Landau Schüler sitzen freiwillig in Naturwissenschaften nach

In Workshops konnten die Schülerinnen praktische Erfahrungen sammeln, beispielsweise beim Bau eines elektronischen Würfels.
In Workshops konnten die Schülerinnen praktische Erfahrungen sammeln, beispielsweise beim Bau eines elektronischen Würfels.

Wenn etwas explodiert, man löten und Server aufschrauben darf, ist MINT-Festival. Dazu hatte die Maria-Ward-Schule eingeladen. Vor dem Chillen bei Musik und Burgern gab es viele neue Erkenntnisse. Unter anderem die, wie begehrt man als Naturwissenschaftler ist.

Ein 17 Meter langer, zweistöckiger Sattelzug steht am Donnerstag in Landau in der abgesperrten Glacisstraße vor der Maria-Ward-Schule. Neben dem Anhänger schließt Jonathan Schwarz gerade sein Fahrrad ab. Obwohl er etwas früher aus dem Sportunterricht am Otto-Hahn-Gymnasium gehen durfte, ist er knapp dran. Auf dem Weg in die Aula bekommt er ein weißes Teilnehmerbändchen um das Handgelenk und einen kleinen Stapel Gutscheine in die Hand gedrückt. Das MINT-Festival startet. Die Abkürzung ist eine Sammelbezeichnung für die Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik.

Zur Eröffnung des ersten Festivals dieser Art in Landau tritt die aus dem Fernsehen bekannte Gruppe der Physikanten mit ihrer Wissenschaftsshow auf und zeigt spektakuläre Experimente. Das Ende der Show markiert ein ohrenbetäubender Knall: Die Wissenschaftler haben flüssigen Stickstoff in eine PET-Flasche gefüllt, verschlossen und in ein Fass mit Schaumstoffschnipseln gestellt. Weil sich der Stickstoff erwärmt und gasförmig wird, dehnt er sich aus und die Flasche explodiert.

Die Nachfrage ist riesig

Aufgerüttelt und motiviert durch diesen überraschenden Schlusspunkt, strömen die Jungen und Mädchen aus der Aula, durch die Gänge des Schulgebäudes und über den Hof in die Klassenräume, in denen die Workshops stattfinden. „Insgesamt haben sich 405 Schüler angemeldet“, berichtet Susanne Pleus von der Maria-Ward-Schule. Es war ihre Idee, ein MINT-Festival auszurichten. „Eigentlich hätte das Festival sogar schon früher stattfinden sollen, doch coronabedingt mussten wir es verschieben“, sagt die Lehrerin.

Nun verteilen sich Schüler aus allen Landauer Gymnasien in den Klassenräumen der Mädchenschule. Und das außerhalb der regulären Schulzeit, denn die Kurse beginnen erst um 16 Uhr. Über ein eigens eingerichtetes Portal konnten sie sich für Kurse anmelden. „Viele Workshops waren sehr schnell ausgebucht“, sagt Susanne Pleus. „Vor allem bei den Schülern in der Unterstufe war das Interesse riesig.“ Weil in den MINT-Berufsgruppen seit Jahren vermehrt die Fachkräfte fehlen, ist es kein Wunder, dass sich viele Firmen aus der Region sofort bereiterklärt haben, am Festival teilzunehmen und es auch finanziell zu unterstützen. Insgesamt wird die Veranstaltung wohl zwischen 13.000 und 15.000 Euro kosten, schätzt Susanne Pleus. Dafür sind es aber auch 26 Workshops geworden. Auch die Hornbach Baumarkt AG war dabei. Allerdings geht es bei ihnen nicht um Holz- oder Gartenarbeiten, denn die Bornheimer sind mit ihrer IT-Abteilung angerückt und bauen mit den Schülern ganze Server auseinander.

Spielerischer Ansatz statt Berufsmesse

Eine Art Berufsmesse sollte es aber auf keinen Fall werden – die Praxis soll im Vordergrund stehen. Während Jonathan Schwarz mit weißem Laborkittel und Schutzbrille zusammen mit Dozenten der RPTU, also der neuen Uni Kaiserslautern - Landau, das anorganische Pigment Berliner Blau herstellt, ist Ella Krause aus der 10. Klasse der Maria-Ward -Schule im Erdgeschoss mit einem Lötkolben in der Hand konzentriert über eine kleine Platine gebeugt. Der Fachbereich Maschinenbau der Karlsruher Fachhochschule lötet hier mit einer Gruppe von 17 Mädchen einen Schüttelwürfel zusammen. Dabei bringen sie Widerstände und Leuchtdioden auf einer Platine an. Wenn sie fertig sind, wird beim Schütteln ein Kugelschalter aktiviert, der nach kurzer Zeit eine zufällige Augenzahl aufleuchten lässt. „Es ist für uns wichtig geworden, raus zu gehen, in den Schulen präsent zu sein“, sagt Matthias Bürkle von der Hochschule Karlsruhe. Die Zeiten haben sich gewandelt. Mittlerweile müssen sich die Unternehmen bei den Schülern bewerben, nicht mehr umgekehrt.

Am deutlichsten wird dieser Umstand durch den zweistöckige Sattelzug auf dem Hof. Der gehört zum Verband der Metall- und Elektroindustrie. Im Inneren werden die unterschiedlichen Berufe und Ausbildungsmöglichkeiten der Branche vorgestellt. Außerdem können die Schüler selbst einen Roboterarm oder eine Metallfräse programmieren.

Party zum Abschluss

Gegen 18 Uhr strömen die Schüler und Dozenten auf den Hof der Mädchenschule. Dort ist für Stärkung gesorgt. Bei Pastramiburger, Flammkuchen, Bratwurst, Eis und über 50 Kuchen bleiben tatsächlich keine Wünsche offen. Jonathan Schwarz packt seinen kleinen Stapel Gutscheine aus und überlegt, wo er sich zuerst anstellt. Während die Schlangen vor den Verpflegungsständen immer länger werden, läutet die Band Flash’K’Swag auf der Bühne den Abschluss des Festivals ein. Ob es die Veranstaltung nächstes Jahr wieder an der Maria Ward Schule geben wird? Susanne Pleus ist da skeptisch. Ihr Wunsch ist es, dass die Veranstaltung zwischen den Landauer Schulen rotiert. Den Schülern dürfte das gefallen. Sie lassen den Tag bei Abendsonne und Rockmusik gemütlich ausklingen. Nur Jonathan muss noch einmal los. Er muss für eine Mathe-Klausur büffeln und hat seinen Block in der Sporthalle liegenlassen.

Erst dampft es, dann knallt es: Die Physikanten unterhalten mit Experimenten.
Erst dampft es, dann knallt es: Die Physikanten unterhalten mit Experimenten.
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