Landau Sündenböcke gesucht und als Hexen gequält

Das Gesicht ist zu einer Fratze verzerrt. Schmerz und Qual stehen der schemenhaften Figur ins Gesicht geschrieben. In vier erlebt dieser Mensch die „Hölle auf Erden“, bis er fast erlösend den Tod findet. Nicht etwa in Ausschwitz oder Birkenau – sondern im beschaulichen Nußdorf. Das Auftragswerk aus der Hand des Annweiler Künstlers Karl-Heinz Zwick, umrahmt von einer 2 mal 1,20 Meter mal 90 Zentimeter großen Skulptur, gedenkt den Nußdorfer Opfern der Hexenverfolgung.

Mindestens zehn Menschen – nach aktueller Quellenlage – wurden im heutigen Landauer Stadtteil in den 1580er Jahren verbrannt oder zumindest zum Tode verurteilt. Als Hexen respektive Hexer. Ihnen hat die Stadt Landau am Samstag an der Lindenbergstraße ein Denkmal gesetzt. Das erste seiner Art, wie Ortsvorsteher Rudi Eichhorn (CDU) vor knapp 50 interessierten Nußdorfern verkündete (wir berichteten bereits in der RHEINPFALZ am SONNTAG). Dabei ist die Hexenverfolgung ein Thema, das trotz seines Alters – in Europa fand der letzte Hexenprozess 1755 statt – immer noch Aktualität besitzt. „Die Rassenideologie der Nazis war doch auch nichts anderes“, erklärte der Leiter des Speyerer Landesarchivs, Walter Rummel, am Samstag. In Teilen Afrikas seien Hexenverbrennungen sogar im 21. Jahrhundert noch alltäglich. „Diese Menschen übernehmen die Rolle des Sündenbocks“, so Rummel weiter. Und an diesem Urprinzip habe sich „bis heute nichts geändert“. Es waren „Menschen, die völlig unschuldig wegen Glaubensverwirrungen verfolgt wurden“, erklärte Oberbürgermeister Hans-Dieter Schlimmer (SPD). Glaubensverwirrungen, die auch mit dem christlichen Glauben nicht im Einklang standen, wie Rummel betonte: „Anfangs bekämpfte die Kirche sogar den Hexenglauben“ – also den Glauben an die Existenz von magischen Personen. Dieser sei als Relikt der germanischen Religionen gesehen worden. Erst seit dem Spätmittelalter und der aufkommenden Ketzerbewegung habe sich dies geändert. „Hexen waren nach damaliger Definition Ketzer, die fliegen können.“ Das Wort „Hexe“ etwa sei erst seit dem 15. Jahrhundert verbürgt. Mit zunehmenden Ernteausfällen sei die Hexenjagd dann zur Suche nach Sündenböcken geworden. Gerade in Weinbaugebieten kam es vermehrt zu Hexenprozessen, allen voran in Franken und an der Mosel. In der Pfalz kämpften die Kurfürsten zwar offiziell gegen die Hexenverfolgung an, „aber häufig hielten sich die Beamten vor Ort nicht an die Vorgaben“. Deutschlandweit ist die Rede von rund 50.000 Opfern. Dabei hatten die Angeklagten „von Anfang an keine Chance“, so Experte Walter Rummel. Ein Ende der Prozesse kam erst mit der beginnenden Aufklärung im 18. Jahrhundert. Seitdem kennt die deutsche Sprache das Wort „Justizmord“. Für Künstler Zwick soll die Skulptur vor allem ein Ort der Erinnerung sein an dieses „dunkle Kapitel der Dorfgeschichte“. (seak)

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