Landau In Junggesellengruppe reifen

Erinnern Sie sich an Liza? Das Goldene Löwenkopfäffchen war unser Orakel bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien, weil es brasilianische Wurzeln hat. Liza aus dem Landauer Zoo ist ein Star. Sie gilt als Flaggschiff der Zuchtarbeit in der Zoogemeinschaft. Gäbe es diese Programme nicht, wären viele Tierarten längst ausgestorben.

Auch die beiden sibirischen Tiger im Landauer Zoo, Jgor und Ninoschka, sind Botschafter ihrer bedrohten Verwandtschaft in freier Wildbahn. Zur Zucht taugt das Geschwisterpaar allerdings nicht, wie Zoodirektor Jens-Ove Heckel im Gespräch mit der RHEINPFALZ erläutert, weil die Familienlinie der beiden im Zuchtprogramm überrepräsentiert ist. Dem Weibchen wurde ein Hormonring implantiert, damit es nicht ungewollt schwanger wird. Der Bestand dieser Art ist laut Heckel in den Zoos größer als in der freien Wildbahn. Auch Züchtungen zum Erhalt der Art bei Großkatzen, Menschenaffen oder Elefanten zum Beispiel, bei denen die Haltung wegen komplexer Familienstrukturen sehr aufwendig sei, habe positive Ergebnisse. Erlerntes Wissen, wie in der Wildbahn zu überleben ist, werde über Generationen weitergegeben. Der Landauer Zoo beteiligt sich an Europäischen Erhaltungszucht-Programmen, europäischen und internationalen Zuchtbüchern. So wird in Landau das Zuchtbuch für den stark von Ausrottung bedrohten philippinischen Prinz-Alfred-Hirsch geführt. In weiteren 22 europäischen Zoos lebten im Jahr 2012 119 Artgenossen von ihnen. Von Landau aus wird die Nachzucht der Hirsche organisiert. Die Zoologin Christina Schubert entscheidet, welche Tiere zur Verpaarung geeignet sind. „Ziel des Zuchtbuchs ist, eine große und diverse Population zu erhalten, damit über 100 Jahre 90 Prozent der genetischen Basis erhalten bleibt“, erklärt Heckel. Dazu brauche es 400 bis 500 Individuen. Jeder Zoo steht bei Tierschützern in der Kritik. Natürlich sei es der bessere Weg, dafür zu sorgen, dass diese Tiere erst gar nicht ausgerottet werden, bekennt Heckel. Aber: „Wir Menschen sind schuld, dass sie verschwinden. Deshalb müssen wir alles tun, um die Arten zu erhalten. Zoo ist eine Option dafür.“ Heckel bezeichnet sich und seine Kollegen als Tierschützer mit Wildtierhaltererfahrung. Unter begrenzten Bedingungen müssten Zoos die Anforderungen an die Wildbahn erfüllen und artgemäße Lebensweisen gewährleisten. Deshalb achten die Tierpfleger zum Beispiel darauf, dass Gnus und Großkatzen ihre Krallen wetzen. Es gibt einige bedrohte Arten, die haben auch in den Zoos keinen leichten Stand, weil sie einen „geringen Schauwert“ haben. Heckel verweist auf Charles, den Weißscheitelmangaben. Er gehöre nicht zu den attraktiven Affen. Der Wildfang aus Ghana, der bei der Berichterstattung über Liza auch schon eine Rolle spielte, ist für die Züchter deshalb so wertvoll, weil seine Gene unverbraucht sind, Frischfleisch sozusagen. Der Zweijährige hat bereits zweimal für Nachwuchs gesorgt, das war 2013 eine kleine Sensation. Laut Heckel wächst die Population langsam. Zurzeit lebten 65 Weißscheitelmangaben in Europa. Ganz bewusst mache der Zoo die Bedrohung der Tiere zum Thema, unterstreicht Heckel. Beispiel: die Sudan-Geparden. 2004 schwenkte der Zoo von der Nord-West-Afrika- auf die Nord-Ost-Afrika-Linie um, weil diese stärker bedroht ist als die andere. In Landau lebte zunächst ein Männchen. Heckel berichtet, wie mühsam die Suche nach der geeigneten Katze war. Geparden seien sehr wählerisch. Erst 2012, bei der dritten Dame, klappte das Liebesspiel und es stellte sich Nachwuchs ein. Weiteres Beispiel im Zuchtportfolio sind die afrikanischen Hartmann-Bergzebras. Die drei Tiere hält der Zoo als Junggesellengruppe. „Sie dienen als Puffer der vorübergehend überzähligen Tiere“, erklärt der Zoodirektor. Und sie haben die Chance, eines Tages als erfolgreiche Zuchthengste von sich reden zu machen. Drei bis vier Jahre lernen sie im Sozialverband, sich zu behaupten, und reifen außerdem körperlich. Heckel berichtet von Verpaarungen, bei denen Hengste zu jung eingesetzt wurden und von den Stuten so eingeschüchtert wurden, dass sie nicht mehr das Zeug zum ordentlichen Zuchthengst hatten. Die Landauer haben inzwischen Erfahrung und in ihrer Junggesellengruppe bereits vier Tiere großgezogen, die später zu Helden in Zuchtprogrammen wurden. Regelmäßig wird der Lob- und Tadel-Kasten am Eingang des Zoos geleert. Zwei Drittel der Zettel zeugten von der positive Haltung der Besucher, so der Direktor. Zettel mit Tierquälerei-Vorwürfen „nehmen wir als Rückmeldung ernst, uns aber nicht jeden zu Herzen“. (sas)

Ihre News direkt zur Hand
Greifen Sie auf all unsere Artikel direkt über unsere neue App zu.
Via WhatsApp aktuell bleiben
x