Landau Nonas Welt

High Noon auf dem Landauer Wochenmarkt. Am vergangenen Samstag gibt es zur Mittagszeit Geschrei. Was dem vorbeihastenden Passanten wie ein lautstarker pfälzischer „Hännel“ vorkommt, ist in Wahrheit ein „dienstliches Gespräch“ zwischen einer Standbetreiberin und einer Abordnung aus dem Rathaus. In dem Disput eskaliert eine jahrelang schwelende Auseinandersetzung. Jetzt haben sich Emotionen ihre Bahn gebrochen. Die Fronten sind verhärtet. Der Ortstermin am Stand gegenüber des Eiscafés Firenze mündet in ein Gezeter um Auflagen und enttäuschte Hoffnungen. Unversöhnlich stehen sich beide Seiten gegenüber. Hier Nona Stern, die 44-jährige Wirtin der Marktbar, dort Touristikbüroleiter Franz Müller, verantwortlich für den reibungslosen Marktbetrieb. Auch Tage später will sich die Gastronomin nicht beruhigen. „Die Stadt hat mich reingelegt“, sagt sie zur RHEINPFALZ. „Ich hab’ es immer gut mit ihr gemeint“, sagt dagegen Müller. Die Fakten: Stern schenkt seit April 2011 auf dem Wochenmarkt Wein und Sekt aus. Auf ausdrücklichen Wunsch Müllers, wie sie beteuert. Auf seinen guten Rat hin, wie der Tourismusboss korrigiert. Sechs Stehtische bringt sie auf dem Sechs-Meter-Streifen unter. Oder besser: Dieser Raum steht ihr zur Verfügung. Das ist einer der Streitpunkte. Marktaufseher Bernd Schmidt und Marktmeisterin Sonja Brunner-Hagedorn monieren ständig, der Stand überschreite die Sechs-Meter-Grenze. „Schikane“ ist das für die Wirtin, die alle nur „die Nona“ nennen. Die Probleme: Sie lassen sich nicht kleinreden. Auch die freundliche Elsässerin, die nebenan Ziegenkäse verkaufte, hob irgendwann mahnend den Finger. Die Gäste würden rauchen, die Taschen auf die Theke stellen und sich nicht gut benehmen, außerdem trotz Verbots ihre Vierbeiner mitnehmen, gibt Stern die Klagen wieder. Das sei kein gutes Publikum, das den Hintern in den Käsestand hänge, erinnert sich Müller an seinen Kommentar dazu. Stern unterstellt ihm aber andere, derbere Worte. Als „Gesindel“ habe er ihre Gäste bezeichnet, was Müller entschieden zurückweist. Der Käsestand ist jetzt woanders. Die „Gesindel-Schmähung“ blieb im Raum. Am Samstag soll das böse Wort schon wieder gefallen sein, berichtet Mario Stoltz der RHEINPFALZ. Stoltz, der Stern persönlich kennt, war Zeuge der Dienstbesprechung, bezichtigt Müller, die Wirtin „lautstark verbal niedergeknüppelt“ und „cholerisch“ herumgeschrien zu haben. Gar zu Handgreiflichkeiten zwischen den Männern soll es gekommen sein. Rudi Klemm (FWG), für seine Besonnenheit bekannter Beigeordneter und Teil der städtischen Delegation, glaubt, der theaterreife Auftritt – inklusive des Tränenausbruchs der Wirtin – sei möglicherweise inszeniert gewesen. Franz Müller hat der Frau jahrelang den Rücken gestärkt. Aber damit ist es jetzt vorbei. „Der Wochenmarkt funktioniert wie ein Fußballspiel. Es gibt Regeln. Wer sie verletzt, sieht die Gelbe Karte“, sagt er. 49 andere Beschicker hören auf Müllers Pfeife, da kann Stern nicht ihr Spiel machen. „In ihrer eigenen Welt träumt die Nona von einem Weinstand mitten auf dem Wochenmarkt.“ In Müllers Welt allerdings gibt es ringsum neun Wirtschaften, die auch leben wollen. Zum Leben zu wenig erwirtschaftet Nona Stern. „Jeden Monat mit 400 Euro heimgehen, das reicht nicht.“ Um als Gastronomin satt zu werden, bräuchte sie 20 Tische. Auf dieser Kalkulation habe auch das Darlehen für die Existenzgründerin gefußt. Standgebühr, Werbekosten und Winterdienst kosten sie 1500 Euro im Jahr. Das konnte sie nicht immer zur rechten Zeit bezahlen, weshalb ihr die Stadt zwei Abmahnungen schickte. Inzwischen sei die Schuld beglichen. Doch ihre Zukunft als Marktfrau sieht düster aus. Die temperamentvolle Gastronomin, die ihre Karten offenbar überreizt hat, fühlt, dass sie aufgeben muss.

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