Landau Therapeuten klagen an

Minister Spahn muss jetzt reagieren, meinen die Aktivistinnen, die in Landau protestierten.
Minister Spahn muss jetzt reagieren, meinen die Aktivistinnen, die in Landau protestierten.

Die Anzeige vor der Sparkasse in der Landauer Ostbahnstraße zeigte am Samstag gegen 9 Uhr kühle 17 Grad. Trotz ungemütlichen Regens fand sich eine kleine Gruppe von Ergotherapeutinnen und Logopädinnen in der Landauer Innenstadt ein, um mit Kreide das Pflaster zu beschriften und so auf ihre schwierigen Arbeitsbedingungen aufmerksam zu machen. Die Aktion gab es parallel in vielen deutschen Städten. „Heilmittelerbringer“ wie Physio- und Ergotherapeuten, Logopäden und Podologen, die sich an dem bundesweiten Protest beteiligen, kritisieren die Missstände, mit denen sie sich in ihrem Berufsalltag konfrontiert sehen. „Die Bewegung hat mittlerweile schon viele mobilisiert“, berichtet Lena Eck, die Initiatorin der Landauer Gruppe. Allerdings fügt sie hinzu: „Es gibt auch Kollegen, die interessiert es überhaupt nicht. Dabei geht es um unser aller Zukunft. Ich würde meine Mitarbeiter gerne so vergüten, wie sie es verdient haben.“ Die Gruppe teilt sich auf und zieht im Regen durch die Landauer Innenstadt. Die Aktion erregt insbesondere an der Kreuzung König-/Theaterstraße und bei den Marktbesuchern Aufmerksamkeit. Viele haben in der RHEINPFALZ davon gelesen. So auch Tobias Erhardt, der Professor an der Hochschule für Gesundheit in Gera ist. Er hat zwar noch einen Termin, kommt aber schnell vorbei geradelt und sagt: „Ich finde es toll, was ihr hier macht!“ Hätte er früher von der Aktion erfahren, hätte er alle seine Studenten mobilisiert, so Erhardt. Beim Werben für die Sache ist also noch Luft nach oben. Doch nicht jeder hat Verständnis. Die Ergotherapeutin Elisabeth Heußner, die von ihrer Hündin Lotta begleitet wird, erzählt, dass ihr eine ältere Frau gegen die Hand getreten sei, während sie den Schriftzug „Therapeuten am Limit“ auf den Boden geschrieben habe. Die Frau soll sich über die „Kinderschmiererei“ entrüstet gezeigt haben. Die meisten Passanten regieren allerdings positiv, wie der Kinderarzt Hellmut Ullmann. Er sagt zu zwei Kreideaktivistinnen: „Ich kenne die Aktion und unterstütze Sie. 30 Prozent mehr Gehalt, das wäre gut. Ich brauche Sie ja auch, als Therapeuten“ und wünscht „viel Erfolg!“ Heußner plant, Lotta zum Therapiehund ausbilden zu lassen. Die 1800 Euro – für viele Therapeuten ein ganzes Monatsgehalt – dafür, muss sie wahrscheinlich komplett aus eigener Tasche bezahlen. Ihre Kollegin Sandra Koch ist seit sechs Jahren Ergotherapeutin. Sie berichtet, dass die dreijährige Ausbildung nicht vergütet wird, sondern genau wie viele Fortbildungen selbst zu bezahlen ist. In Kliniken angestellte Therapeuten verdienten meist mehr als die freischaffenden Kollegen. Dafür „wird dort aber viel vorgegeben, man kann weniger entscheiden und behandelt meist Patienten mit den gleichen Beschwerden,“ sagt Koch. Nicht nur für die Therapeuten ist der Arbeitsalltag schwierig. Patienten müssten lange warten oder hätten grundsätzlich Schwierigkeiten, überhaupt ein Rezept für Behandlungen von ihrem Arzt zu bekommen. „Neulich rief eine Mutter an und sagte, Sie sind jetzt die siebte Praxis, bei der ich versuche, einen Platz für mein Kind zu bekommen“, berichtet Heußner. Lena Eck glaubt, durch die Kreideaktion sei richtig was ins Rollen gekommen. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Thomas Hitschler hat ihre Ergotherapiepraxis bereits besucht. Sie wünscht sich, dass Patienten Politiker und Ärzte mehr auf Probleme ansprechen. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) werde sich am 30. September mit Therapeuten und Verbänden treffen. „Die Aktion ist mittlerweile so groß, jetzt muss er reagieren,“ sagt die Ergotherapeutin.

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