Landau Landauer Arzt mahnt Solidarität an

Landau. Der Landauer Hausarzt Sherif Darwish hat erneut ein Video ins Netz gestellt. Dieses Mal erklärt der Mediziner, der in der Rheinstraße eine Praxis betreibt, warum das Virus bei Menschen Panik verursacht. Nach seiner ersten „Sendung“ war er kritisiert worden.

Darwish nennt drei Gründe für die Panik vieler Menschen: Erstens, die Wirtschaft ist von der Pandemie betroffen, weshalb sich Leute vor Lieferengpässen fürchten. Zweitens, Sars-CoV-2 ist ein neuartiges Coronavirus, das selbst Wissenschaftlern noch Rätsel aufgibt. Und das verursache Angst. Drittens, das Virus verbreite sich schnell, weil es im Rachen sitzt und durch Tröpfcheninfektion leicht übertragen wird. „Die Infektionsgefahr ist sehr hoch. Das hat mit der Stärke des Virus nichts zu tun. Und fangen sie bitte nicht die Diskussion an: Was ist stärker, dieses Virus oder die Influenza“, mahnt Darwish.

In seinem ersten Video hatte er das Coronavirus als schwach bezeichnet und es dem vermeintlich stärkeren Grippeerreger gegenübergestellt. Dafür war er von anderen Ärzten kritisiert worden. Auch seine Aussage, nur hohes Fieber (und Husten) sei Merkmal der Covid-19-Erkrankung, war umstritten.

„Keine verlässlichen Zahlen“

Beide Punkte werden im neuen Video nicht mehr aufgegriffen. Darwish bemerkt lediglich, dass das Virus ein Erkältungsvirus, wenn auch ein penetrantes mit hässlichem Charakter, sei. Und dass Wissenschaftler bis heute keine verlässlichen Zahlen hätten, um einen Vergleich zwischen Covid-19 und Influenza anzustellen. Er merkt jedoch an, dass die Influenza in der Saison 2017/2018 in Deutschland 25.000 Menschenleben gekostet hätten.

Diese Angabe findet sich auch beim Berliner Robert-Koch-Institut. Die Zahl ist geschätzt. Allerdings sei die Situation heute eine andere, wie RKI-Präsident Lothar Wieler bei einer Pressekonferenz am 20. März betonte. Man habe es mit einem Virus zu tun, das sich leichter und schneller als das Grippevirus übertrage. Der Anteil beatmungspflichtiger Menschen sei bei Covid-19 höher. Ebenso die Zahl derer, die daran sterben. Zudem spielten nicht nur Kinder, sondern alle infizierten Altersgruppen bei der Übertragung des neuartigen Virus eine große Rolle. Und schließlich unterschieden sich die Krankheiten darin, dass es gegen Grippe Impfstoff und Medikamente gebe, gegen Covid-19 nicht.

In seinem Video geht Darwish zudem auf die veränderte Situation in Deutschland und die Gefahr der Pandemie ein. Er lobt die von der Regierung getroffenen Entscheidungen und appelliert an die Bürger, weniger panisch und mehr solidarisch zu sein. Weiterhin fordert er auf, das Hamstern zu unterlassen.

Kommentar

Vergleich verbietet sich

Sherif Darwish tut gut, wenn er zur Besonnenheit aufruft. Klar, die Corona-Krise verunsichert, aber Panik und Hamsterkäufe gehen zu weit. Dass Darwish diese wichtige Botschaft per Internet-Video teilt, ist clever — er erreicht viele Zuhörer. Doch Vorsicht: Keine Angst zu haben ist genauso ungesund wie Panik. Wenn Darwish das Coronavirus als penetrantes Erkältungsvirus bezeichnet und im selben Video auf 25.000 Grippetode in der Saison 2017/18 verweist, entsteht der Eindruck, dass Corona das schwächere Virus von beiden ist. Zwar kommen die meisten Menschen, die sich mit dem Virus infiziert haben, mit leichten Symptomen davon. Trotzdem ist die aktuelle Lage verheerend: Zu viele Menschen erkranken gleichzeitig schwer an Covid-19. Zu viele Menschen brauchen gleichzeitig eine Intensivbetreuung. Das alles bringt das Gesundheitssystem an seine Grenzen. Die Zahl der Todesopfer könnte sich in Deutschland noch dramatisch erhöhen. Immerhin steht das Land erst am Anfang der Pandemie. Es ist deshalb falsch, die geschätzte Zahl von Verstorbenen einer schweren und Monate dauernden Grippewelle schon jetzt als Vergleich heranzuziehen.