handicap. Bürgermeister und Sozialdezernent Thomas Hirsch (CDU) war sich mit Maik Leidner, dem städtischen Behindertenbeauftragten, Sozialamtsleiter Hans-Joachim Malo und Günter Scharhag als Mitglied des städtischen Bauausschusses dahingehend einig, dass das Thema Barrierefreiheit in Zukunft auf alle Fälle bei neuen Projekten besondere Beachtung finden müsse. Andreas Kuhn, der das Treffen organisiert und die Gruppe durch die Stadt geführt hatte, lud alle Teilnehmer dazu ein, sich dem Stammtisch „Barrierefreies Landau“ anzuschließen und mit ihren Ideen die Situation der Menschen zu verbessern. (ohu)

x